ALTERSVORSORGE

Riestern für umme

Die Riester-Rente hat in der Öffentlichkeit einen schlechten Ruf. Jedoch lohnt sich diese staatlich geförderte private Altersvorsorge insbesondere für Geringverdiener und Familien mit Kindern. Von Werner Rüppel Bundesminister für Arbeit und...

Riestern für umme

Die Riester-Rente hat in der Öffentlichkeit einen schlechten Ruf. Jedoch lohnt sich diese staatlich geförderte private Altersvorsorge insbesondere für Geringverdiener und Familien mit Kindern.Von Werner RüppelBundesminister für Arbeit und Sozialordnung kommen und gehen. Genauso wie dieses Ministerium mitunter einen neuen Zuschnitt erhält und in einem anderen aufgeht. Die Namen der Minister für Arbeit sind so meist schnell vergessen, stehen dieselben doch auch wesentlich weniger im Licht der Öffentlichkeit als Kanzler oder Außenminister. Nicht so bei Walter Riester, der von 1998 bis 2002 Arbeitsminister war. Dieser gab einer staatlich geförderten, aber grundsätzlich privaten Rente den Namen, die seit 2002 zur Verfügung steht: Der Riester-Rente. Und auch als Verb hat sich der Name durchgesetzt. Wer staatlich gefördert privat vorsorgt, der riestert. Inzwischen gibt es hierzulande mehr als 16 Millionen Riester-Verträge.Die Riester-Rente ist ein sehr komplexes Produkt, das in den vergangenen Jahren auch öfters modifiziert und verbessert wurde. So versteht kaum ein Bürger, ob es sich für ihn persönlich lohnt zu riestern. Hier kann ein gut geschulter Bankberater, der die Materie beherrscht, punkten. Er kann dem Kunden erläutern, welche Vorteile Riester für ihn persönlich bietet, und im Beratungsgespräch abklären, ob eine Riester-Rente für den jeweiligen Kunden das passende Produkt ist. Oder ob gegebenenfalls eine andere Form der privaten Altersvorsorge, wie zum Beispiel ein herkömmlicher Fondssparplan, möglicherweise für einen bestimmten Kunden besser geeignet ist.”Die Riester-Rente wird in der Öffentlichkeit oft pauschal schlechtgeredet”, hat Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaft und renomierter Experte für Altersvorge, bereits mehrfach angeprangert. Denn Vorteile wie staatliche Zulagen und der für viele Arbeitnehmer vorhandene Steuerstundungseffekt würden häufig nicht gesehen.Hinzu kommt noch, dass der Gesetzgeber durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz die Attraktivität der Riester-Rente deutlich erhöht hat. Dies gilt insbesondere für Klein- und Geringverdiener inklusive Mini- und Midi-Jobs. Für diese kostet eine Riester-Rente zum Teil nur einen Eigenbeitrag von fünf Euro im Monat (entsprechend 60 Euro im Jahr), während zugleich üppige staatliche Zulagen die Ansparsumme für die Altersvorsorge erhöhen. Zulagen erhöhtDoch die Rechnung der Reihe nach: Seit Anfang 2018 hat der Gesetzgeber die sogenannte Grundzulage für die Riester-Rente von 154 Euro auf 175 Euro pro Jahr erhöht. Zudem beträgt die Kinderzulage für jedes Kind, das nach dem 31. Dezember 2007 geboren ist, satte 300 Euro pro Jahr und Kind. Bei bis 2007 geborenen Kindern beträgt die Zulage allerdings nur 185 Euro pro Kind und Jahr.”Für eine Person mit zwei Kindern, die 20 Jahre in einen Riester-Vertrag einzahlt, summieren sich allein die Zulagen durch den Staat auf 15 500 Euro”, rechnet das Finanzministerium vor. Zuzüglich der eingezahlten Eigenbeiträge komme damit ein ordentliches Finanzpolster für die eigene Altersvorsorge zusammen, das die im Alter zur Verfügung stehenden Einkünfte entsprechend erhöhe.Staatliche Zulagen sind immer gut, doch gibt es eben auch einen bei Riester-Verträgen zu leistenden Eigenbeitrag. Dieser beträgt 4 % des rentenversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens abzüglich des individuellen Zulagenanspruchs – bis zu maximal 2 100 Euro im Jahr. In jedem Fall ist aber ein Sockelbetrag von 60 Euro im Jahr zu leisten. Für Gut- und Besserverdienende ist wichtig, dass Einzahlungen von bis zu 2 100 Euro pro Jahr als Sonderausgaben im Rahmen der Altersvorsorge steuerlich geltend gemacht können. Das Finanzamt prüft dann im Rahmen des Jahresausgleichs, ob die Steuerersparnis höher als die gewährten Zulagen ist. Nur in diesem Fall kommt es zu einer zusätzlichen Erstattung. Das ist natürlich alles recht komplex, so es bei dieser Gruppe ratsam sein dürfte, den Steuerberater hinzuzuziehen, um die Sinnhaftigkeit einer Riester-Rente