ANSICHTSSACHE

Richtige Akzente bei Krisenbewältigung bieten Chancen

Börsen-Zeitung, 15.5.2020 Der Corona-Krisenmodus beherrscht unser Land derzeit genauso wie den Rest der Welt. Auch wenn die Wirtschaft nun nach und nach den Betrieb wieder hochfährt, sind wir von der uns bekannten Normalität noch weit entfernt....

Richtige Akzente bei Krisenbewältigung bieten Chancen

Der Corona-Krisenmodus beherrscht unser Land derzeit genauso wie den Rest der Welt. Auch wenn die Wirtschaft nun nach und nach den Betrieb wieder hochfährt, sind wir von der uns bekannten Normalität noch weit entfernt. Neben dem Gesundheitsschutz geraten zunehmend die Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung und die Unternehmen vor Ort in den Blick. In der akuten Krisenphase hat die Politik in kürzester Zeit umfassende Hilfsprogramme aufgesetzt und dabei auch eng mit den Banken zusammengearbeitet, um die Hilfen möglichst effizient in der Wirtschaft ankommen zu lassen. Banken sind ein zentraler Teil der Lösung, engagieren sich stark und nehmen damit ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr. Sie stehen auch bereit, die Unternehmen dabei zu begleiten, die langfristigen Folgen der Krise zu meistern. Rolle der AuslandsbankenMit einer ausgeprägt mittelständischen Industrie, die über alle Bundesländer verteilt ist, war es logisch, dass die Politik sich zunächst an die Institute mit großer Präsenz vor Ort gewendet hat. Allerdings hat sich angesichts des Ausmaßes des Finanzierungsbedarfs und der Komplexität der Herausforderungen gerade auch für die vielen international tätigen Unternehmen schnell die wichtige Rolle der Auslandsbanken abgezeichnet. Zwar sind nur einige der mehr als 200 international agierenden Finanzinstitute mit Hauptsitz im Ausland bei deutschen Förderinstituten voll akkreditiert, aber fast alle arbeiten intensiv mit deutschen Unternehmen, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Breitere DiversifikationGerade in einer exportorientierten Volkswirtschaft wie Deutschland, erfüllen die ausländischen Institute eine wichtige Funktion. Neben der Deckung des erheblichen Finanzierungsbedarfs gehören dazu beispielsweise auch das Wissen um und der Zugang zu den internationalen staatlichen Fördermöglichkeiten für deutsche Unternehmen mit internationalen Tochtergesellschaften oder Produktionsstandorten – ein immenser Vorteil bei der Bewältigung der globalen Krise. Auslandsbanken ermöglichen zudem eine breitere Diversifikation, sowohl was den Zugang zu den Kapitalmärkten betrifft als auch im Hinblick auf das Kreditportfolio der einzelnen Unternehmen.In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen haben sich auch die Regulatoren, Aufsichtsbehörden und Zentralbanken durch ihr weitsichtiges, schnelles und pragmatisches Vorgehen ausgezeichnet. Dadurch ist es gelungen, das Funktionieren der nationalen sowie internationalen Finanz- und Kapitalmärkte sicherzustellen. So konnten die Finanzinstitute ihre Kunden weiterhin mit Dienstleistungen und Liquidität versorgen. Und es hat sich mit Blick auf die internationalen Kapitalmärkte gezeigt, dass selbst in den schwierigen letzten Wochen durch die Beteiligung internationaler Investoren erfolgreiche Kapitalaufnahmen von deutscher staatlicher und privatwirtschaftlicher Seite möglich waren. Gefahr der AbschottungWährend in der akuten Phase der Krise viele notwendige und richtige politische und regulatorische Entscheidungen getroffen wurden, ist nun wichtig, dass die vermehrt zu beobachtende Fokussierung auf nationalstaatliche Regelungen, die den internationalen Kapitalfluss oder die Erbringung von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen beeinträchtigen, die wirtschaftliche Erholung in Deutschland nicht gleichzeitig gefährden.Wettbewerbsfähigkeit und fortschrittliche Antworten auf die großen globalen Herausforderungen wie den Klimaschutz spielen für die internationale Kapitalallokation und damit letztlich für die Sicherung dauerhaften Wohlstands eine wichtige Rolle. Eine stärkere Abschottung und Reglementierung der Unternehmensaktivität oder falsche Steuerungsanreize stellen jedoch eine mögliche Gefahr für die globale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen dar. Katalysator für VeränderungHingegen können sich eine weiterhin offene Grundhaltung und das Festhalten an der internationalen Ausrichtung der eigenen Finanzmärkte als entscheidender Faktor für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erweisen.Die aktuelle Situation bietet eine einmalige Chance, das Land durch entsprechende Ressourcenallokation als internationaler Vorreiter für globale Zukunftsthemen zu positionieren und so im Umkehrschluss die Attraktivität des deutschen Marktes für internationales Kapital nachhaltig zu sichern. Bereits vor der Krise befanden sich viele Industrien in Deutschland inmitten dieser einschneidenden Transformation. Die deutsche und europäische Politik hat nun die Möglichkeit, diese Entwicklung zu beschleunigen und mit den geeigneten Rahmenbedingungen die in der Krise eingesetzten Ressourcen als Katalysator für Veränderungen zu kanalisieren. Vorreiter für ZukunftsfelderDie Auslandsbanken wollen und können die deutsche Wirtschaft dabei unterstützen, diese Chance zu ergreifen und sich als Vorreiter für diese Zukunftsfelder zu positionieren. Gerade mit einer solchen internationalen und zukunftsgewandten Ausrichtung kann es gelingen, die Attraktivität und die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen trotz der erheblichen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise langfristig zu steigern. Es ist zu wünschen, dass Deutschland die kommende Ratspräsidentschaft dazu nutzt, entsprechende Akzente auf europäischer Ebene zu setzen. Silvia Schmitten-Walgenbach ist Vorsitzende des Vorstands des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland e.V. und Chief Operating Officer von Barclays in Deutschland. In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.——-Von Silvia Schmitten-WalgenbachIn einer exportorientierten Volkswirtschaft wie Deutschland, erfüllen die ausländischen Institute eine wichtige Funktion. —