Regulierung könnte zu erweiterten Bankratings führen

Methodisch neuer Ansatzpunkt für Untergrenze der Pfandbriefratings - Einführung eines Liquiditätsmechanismus ist ein wichtiger Punkt auf europäischer Ebene

Regulierung könnte zu erweiterten Bankratings führen

Bankenbonität und Pfandbriefratings sind eng miteinander verknüpft. Zahlt die Bank den Pfandbrief zurück, muss nicht auf den Deckungsstock zurückgegriffen werden. Deswegen stellen Emittentenratings die Ratinguntergrenze für Pfandbriefratings dar. Neuerungen in der Bankenregulierung können sich daher auch auf Pfandbriefratings auswirken.Die Bankenregulierungsvorhaben der letzten Jahre, ob noch vor der Einführung stehend oder bereits umgesetzt, haben vor allem eines gemeinsam: Sie sollen Banken widerstandsfähiger machen und damit eine Haftung des Staates – des Steuerzahlers – möglichst verhindern. Genau in dieser Zielsetzung zeigt sich aber auch die zweigeteilte Wirkung der Bankenregulierung. Einerseits werden die Kapitalbasis gestärkt, Anreize zur Verringerung risikobehafteter Aktiva geschaffen und Banken entsprechend krisenresistenter. Andererseits wird eine Bankenrettung durch Staatshilfe weniger wahrscheinlich. Diese staatliche Unterstützung wurde von Fitch bisher in das Emittentenrating einbezogen und hat gerade für deutsche Banken oft die Ratinghöhe vorbestimmt. Weniger Unterstützung bedeutet aber auch eine gestiegene Ausfallwahrscheinlichkeit für Banken und damit Druck auf Emittentenratings.Formal findet man diesen Zusammenhang in der europäischen Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD. Diese wurde in Deutschland mit dem Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (SAG) bereits umgesetzt. Sie soll gewährleisten, dass künftig eben nicht mehr der Staat, sondern Anteilseigner und Gläubiger die Kosten eines Bankenausfalls zu tragen haben. Wichtigstes Instrument ist hier die private Gläubigerbeteiligung, das sogenannte Bail-in.Mitte Mai dieses Jahres hat Fitch die reduzierte Wahrscheinlichkeit staatlicher Unterstützung in seinen Bankenratings abgebildet. Dies führte auch zu Herabstufungen von Ratings deutscher Banken, in Einzelfällen um bis zu vier Feinabstufungen (“Notches”). Die Bankratings beruhen nun auf der eigenständigen Stärke des Emittenten beziehungsweise auf der Unterstützungswahrscheinlichkeit nicht staatlicher Verbund- oder Gruppenstrukturen.BRRD und SAG sehen für Covered Bonds eine Ausnahme von der privaten Gläubigerbeteiligung vor. Fitch hat bereits mit Verabschiedung der Richtlinie 2014 alle seine Ratings dahingehend überprüft, ob und in welchem Umfang durch die geänderten Vorschriften eine Reduzierung der Ausfallwahrscheinlichkeit von Covered Bonds eintritt. Diese beruht auf der Annahme, dass im Fall einer Restrukturierung der Pfandbrief fristgerecht und vollständig von der “Rest”-Bank zurückgezahlt wird. Ungedeckte Bankschuldverschreibungen sind dann bereits durch Bail-in ausgefallen. Aufgrund der hohen Bedeutung des Pfandbriefs als Refinanzierungsinstrument deutscher Banken ist eine Liquidierung von Pfandbriefemittenten aus unserer Sicht weniger wahrscheinlich als für Nichtpfandbriefbanken. Zusätzlich können institutsindividuelle Charakteristika wie Komplexität, Größe und Bedeutung der emittierenden Bank und die Höhe des Bail-in-fähigen Kapitals die Liquidationswahrscheinlichkeit weiter reduzieren. Fitchs neue Ratinguntergrenze für deutsche Pfandbriefe profitiert von einer Erhöhung von zwei Notches gegenüber dem Emittentenrating. Deshalb gab es trotz der Herabstufungen deutscher Banken im Mai 2015 keine Auswirkungen auf Pfandbriefratings. In allen Fällen haben der bisherige Ratingpuffer und die neue Ratinguntergrenze eine Beibehaltung der Bonitätsnote ermöglicht. HaftungsdifferenzierungDie Regulierungsagenda ist aber noch nicht abgearbeitet. Das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Abwicklungsmechanismusgesetz