DIE SPITZENINSTITUTE DER GENOSSEN FUSIONIEREN

Regulierung hilft Genossen bei der Entscheidung für die Fusion

Angesichts ihrer hohen Ertragskraft müssen DZ Bank und WGZ Bank mit Widerstand der Arbeitnehmer gegen Stellenabbau rechnen

Regulierung hilft Genossen bei der Entscheidung für die Fusion

Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie beiden genossenschaftlichen Zentralbanken müssen sich auf den Widerstand der Arbeitnehmervertretungen gefasst machen, wenn es im Zuge ihres Zusammenschlusses um die Frage des Stellenabbaus geht. So heikel ist diese Frage, dass die beiden Vorstandsvorsitzenden von DZ Bank und WGZ Bank, Wolfgang Kirsch und Hans-Bernd Wolberg, am Donnerstag recht viel Mühe darauf verwandten, sich zu anstehenden Einschnitten nicht konkret zu äußern. Es werde einen “moderaten” Stellenabbau geben, ließ sich Kirsch bloß entlocken. Wolberg betonte wiederum, man brauche “jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter”, damit die Integration zügig über die Bühne gehen könne. Und danach? “Dass wir natürlich zu einem späteren Zeitpunkt zu einem kontrollierten Personalabbau kommen werden, ist selbstverständlich. Sonst könnten wir die Kostensynergien nicht erzielen.” 140 Mill. Euro in ReichweiteJährlich mindestens 100 Mill. Euro an Ertrags- und Kostensynergien wollen die Fusionsparteien erzielen, indem sie eine breitere Kundenbasis bearbeiten, das Potenzial für Quervertrieb stärker nutzen, aber auch indem sie Strukturen und Abläufe bündeln bzw. doppelte Investitionen künftig vermeiden. Auch 140 Mill. Euro seien nicht “außer Reichweite”, sagte Kirsch.Das Problem: Mit betriebsbedingten Notwendigkeiten werden die Institute beim Personalabbau kaum argumentieren können: DZ Bank und WGZ Bank gehörten im vergangenen Jahr mit einer Nettoeigenkapitalrendite von rund 10 % laut Bain mit den Direktbanken zu den profitabelsten Kreditinstituten Deutschlands. “Konstruktive Begleitung”Die Arbeitnehmervertretung wünsche stets einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, erklärte Kirsch, um an diese Adresse gerichtet zugleich hinzuzufügen: “Er bedingt dann aber eine konstruktive Begleitung unserer Bemühungen auch durch den Betriebsrat.” In die Hände spielt den Managern dabei die Demografie. Die Altersstruktur lasse genügend Raum für Reduktion, erklärte Wolberg: “Wir haben keine ganz jungen Mannschaften.”Kirsch zufolge geht es bei dem Zusammenschluss allerdings nicht nur um betriebswirtschaftliche, sondern auch um aufsichtsrechtliche Synergien. Tatsächlich dürfte die Regulierung den Genossen geholfen haben beim Nachdenken darüber, ob sie nach fünf gescheiterten Versuchen einer Fusion einen sechsten wagen sollten. Denn ihr Zusammenschluss macht aus Minderheitsbeteiligungen der WGZ Bank an Verbundunternehmen künftig Mehrheitsbeteiligungen der vereinigten Zentralbank, wie WGZ Bank-Chef Wolberg ausführte. Damit werden entsprechende Abzugsposten vom Eigenkapital entfallen und die Kapitalquote wird entsprechend gestärkt. Da zudem höhere Beteiligungsquoten die anrechenbare Kapitalbasis stärken, erhoffen sich die Banken im Ergebnis einen positiven regulatorischen Kapitaleffekt in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags. WGZ Bank-Chef Wolberg rechnet sogar mit einem “deutlich höheren” Betrag, der indes sukzessive bis 2019 in die Bücher hineinlaufen sollte. Ein weiterer Pluspunkt: Im Zuge der Fusion können beide Banken ihre Handelsbestände konsolidieren in einer Zeit, in der sich die ohnehin relativ strammen Kapitalunterlegungspflichten weiter verschärfen.Die Verschmelzung bietet