Regulatorische Auswirkungen noch nicht bezifferbar

Zahlreiche Reformvorhaben auf dem Weg - Strategische Anpassung der Refinanzierungsinstrumente ist Teil eines erfolgreichen Geschäftsmodells

Regulatorische Auswirkungen noch nicht bezifferbar

Solide und zukunftsfähige Geschäftsmodelle von Immobilienbanken beruhen nicht nur auf der Fähigkeit, ertragreiche und hochwertige Kredite zu akquirieren und zu managen. Unabdingbar ist die Verfügbarkeit und Stabilität einer angemessenen Refinanzierung. Dafür ist die Diversifizierung der Refinanzierungsquellen ebenso wichtig wie eine breite Produktpalette, umfassendes Kapitalmarktverständnis und eine klare Strategie. Enge Vorgaben im AnmarschAls Folge der Finanzkrise sieht sich die Bankenbranche mit zahlreichen Reformvorhaben konfrontiert. Bis heute ist unklar, welche Auswirkungen die Verschärfung der Regulierung in ihrer Kumulation auf die Steuerung und somit die Geschäftsmodelle von Banken haben wird. Neben den erhöhten Anforderungen an Quantität und Qualität des Eigenkapitals wird es zukünftig enge Vorgaben hinsichtlich der Liquiditätsausstattung und Refinanzierungsstruktur geben. So müssen Banken künftig insbesondere zwei Kennziffern erfüllen. Zum einen die LCR (Liquidity Coverage Ratio), die vorsieht, dass Banken unter der Annahme eines Stressszenarios für die nächsten 30 Tage mehr hochliquide Aktiva wie Bargeld, Notenbank-Guthaben, Staatsanleihen und Pfandbriefe vorhalten, als sie kurzfristige Zahlungsverpflichtungen haben – auch wenn die Anforderungen Anfang diesen Jahres durch den Entschluss des Exekutiv-Ausschusses des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht gelockert wurden. Zum anderen die NSFR (Net Stable Funding Ratio), die eine dauerhafte Zahlungsfähigkeit sicherstellen soll: Mit Blick auf ein Jahr müssen die stabilen Refinanzierungsquellen der Banken höher sein als ihre langfristigen Forderungen. Ob und in wieweit auch hier eine Lockerung durch die relevanten Gremien erfolgt, ist noch unklar. Festzustellen ist, dass die nach aktuellem Stand zur Berechnung von LCR und NSFR verwendete Definition von hochliquiden Aktiva nicht mit der von der Europäischen Zentralbank (EZB) verwendeten Definition übereinstimmt, nach der diese Banken jederzeit Liquidität zur Verfügung stellt, womit zusätzlicher Steuerungsaufwand entsteht. Starker EinflussDie wesentlichen Refinanzierungsquellen (Einlagen privater und institutioneller Gläubiger, Schuldscheine im Privatplatzierungsgeschäft, unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen, besicherte Wertpapiere, insbesondere Pfandbriefe, der Interbankenmarkt und Tendergeschäfte mit der EZB) werden durch diese Kennziffern verschieden stark beeinflusst. Je nach Geschäftsmodell verfügt eine Bank entweder über alle oder nur über einige dieser Refinanzierungsquellen. Aufgrund der unterschiedlichen Auswirkungen der verschiedenen Refinanzierungsarten auf die oben genannten Kennziffern ist gegebenenfalls die Diversifikation innerhalb sowie die Erweiterung der bestehenden Refinanzierungsinstrumente aktuell eine der wichtigsten Anpassungsstrategien der einzelnen Banken. Einlagen privater und institutioneller Gläubiger sind typischerweise Tagesgelder, Termingelder und Spareinlagen. Bei dieser kurzfristigen Refinanzierung ermitteln Banken Prolongationsquoten, da Kundeneinlagen erfahrungsgemäß nach der vertraglichen Fälligkeit teilweise verlängert werden. Der so ermittelte Bodensatz der Einlagen wird für die Refinanzierung des langfristigen Kreditgeschäfts herangezogen. Der den Bodensatz übersteigende und schwankende Teil der Kundeneinlagen kann dagegen nur in liquide Anlageformen investiert werden. Zur Berechnung der NSFR sollen Kundeneinlagen zukünftig je nach Kundengruppe bewertet werden. Einlagen von privaten Gläubigern und kleineren Unternehmen würden mit einem Anteil von bis zu 90 % bzw. 80 % als Bodensatz berücksichtigt, je nach Intensität der Geschäftsbeziehung. Einlagen von größeren Unternehmen sollen nur noch bis zu 50 % angerechnet werden. Kommen die Einlagen von einer Versicherung oder Bank, so könnte man diese gar nicht mehr zur Refinanzierung des langfristigen Kreditgeschäftes verwenden.Durch die unterschiedlichen Anrechnungsfaktoren haben die verschiedenen Einlagen eine unterschiedliche Wertigkeit im Sinne