könnte dazu führen, dass für unbesicherte und nicht nachrangige Bankverbindlichkeiten eine Haftungsdifferenzierung im Abwicklungsfall erfolgt. Für Anleihe- und Schuldscheingläubiger bedeutet der aktuelle Entwurf, dass sie künftig vor ungedeckten Kundeneinlagen an Verlusten und einer möglichen Rekapitalisierung durch Bail-in beteiligt werden.Fitch überlegt derzeit, sofern gesetzliche Haftungsregelungen eine Differenzierung von bisher gleichrangigen Verbindlichkeiten ermöglichen, seine Bankratings zu erweitern. Möglich wären beispielsweise neben dem derzeitigen Rating für ungedeckte Bankschuldverschreibungen auch Ratings für Einlagen und/oder für das Kontrahentenrisiko im Derivate- und Interbankengeschäft. Für das Pfandbriefrating könnte dies methodisch zu einem neuen Ausgangspunkt für die Ratinguntergrenze führen. Bei eventuellen Methodikanpassungen würden die Marktteilnehmer in jedem Fall vorab die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Grundsätzlich sind die positiven Aspekte der Bankenabwicklung aber bereits in Fitchs Pfandbriefratings enthalten.Neben dem direkten Einfluss auf das Bankrating kann Regulierung auch über andere Parameter auf Pfandbriefratings wirken. In der Pfandbriefgesetzesnovelle vom Dezember 2014 wurde die Möglichkeit geschaffen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über die bisherige gesetzliche Mindestdeckung hinausgehende Deckungsanforderungen anordnen kann. Eine Erhöhung der vorgeschriebenen Mindestdeckung ist grundsätzlich erst einmal positiv für die Pfandbriefsicherheit zu werten. Jedoch setzen bereits heute nur zwei der von Fitch gerateten Pfandbriefe auf der gesetzlichen Mindestüberdeckung auf. Für alle anderen Programme beruht das Pfandbriefrating auf einer höheren, freiwilligen Überdeckung der Emittenten. Aus höheren Deckungsanforderungen resultierende Ratingheraufstufungen sind daher unwahrscheinlich. Bei Unsicherheit, ob über die BaFin-Deckungsanforderungen hinaus gehaltene Überdeckung weiter ausschließlich den Pfandbriefgläubigern zur Verfügung steht, könnte dies, je nach Höhe der Differenz zu der von der Agentur für das entsprechende Pfandbriefrating ermittelten Überdeckung, durchaus zu Herabstufungen führen. Stressereignisse unklarDifferenzen könnten durch unterschiedliche Risikobewertung entstehen. Das Pfandbriefgesetz sieht lediglich eine Begrenzung von Kreditrisiken durch Beleihungsgrenzen und/oder Länderlimitierung vor. Die Pfandbrief-Barwertverordnung fordert eine Berücksichtigung von Zins- und Währungsveränderungen. Laufzeitrisiken werden nicht explizit einbezogen. Unklar bleibt, welche Stressereignisse bei der Berechnung zusätzlicher Deckungsanforderungen zugrunde gelegt würden und inwieweit diese mit hohen Ratingszenarien in Einklang stehen.Neben der Stärkung von Banken ist die Schaffung einer Kapitalmarktunion das zweite wichtige Reformvorhaben auf europäischer Ebene. Mehr Klarheit über die Zukunft und den Umfang der Harmonisierung wird das in Kürze erwartete Covered-Bonds-Grünbuch bringen. Diesem Grünbuch vorausgegangen ist ein von der European Banking Authority Mitte 2014 veröffentlichter Bericht, welcher Leitlinien für Covered-Bonds-Gesetzgebungen empfiehlt. Der aus Ratingsicht sicher wichtigste Punkt ist die Einführung eines Liquiditätsmechanismus. Programme mit keinem oder unzureichendem Liquiditätsmechanismus können bei Fitch nur eine sehr geringe Ratingverbesserung gegenüber dem Bankrating erreichen. Bereits kleine Änderungen könnten hier schon zu Ratingheraufstufungen führen. Neben Spanien trifft das beispielsweise auch auf den österreichischen Covered-Bonds-Markt zu. Für deutsche Pfandbriefratings gehen die Analysten derzeit nicht von weitreichenden Änderungen aus.—Rebecca Holter, Senior Director und Teamleiterin der deutschen Pfandbriefanalyse bei Fitch Ratings in Frankfurt