auch die Chance, die jeweiligen Aktivitäten im bilanzintensiven Hypothekengeschäft neu zu ordnen bzw. zu kappen. Wie Kirsch erklärte, haben beide Parteien in ihrem Memorandum of Understanding zwar vereinbart, dass die in Münster ansässige WGZ Bank-Tochter WL Bank im Geschäftsmodell der künftigen DZ Bank “eine prominente Rolle” spielen soll. Er machte aber zugleich klar, dass man sich zusammensetzen werde, um letztlich “eine starke Immobilienbank mit einem fokussierten Geschäftsmodell” zu kreieren. Neben der WL Bank bieten in der genossenschaftlichen Finanzgruppe auch die DG Hyp sowie die Bausparkasse Schwäbisch Hall Baufinanzierungen an.Auch das Baufinanzierungsgeschäft dürfte dazu beigetragen haben, dass DZ Bank und WGZ Bank in Sachen Leverage Ratio nicht ganz so gut dastehen wie mit ihren risikogewichteten Eigenkapitalquoten. Die WGZ Bank etwa kam Ende Juni auf eine ungewichtete Eigenkapitalquote von gerade einmal 3,4 % und lag damit noch schlechter im Markt als die Deutsche Bank, die auch um der Bilanzkürzung willen ihre Tochter Deutsche Postbank veräußern will. Die Regulierung sieht derzeit eine Leverage Ratio von mindestens 3 % vor, den Erwartungen zufolge dürfte sie aber noch höher festgesetzt werden. An einen Anstieg auf 5 % oder gar 6 % glaube er nicht, erklärte Kirsch. Zudem sehe man gute Chancen, dass durchgeleitete Förderkredite von der Berechnung der Quote ausgenommen würden. Dies allein würde die Leverage Ratio der Institute um 30 bis 40 Basispunkte erhöhen. Er rechne damit, “dass man sich auf 3,5 % verständigen wird, und damit kommen wir zurecht”.Was die harte, risikogewichtete Eigenkapitalquote anbelangt, verfügen DZ Bank und WGZ Bank mit Werten von 12,6 % und 13,1 % per Ende Juni ohnehin über Kapitalpolster, die Kirsch zufolge noch ein gutes Stück über den individuellen Vorgaben der EZB liegen. Transparenz dank HoldingIn jedem Fall wollen beide Zentralbanken ihre Fusion zur Etablierung einer Holding-Struktur nutzen, auch um damit den Anforderungen von Aufsicht und Regulierung besser gerecht zu werden. Diese Holding soll nur wenige, verbundnahe Aufgaben wahrnehmen und dabei “größtmögliche Transparenz in der Ergebnisstruktur und hohe Effektivität in der Steuerung der Geschäftsaktivitäten” ermöglichen, wie es hieß. Konzentration aufs GeschäftDas Gebilde, welches die Strategie- und Steuerungsfunktion übernehmen wird, soll den Vorständen der Zentralbank eine stärkere Konzentration aufs operative Geschäft ermöglichen, wie Kirsch ausführte. Derzeit erwarteten die Regulierer etwa von jedem einzelnen DZ Bank-Vorstandsmitglied eine umfassende Wahrnehmung ihrer Verantwortung auch für jedes einzelne Verbundunternehmen. Diesen soll die DZ Bank künftig unter dem Dach der Holding nebengeordnet sein. Die Holding werde auch dem im Baseler Standard 239 niedergelegten Wunsch der Regulatoren gerecht, dass Institute ihre Risikodaten künftig konzernweit einheitlich erfassen und schnellen Zugriff auf die Informationen ermöglichen, wie Kirsch argumentierte. In dieser Lage ist die Holding “der sinnvollste Weg, um diese Gruppe dauerhaft erfolgreich zu führen”, erklärte der DZ Bank-Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Gottschalk.Über die Besetzung der Führung dieser Holding, die bis 2018 etabliert sein soll und in welcher neben deren Chief Executive Officer und Chief Financial Officer auch der Chief Risk Officer sowie der Chief Information Officer tätig sein sollen, ist noch nicht entschieden. Steuerliche Vorteile der Holding-Struktur habe man nicht festgestellt, indes auch keine Nachteile, erklärte Wolberg.