der Refinanzierung. So haben Banken beispielsweise einen hohen Anreiz, Einlagen privater Gläubiger zu gewinnen. Da das verfügbare Einlagenvolumen in einer Volkswirtschaft sich insgesamt nicht einfach erhöhen lässt, steigt der Wettbewerb unter den Banken in diesem Geschäft und wird zu höheren Verzinsungen der Einlagen und damit am Ende auch zu höheren Kreditzinsen führen.Schuldscheine als eine weitere wichtige Refinanzierungsquelle werden hauptsächlich im Privatplatzierungsgeschäft an andere Zielgruppen, wie Versicherungen und Versorgungseinrichtungen, verkauft. Sie unterscheiden sich von Einlagen vor allem durch die langen vertraglichen Laufzeiten. Bodensatzannahmen dürfen für Schuldscheine dagegen nicht getroffen werden, sodass sie für die Berechnung der NSFR im letzten Laufzeitjahr nicht mehr als langfristige Refinanzierung anerkannt werden. Die dadurch entstehende Überschussliquidität muss dann in nach regulatorischen Gesichtspunkten liquide Aktiva investiert werden.Unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen werden üblicherweise am Kapitalmarkt platziert. Die Bank erzielt so mit einer einzigen Emission ein größeres Refinanzierungsvolumen und erreicht neben privaten auch institutionelle Investoren, wie beispielsweise Rentenfonds oder andere Banken. Die regulatorische Liquiditätsbetrachtung gilt analog der für Schuldscheine. Daneben gibt es zusätzlich verschiedene Initiativen auf europäischer Ebene, die verschiedenen Gläubigergruppen schon bei der Anbahnung eines Krisenfalls in unterschiedlichem Ausmaß an einer Restrukturierung zu beteiligen. Dies führt bei Investoren zu erheblicher Verunsicherung, denn nach heutigem Stand sind weder die genauen Ausprägungen klar noch ab welchem Zeitpunkt welche Gläubigergruppen wie betroffen sind. Sichere KalkulationsbasisPfandbriefe sind nach aktueller Einschätzung von den zukünftigen regulatorischen Vorgaben weniger betroffen. Es werden zwar – analog zu Schuldverschreibungen und Schuldscheinen – keine Bodensätze für Prolongationen angenommen, aber die Laufzeiten sind üblicherweise länger, sodass dieser Aspekt weniger ins Gewicht fällt. Außerdem sind sie bei Investoren aufgrund ihrer Besicherung sowie bei Banken aufgrund ihrer Anrechenbarkeit zum Liquiditätsvorrat beliebt. Und auch nach Solvency II sind die Anforderungen an das vorzuhaltende Eigenkapital für Versicherungen geringer als bei anderen Anlagen. In Kombination mit der hohen Qualität der Pfandbriefdeckungsmasse werden Pfandbriefe für Investoren weiterhin eine attraktive Anlage darstellen. Sie bieten dem Emittenten eine günstige und sichere Kalkulationsbasis über einen langen Zeitraum und sind im aktuellen Umfeld eine der zuverlässigsten Refinanzierungsquellen.Der Interbankengeldmarkt spielt für die Refinanzierung zurzeit keine Rolle. Die Regulierung ist bewusst so gestaltet worden, dass Banken sich untereinander kein Geld mehr leihen, damit im Fall der Insolvenz einer Bank möglichst wenige andere Banken davon betroffen werden und keine Dominoeffekte entstehen. Hohe Einlagenbestände bei der EZB, die jetzt als Intermediär zwischen den Banken fungiert, sind eine Konsequenz dieser Regulierung. Vorhaben sehr volatilFestzuhalten bleibt, dass die Auswirkungen auf die verschiedenen Refinanzierungsquellen sehr unterschiedlich sind und die Regulierungsvorhaben nach wie vor eine hohe Volatilität aufweisen. Die kumulativen Lasten, die für die Finanzbranche und damit gegebenenfalls auch für die Volkswirtschaft entstehen, kann man heute in ihrer Gesamtheit noch nicht beziffern. Klar ist aber, dass eine Bank diversifizierte Refinanzierungsquellen benötigt, um für die Wirtschaft eine stabile Kreditvergabe zu gewährleisten. Dies schützt sie gleichzeitig vor ökonomischen, aber auch vor den aktuellen regulatorischen Unsicherheiten.Regulatorische Rahmenbedingungen sollten dabei als Leitplanken verstanden werden, verlässlich sein und immer den notwendigen Freiraum für unternehmerische Entscheidungen bieten. Ökonomisch sinnvolle Geschäftsmodelle können sich in einem zu engen regulatorischen und vor allem unkalkulierbaren Korsett nur sehr schwer entfalten. Bei allem Bemühen, den Finanzsektor noch stabiler aufzustellen, muss die Fähigkeit des Bankensektors als maßgeblicher Finanzierer einer Volkswirtschaft erhalten bleiben.