Rieß krempelt Ergo um
Markus Rieß trimmt Ergo radikal auf Rendite. Sein auf fünf Jahre angelegtes Strategieprogramm krempelt den Konzern um und kostet 1 Mrd. Euro. Nur die Krankenversicherung wird weitgehend verschont.ak Düsseldorf – Markus Rieß baut um und wirbelt die Ergo gehörig durcheinander: Der neue Vorstandschef hat dem drittgrößten deutschen Erstversicherer ein fünfjähriges Fitnessprogramm verpasst. Vor allem die Kosten sollen runter: Brutto will das Unternehmen bis 2020 rund 540 Mill. Euro sparen. Das kostet im Saldo 1 835 Arbeitsplätze. Damit fällt mehr als jede achte Stelle bei Ergo weg. Hauptsächlich werde im Vertrieb eingespart, kündigte Rieß an. Gleichzeitig steht ein Investitionsbudget von 1 Mrd. Euro zur Verfügung, das hauptsächlich in die IT fließen soll. Das liegt am oberen Rand der bisherigen Markterwartungen. Die Ergo sei bisher unter ihren Möglichkeiten geblieben, analysierte Rieß. Die Kostenquoten lägen über dem Marktdurchschnitt.Spätestens von 2021 an soll die Ergo mehr als 500 Mill. Euro jährlich nachhaltig zum Jahresergebnis der Munich Re beitragen. Dafür hält der Mutterkonzern seinem Erstversicherer bis dahin den Rücken frei: “Wir gehen davon aus, dass die Munich Re keine Dividende in den nächsten fünf Jahren erwartet”, sagte Rieß. Rote Zahlen 2016In diesem Jahr erwartet die Ergo, die im Vorjahr durch Abschreibungen tief ins Minus gerutscht war, ein leicht negatives Ergebnis. Rund 300 Mill. Euro will sie von ihrem Milliardenbudget 2016 verwenden, davon sollen 200 Mill. Euro in Rückstellungen für den Personalabbau fließen. Im kommenden Jahr strebt Rieß die Gewinnzone an: “2017 werden wir schwarz sein.”Bei den Beitragseinnahmen rechnet Rieß in den kommenden Jahren eher mit einer Stagnation, da er weitere Einbußen in der Lebensversicherung erwartet, die dem erhofften Wachstum in der Schaden- und Unfallversicherung entgegenstehen. Altbestände vor AbwicklungRieß hatte noch weitere strategische Neuigkeiten in petto: In der Lebensversicherung verabschiedet sich die Ergo aus dem klassischen Geschäft. Sämtliche Altbestände – hier geht es um ein Beitragsvolumen von 3,7 Mrd. Euro und 6,5 Millionen Verträge – werden separiert und in den Run-off geschickt. Bisher befand sich schon die Victoria Leben in der Abwicklung. Für die künftige Einheit “Leben Klassik” spielt Rieß mit dem Gedanken, sie zu einer Run-off-Plattform auszubauen und die Abwicklung von Portfolien für Dritte anzubieten. “Ich halte das für eine veritable Option”, sagte der Manager, der im Herbst von der Allianz gekommen war.Die Aufspaltung des Lebensversicherungsgeschäftes ist für das kommende Jahr geplant. Die “Ergo Vorsorge” soll Risikoträger für das vertriebliche Neugeschäft werden. Ergo will sich künftig ganz auf kapitalmarktnahe und Biometrieprodukte konzentrieren. Auch in der betrieblichen Altersvorsorge ist der Ausstieg aus der Klassik geplant.Auch ein neues Baby im Konzern plant Rieß. Im kommenden Jahr soll ein reiner Onlineversicherer mit eigener Marke an den Start gehen. Hier soll alles digital laufen, nicht einmal ein telefonischer Service ist geplant. Starten will Ergo 2017 rechtzeitig zum Wechselgeschäft in der Autoversicherung. Denn die Kfz-Sparte ist der Bereich, in dem Rieß das Konzept ausprobieren will. Für den neuen Onlineversicherer plant Ergo eine eigene IT-Plattform und ist dafür auf der Suche nach einem Technologiepartner. Von 2018 an soll das Produktangebot dann erweitert und auf Auslandsmärkte übertragen werden. Wachstum im AuslandDie existierende Direktversicherungstochter Ergo Direkt soll näher an die Ergo rücken und – so drückte es Rieß aus – als Kompetenzzentrum Online für die gesamte Gruppe tätig sein. Ergo will hier den hybriden Kunden ansprechen, der neben dem Onlinekanal auch Beratung in Anspruch nehmen will.Allein für die Digitalisierung sieht das Ergo-Budget in den kommenden fünf Jahren 432 Mill. Euro vor. Das soll einerseits in die Basis-IT fließen, andererseits in neue Digitalangebote – das “Schnellboot neben dem Schiff”, wie es CFO Christoph Jurecka ausdrückte. Das Wachstum, das die Ergo vor allem in der Schaden- und Unfallversicherung anstrebt, soll künftig stark aus dem Ausland kommen. Heute stammt etwa ein Viertel der Beitragseinnahmen aus dem internationalen Bereich, demnächst will Rieß die Hälfte des Neugeschäfts abseits des Heimatmarktes schreiben. Er kündigte einen weiteren Markteintritt in Asien an und zeigte sich auch offen für selektive Zukäufe. Das Gewerbe- und Industrieversicherungsgeschäft soll international ausgebaut werden. Details werde Ergo im zweiten Halbjahr präsentieren.Im Vertrieb will der Versicherer die heute noch fünf einzelnen Ausschließlichkeitsorganisationen – sie stammen noch aus der Zeit, als Ergo mit Hamburg-Mannheimer, Victoria, DKV und D.A.S. eine Mehrmarkenstrategie fuhr – unter einem Dach zusammenfassen. Den Strukturvertrieb Ergo Pro wird es weiter geben. Am wenigsten betroffen von dem Umbau ist die DKV Krankenversicherung. Hier sei wenig Veränderungsbedarf, befand Rieß. Sie sei gut positioniert.