Regulierung mit Nebenwirkungen

Studie zeigt, dass Vorgaben für Gewerbeimmobilienfinanzierung Banken in risikoreichere Assets drängen

Regulierung mit Nebenwirkungen

Die neuen regulatorischen Vorgaben drängen Banken bei der Finanzierung von Wirtschaftsimmobilien – im Gegensatz zum ursprünglichen Ziel – in risikoreichere Engagements.ge Berlin – In den Neubau und die Sanierung von europäischen Wirtschaftsimmobilien fließen im Schnitt jährlich etwa 250 Mrd. Euro, was etwa einem Zehntel der gesamten Investitionen entspricht. Im Gegensatz zu der Zeit vor der Finanz- und Wirtschaftskrise gibt es heute eine große Vielfalt von Fremdkapitalfinanzierern für diese gewaltige Investitionssumme (siehe Grafik). Noch Mitte der Nullerjahre stellten Banken 90 bis 95 % des europäischen Kreditvolumens zur Verfügung, listet eine Studie im Auftrag und unter Mitarbeit unter anderem des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) auf. In den USA stellten schon damals Bankkredite nur etwas mehr als die Hälfte der Finanzierungen.Die hohe Konzentration auf Bankkredite in Europa erhöhte in der Krise die Fragilität des Bankensystems und erzeugte nach dem Abschwung an den Märkten der Wirtschaftsimmobilien eine Kreditknappheit, die selbst wiederum einen Beitrag zur weltweiten Finanzkrise leistete und die Erholung verlangsamte, wie es in der Studie “Die Bedeutung der Finanzierung von Wirtschaftsimmobilien für die europäische Wirtschaft 2016” heißt. So positiv folglich der heute breitere Finanzierungsmix gesehen wird, zeigen sich die Beteiligten dennoch besorgt über diverse Unterschiede in der Regulierung. Gegensätze in den Regelwerken, insbesondere bei Basel II/III und Solvency II, hätten zu einem “regulatorischen Gefälle” geführt. Dieses wiederum habe zur Folge, dass die Regulierung entgegen den Absichten dazu führt, dass Banken zur Wahrung ihrer Wettbewerbsfähigkeit risikoreichere Positionen eingingen. Somit sei die Regulierung zu einem Impuls für Kreditvergabestrategien geworden, anstatt dass sie zu sicheren Kreditvergabepraktiken aus der Perspektive systemischer Risiken anleite, heißt es in dem Report weiter.Darüber hinaus neige der Einsatz marktwertorientierter Beleihungssätze zu regulatorischen Zwecken dazu, “die Prozyklizität der Finanzierung von Wirtschaftsimmobilien mit dem Immobilienzyklus zu fördern” – womit die ursprüngliche Absicht der schärferen Regulierung konterkariert wird. In der Konsequenz treibe die Regulierung heute den Markt mehr an, als dass sie ihn moderiere, klagen die Autoren. Stattdessen benötige der Finanzierungsmarkt für Wirtschaftsimmobilien eine “ganzheitlichere regulatorische Aufsicht über den weitergefassten Finanzsektor”. Dieses Fehlen eines regulatorischen Gesamtüberblicks wiederum habe zu einem regulatorisch bedingten Preisgefälle geführt.Das Gesamtvolumen aller ausstehenden Finanzierungen von Wirtschaftsimmobilien beziffert die Studie auf 978 Mrd. Euro zum Jahresende 2014. Die Wirtschaftsimmobilien sorgten für geschätzt 3,8 Millionen Arbeitsplätze, wovon allein zwei Drittel auf den Bau und die Modernisierung der jeweiligen Gebäude entfielen.