FINANZEN UND TECHNIK

Regulierung von virtuellen Währungen tut not

Global Head of Anti-Financial Crime der Deutschen Bank: Umgang mit Kryptogeld ist eine Herausforderung

Regulierung von virtuellen Währungen tut not

Von Franz Công Bùi, FrankfurtAls im Februar 2014 einer der damals größten Bitcoin-Handelsplätze weltweit, Mt. Gox, in die Insolvenz ging, waren Abgesänge auf die virtuelle Währung zu hören. Immerhin verschwanden seinerzeit dort 850 000 Bitcoins im Wert von rund 600 Mill. Euro. Kryptographische Währungen schienen somit desavouiert. Nichtsdestotrotz erfreut sich Kryptogeld wie Bitcoin weiterhin erstaunlicher Beliebtheit.Die Marktforscher von Juniper Research rechnen mit 4,7 Millionen aktiven Bitcoin-Nutzern bis 2019, nach 1,3 Millionen im vergangenen Jahr. Die Anzahl der stationären Bitcoin-Akzeptanzstellen weltweit steigt stetig. Auf der Webseite coinmap.org werden nun mehr als 6 500 gelistet. Zuletzt investierten Venture-Capital-Unternehmen wie Andreessen Horowitz und Google Ventures mehr als 2 Mill. Dollar in Ripple Labs (ehemals OpenCoin). Andere Investoren stellten 5 Mill. Dollar für das Start-up Coinbase bereit, darunter die New Yorker Börse, die seit wenigen Wochen den “NYSE Bitcoin Index” (NYXBT) führt. Offene Fragen seit 2008Doch der Umgang mit virtuellen Währungen stellt für Banken eine Herausforderung dar, wie Ulrich Göres, Global Head of Anti-Financial Crime bei der Deutschen Bank, vor Kurzem auf einer Veranstaltung der Frankfurt School of Finance & Management in einem Vortrag darlegte. Zwar ist Göres überzeugt, dass sich digitale Echtzeitbezahlungstechnologien durchsetzen werden, wie er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung bekräftigt. Das sei jedoch unabhängig von einer spezifischen virtuellen Währung wie etwa Bitcoin. Und leider gebe es aus der Financial-Crime-Perspektive hierbei einiges, das noch nicht geregelt sei.Denn obwohl das Konzept von Bitcoin schon 2008 ins Leben gerufen wurde und ein Jahr später bereits die ersten Bitcoins “geschürft” wurden und das erste Bitcoin-Netzwerk aufgesetzt wurde, fehle es im Handel noch an Beaufsichtigung und Stabilisierung durch eine Zentralbank wie die EZB oder die Federal Reserve. Ebenso wenig gebe es Garantien hinsichtlich der virtuellen bzw. digitalen Wallets analog zur Einlagensicherung für Sparguthaben. Warnhinweis für VerbraucherAuch internationale Organisationen wie die Financial Action Task Force (FATF), die weltweit Geldwäsche bekämpft, hätten noch immer keine Vorgaben zu internationalen Standards im Umgang mit Bitcoins veröffentlicht. Von der European Banking Authority (EBA) gebe es lediglich einen Warnhinweis für Verbraucher, dass sie nicht durch spezifische Rechtsvorschriften geschützt und auch nicht gegen mögliche finanzielle Verluste abgesichert sind.Nationale Regierungen verfolgten derweil unterschiedliche Ansätze. Anwendungsrichtlinien vom US Treasury’s Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) sehen demnach vor, dass Börsen, bei denen virtuelle Währungen handelbar sind, seit 2013 als Geldübermittler reguliert werden. Auch müssen sie sich registrieren sowie verdächtige Transaktionen melden, um sich vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu schützen. Das beträfe jedoch nur die Börsen, über die Privatkunden und Firmen Bitcoins zur lokalen Währung handeln können. Diejenigen, die ausschließlich virtuelle Währungen für