Revolution am Finanzmarkt

LBBW räumt der Blockchain-Technik großes Potenzial ein - Die Regulierer zeigen sich "erstaunlich offen"

Revolution am Finanzmarkt

Die LBBW hält große Stücke auf die Blockchain. Die Technik dürfte den Finanzmarkt revolutionieren, prognostiziert die Bank. Zwar gebe es kulturelle, finanzielle und regulatorische Hürden. Sie seien aber überwindbar.bn Frankfurt – Die Blockchain dürfte nach Einschätzung der LBBW den “Finanzsektor revolutionieren”. In einer Analyse zählt die Bank diverse Vorzüge dieser Technik auf: Sie erlaube die Identifikation von Werten durch “verifizierbare robuste Identitäten”, die kryptografisch gesichert seien. Sie ermögliche Wirtschaftsprüfung und Buchhaltung in Echtzeit, reaktiv und transparent, was die Aufsicht der Finanzinstitute verbessere. In der Assekuranz führe sie zu dezentralisierten Märkten für Versicherungen. Sie erlaube etwa automatische Dividendenzahlungen von Unternehmen über algorithmenbasierte Verträge.Ferner könnten mit Hilfe der Blockchain Schuldtitel leichter emittiert, gehandelt und verrechnet werden. Zudem senkten Zahlungsmechanismen, kombiniert etwa mit einem verlässlichen und sicheren Wertaufbewahrungsort, den Bedarf an typischen Finanzdienstleistungen. Spar- und Depositenkonten würden “tendenziell obsolet”. Nicht zuletzt reduzieren Zahlungen, Transfers und Käufe ohne einen Intermediär die Kosten und erhöhen die Zahlungsgeschwindigkeit, wie die LBBW auflistet.Die Blockchain senkt demnach die Transaktionskosten, die insbesondere bei Unkenntnis von Kontrahenten in einer globalen, vernetzten Welt oft hoch sind, indem sie das Misstrauen gegenüber diesen Kontrahenten vermindert oder eliminiert. Dies erhöhe die Effizienz des Wirtschaftssystems und ermögliche mehr Handel, heißt es. Auch helfe es dabei, Dienstleistungen über Plattformen einzukaufen oder auszulagern. Intermediäre wie Banken, die traditionell das Vertrauen zwischen unbekannten Kontrahenten herstellen, seien in dieser Hinsicht dann “weniger notwendig als früher”, heißt es. Hohe Erwartungen an das Potenzial der Blockchain haben die Bewertungen von Kryptowährungen bereits kräftig klettern lassen (siehe Chart).Zugleich helfe die Blockchain Finanzdienstleistern aber insbesondere in Fragen der Daten- und Cybersicherheit, heißt es. Fragen der Vertrauenswürdigkeit, Sicherheit, Verlässlichkeit und Genauigkeit der Blockchain seien für den Finanzsektor bedeutsamer als eine mögliche Disintermediation durch die Blockchain. Etablierte Finanzdienstleister könnten mit Hilfe der Technologie Vertrauen aufbauen. Zugleich bestehe für Fintechs die Möglichkeit, über diese Technik etablierte Häuser anzugreifen.Im Wertpapierhandel freilich dürfte die Blockchain die bisherigen Strukturen nach Meinung der LBBW nicht so rasch aufmischen. Das heutige Clearing-System im Wholesale-Markt sei sehr effizient organisiert, argumentiert die Bank. Zudem seien elektronische Handelsplattformen wohl sicherer als die Blockchain in ihrem momentanen Stadium. Die Unsicherheit bleibt hochDie LBBW prognostiziert zugleich, dass die Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft der Blockchain hoch bleiben wird. Es werde noch sehr lange dauern, bis sich sehr anwendungsfreundliche Lösungen für jedermann durchsetzten. Als Problem nennt die LBBW, dass das Blockchain-System immense Rechner- und Energieleistung benötigt. Projektionen zeigten, dass eine zunehmende Verwendung der Blockchain zu einem “gigantischen Anstieg des Energieverbrauchs führen würde”. Demnach würde der jährliche Energiekonsum alleine der “Miner”, also jener Blockchain-Nutzer, welche Transaktionen in der Blockchain bestätigen und dokumentieren, im Jahr 2030 das Weltenergieangebot des Jahres 2014 um rund 14 % übersteigen. Zudem sei noch eine legale Definition der Blockchain, des Kontrakts oder des zugrundeliegenden Codes notwendig.Auch hält die LBBW fest, dass die Blockchain nur bei einer großen Anzahl von “Minern” sicher sei. 2016 hätten 19 Mining-Pools 98,8 % des gesamten Marktes für Mining-Dienste ausgemacht, und die größten vier Miner seien auf 56,7 % Marktanteil gekommen, heißt es. Ein unregulierter Oligopol-Markt jedoch könnte Anreize zur Manipulation der Blockchain erhöhen, insbesondere dann, wenn sich die “Miner” in Ländern mit nicht existenter oder laxer Regulierung konzentrierten. Dem Einsatz der Blockchain stehen damit kulturelle, finanzielle und regulatorische Hürden entgegen, wie die LBBW resümiert. Diese dürften aber überwindbar sein.”Die Regulatoren stehen dieser neuen Technologie erstaunlich offen und freundlich gesinnt gegenüber”, meint LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert. Dies hänge nicht zuletzt damit zusammen, dass die Blockchain Kontrahentenrisiken senke, Geldwäsche verhindere und der Regulierung bei der Datenerfassung helfe. Die LBBW hält es sogar für realistisch, dass staatliche Einrichtungen den Bürgern Blockchain-Anwendungen anbieten werden. Dies gelte insbesondere für die Bereiche Identitäten, Gesundheitswesen und digitale Währungen. “Hierfür spricht, dass sie die Anreize hierzu haben und die kritische Masse”, schreibt die LBBW.