Renditeanstieg elektrisiert die EZB

Finanzstabilitätsbericht: Folgen der künftigen US-Wirtschaftspolitik "hochunsicher"

Renditeanstieg elektrisiert die EZB

Die jüngste Rotation zulasten von Bonds, hinein in Aktien, nach der Präsidentschaftswahl in den USA beschäftigt die Europäische Zentralbank (EZB). In ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht listet sie Ansteckungsgefahren infolge erhöhter politischer Unsicherheit als “mittleres systemisches Risiko” auf.bn Frankfurt – Die jüngsten Umschichtungen aus Bonds hinein in Aktien nach der US-Präsidentschaftswahl treiben die Europäische Zentralbank (EZB) um. In ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht stellt die Notenbank Ansteckungsgefahren infolge einer globalen Neubewertung des Risikos heraus, ausgelöst durch erhöhte politische Unsicherheit in entwickelten und andauernder Fragilität in aufstrebenden Volkswirtschaften.Die Folgen von Änderungen der US-Wirtschaftspolitik für die Finanzstabilität seien “derzeit hochunsicher”, teilt die Notenbank mit. Die Eurozone wäre demnach über ihre Handelskanäle sowie von möglichen Überlaufeffekten infolge höherer Zinsen und einer stärkeren Inflation in den USA direkt betroffen. Insgesamt blieben die Risikoprämien weltweit komprimiert, teilt die EZB mit. Mehr Volatilität in der nahen Zukunft sei wahrscheinlich.Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten haben die Renditen am Anleihemarkt sowie die Kurse am Aktienmarkt angezogen, da Anleger mit dem Wählervotum die Hoffnung auf vermehrte staatliche Ausgabenprogramme und entsprechende Konjunktureffekte verbinden. Dem Stabilitätsbericht zufolge verloren Bonds allein in der ersten Woche nach der Präsidentschaftswahl weltweit rund 1 Bill. Euro an Wert.Noch stehe nicht fest, ob die jüngste Rotation aus Anleihen heraus der Beginn eines größeren Repricing sei, erklärte EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio am Donnerstag bei der Präsentation des Berichts. Es handele sich aber um ein Risiko, das es zu beobachten gelte. Schwer zu antizipierenAngesprochen auf das am 4. Dezember anstehende Verfassungsreferendum in Italien sagte er, das Ergebnis und seine Folgen seien “sehr schwer” zu antizipieren. Letztlich handele es sich um eine politische Unsicherheit, die entweder zu einem ökonomischen Schock führe oder nicht. In Italien hätten die Renditen in den zurückliegenden Wochen bereits angezogen, was auch die Notierungen in Spanien und Portugal angesteckt habe.Der EZB zufolge hat das Risiko von Ansteckungsgefahren infolge einer globalen Neubewertung in den vergangenen sechs Monaten zwar zugenommen. Sie ordnet ihm gleichwohl ein “mittleres systemisches Risiko” zu. Ein “ausgeprägtes systemisches Risiko” erkennt sie derzeit nirgends. Vor sechs Monaten, bei Veröffentlichung ihres vorherigen Stabilitätsberichts, hatte die EZB eine “abrupte Wende komprimierter globaler Risikoprämien, verstärkt durch eine geringe Liquidität im Sekundärmarkt” als momentan größtes Risiko für die Finanzstabilität im einheitlichen Währungsraum aufgezählt.Als ebenso wachsendes, aber vorerst nur potenzielles Risiko ordnet die Notenbank derweil die Gefahr wieder aufflammender Sorgen um die Schuldentragfähigkeit öffentlicher und privater Haushalte ein für den Fall, dass Reformen auf nationaler und europäischer Ebene infolge politischer Unsicherheit scheitern.Ein unverändert mittleres Systemrisiko stellt für die EZB die Gefahr einer negativen Feedback-Spirale zwischen einer schwachen Profitabilität der Banken und einem niedrigen Nominalwachstum dar. Bloß als potenzielle Gefahr betrachtet sie weiterhin das Risiko möglicher Verspannungen im Investmentfonds-Sektor, die Liquiditätsrisiken und Überlaufeffekte im breiteren Finanzsystem nach sich ziehen, wie aus dem Bericht hervorgeht.Vor allem Investmentfonds seien in den zurückliegenden Jahren stark gewachsen, erläutert sie. Diese gewachsene Bedeutung müsse mit einer entsprechend verstärkten Überwachung einhergehen. Viele der Fonds seien Liquiditätsungleichgewichten ausgesetzt. Dies erhöhe das Risiko, dass der Investmentfondssektor marktweite Schocks wegen seiner Verbindungen zu Kreditinstituten verstärke.Europas Finanzsystem hat sich nach Einschätzung der Notenbank in den vergangenen sechs Monaten zwar insgesamt widerstandsfähig gegen Schocks gezeigt. Die Risiken für die Finanzstabilität infolge globaler Korrekturen an den Asset-Märkten aber hätten sich verstärkt.Die Banken in der Eurozone bleiben laut EZB verwundbar. Die Aussichten für die Ertragskraft insgesamt blieben angesichts einer gedämpften Konjunktur schwach.Halte der Anstieg der Renditen an und werde die Strukturkurve weiter steiler, dürfte dies die Aussichten für die Profitabilität der Banken in der Eurozone zwar aufhellen. Allerdings befänden sich diese derzeit auf niedrigen Niveaus, heißt es im Stabilitätsbericht der Notenbank.