Transaktionen verwenden, unterlägen hingegen keinen regulatorischen Anforderungen. Die Behandlung erfolge hier wie beim Bargeld.In Singapur, wo es Bitcoin-Automaten gebe, habe die Zentralbank MAS im Jahr 2014 verfügt, dass die Identität der Kunden verifiziert und verdächtige Transaktionen gemeldet werden müssen. Andere Länder sehen laut Göres keine Notwendigkeit zur Regulierung, haben lediglich Richtlinien zu Steuerfragen veröffentlicht oder Finanzprodukte auf Basis von virtuellen Währungen verboten, zum Beispiel Belgien. China habe Banken von Bitcoin-Transaktionen ausgeschlossen, Russland vollumfänglich den Gebrauch von virtuellen Währungen untersagt.Die Nutzung der Kryptowährungen berge indes eine Vielzahl von Risiken, wie etwa Volatilität, Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche, Betrug, Phishing, Diebstahl, Hacker-Attacken und andere IT-Probleme. Für die Deutsche Bank bedeute das, dass sie entsprechende Sicherungsvorkehrungen im Umgang mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen treffen müsse. Angesichts dessen werde die Deutsche Bank keinen Handel von digitalen Währungen und auch keine digitalen Wallets (Einlagen) anbieten, die Nutzern den Kauf und die Lagerung von Bitcoins ermöglichen.Darüber hinaus müsse jedes Finanzinstitut für sich selbst entscheiden, ob es Transaktionen zu Devisenbörsen und Intermediären wie etwa Bitstamp, Bitbox und Coinbase (alle USA), die teils den Austausch gegen Dollar ermöglichen, oder Bitcurex (Polen), bei der Bitcoins mit reellem Geld gekauft werden können, einschränken möchte. Zweischneidiges SchwertGerade eine solche Einschränkung stelle ein zweischneidiges Schwert dar, denn wenn man einem Privatkunden nicht erlaube, Bitcoins zu erwerben, könne er erwidern, dass er nicht bevormundet werden wolle und sein Geld beliebig verwenden könne. Im Extremfall ist aus seiner Sicht vorstellbar, dass ein Kunde bei Schließung einer Plattform wie Mt. Gox alles verliert und er seiner Bank anschließend vorwirft, sie habe ihn nicht hinreichend geschützt.Es sei zwar einfach, per Richtlinie zu verbieten, derivative Bitcoin-Produkte aufzusetzen, in Anteilen in Fonds wie dem “Winklevoss Bitcoin Trust” zu handeln oder diese zu vertreiben. Ein Verbot von Konten für Unternehmen, die Bitcoins oder andere virtuelle Währungen als Zahlungsmittel akzeptieren, sei hingegen nicht effektiv. Laut Göres würde eine Bank nicht unmittelbar mitbekommen, wenn ein Kunde beschließt, Bitcoins zu akzeptieren.Ansätze wie Sanktionsfilter oder Geldwäsche-Monitoring, um verdächtige Transaktionen zu entdecken, stellten im Bereich der virtuellen Währungen eine Herausforderung dar. Bei den Bitcoin-Börsen würden Nutzer in der Regel zwei Konten führen: ein Depot, also die digitale Wallet, und daneben ein Verrechnungskonto. Von denen würde das Geld auf das normale Konto transferiert. Bei seiner Bank müsse sich ein Nutzer zwar identifizieren lassen, bei virtuellen Währungsbörsen jedoch in der Regel nicht; so wisse man nicht, ob es sich um die richtige Person handele.Laut Göres gibt es hier keine perfekte Lösung. Im Bereich der Zahlungsdienste unterlägen Finanzinstitute enorm detaillierten rechtlichen Regelungen, um Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder Bestechung zu verhindern. Diese fänden bei virtuellen Währungen nur begrenzt Anwendung. Hier müsse noch einiges passieren, um einen ganzheitlichen Lösungsansatz zu finden.