zu ermitteln.Bei Geringverdienern ergibt sich jedoch ein eindeutiges Ergebnis, denn Riester nebst “Staatsknete” in Form der Zulagen gibt es vielfach fast “für umme”. Der Staat unterstützt nämlich bei der Riester-Rente nicht nur in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Anspruchsberechtigt sind u. a. auch Beschäftigte im Niedriglohnbereich (Midi-Jobs mit einem Verdienst über 450 und bis 850 Euro pro Monat), geringfüfig Beschäftigte (Mini-Jobs mit einem Verdienst bis 450 Euro im Monat), die keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt haben, Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II sowie auch Bezieherinnen und Bezieher einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung.Anbei ein Beispiel: Eine Frau oder ein Mann übt einen 450-Euro-Job aus, der nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit ist. Im Rahmen eines eigenen Riester-Vertrags können hier Zulagen vereinnahmt werden, selbst wenn zum Beispiel der Ehepartner wesentlich mehr verdienen sollte. Zu zahlen ist hier als Eigenanteil der Sockelbetrag von fünf Euro pro Monat oder 60 Euro im Jahr. Ähnlich verhält es sich bei Geringverdienern, zumindest wenn auch die Kinderzulagen in Anspruch genommen werden können. So rechnet zum Beispiel die Stiftung Warentest vor, dass eine Mutter mit drei kleinen Kindern, die in Teilzeit 15 000 Euro jährlich verdient, nur 60 Euro im Jahr selbst einzahlen muss und dreimal 300 Euro Kinderzulage plus 175 Euro Grundzulage. Laut Stifung Warentest sollte sie diese 1 075 Euro nehmen, “egal wie auf Riester geschimpft wird.”Nicht nur Walter Riester, sondern auch der ehemalige VW-Manager Peter Hartz hat es mit “Harz IV” für das Arbeitlosengeld II in den allgemeinen Sprachgebrauch geschafft. Viele Bürger “riestern” nicht nur, manche “hartzen” auch. Und “Hartzer” können auch “riestern” und damit mittels der staatlichen Zulagen für ihr Alter vorsorgen. Auch hier beträgt der Sockelbetrag, der gezahlt werden muss, mindestens 60 Euro im Jahr. Neuer Freibetrag bei GrundsicherungEine Sorge vieler Bürger war es bisher, dass die Riester-Rente letztendlich nichts zusätzlich bringt. Denn für denjenigen, der auf Grundsicherung im Alter angewiesen ist, hat sich die private Altersvorsorge bisher nicht gelohnt. Darauf hat der Gestzgeber reagiert. Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz werden Riester-Renten bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen nicht mehr voll angerechnet. Es wird nämlich ein Grundfreibetrag von 100 Euro für die Riester-Renten gewährt. Fällt diese höher als 100 Euro im Monat aus, ist der übersteigende Betrag bis zu 30 % anrechnungsfrei. So können nach Angaben des Finanzministeriums bis zu 202 Euro anrechnungsfrei gestellt werden.Oft wird auch das enge Korsett der Riester-Renten als Nachteil gesehen. Denn der Anbieter eines solchen Produkts muss garantieren, dass bis zum Rentenbeginn alle Einzahlungen und Zulagen noch da sind und für die Rente zur Verfügung stehen. Diese Kapitalgarantie erschwert es gerade in Phasen niedriger Kapitalmarktzinsen, in die langfristig lukrative, aber stark schwankende Aktienanlage zu investieren. Auf der anderen Seite stellt diese Garantie aber sicher, dass das Geld nicht weg ist, auch wenn zum Beispiel der Aktienmarkt gerade eine schwierige Phase durchlebt. Chancenreiche FondssparpläneFür den Abschluss einer Riester-Rente gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: Banksparplan, Rentenversicherung oder Fondssparplan. Weil es so gut wie keine Zinsen mehr gibt, werden kaum mehr Banksparpläne angeboten; sie lohnen sich für die Kreditinstitute einfach nicht mehr. Rentenversicherungen sind natürlich auch von der Niedrigzinsphase unmittelbar betroffen und werfen nur noch äußerst niedrige Erträge ab. Die besten Chancen auf Gewinne bieten noch Fondssparpläne, die auch flexibel in Aktien investieren (vgl. Tabelle). Dabei haben Anbieter wie Union Investment im vergangenen Jahr Produktmodifikationen vorgenommen, die eine Mindestaktienquote bieten und somit die Chancen erhöhen. Und durch die Kapitalgarantie der Riester-Rente bleibt für den Anleger das Risiko nach unten in jedem Fall begrenzt.Alles in allem dürfte sich die Riester-Rentefür einen Gutteil der Bevölkerung lohnen. Zu berücksichtigen sind stets die inzwischen üppigen staatlichen Zulagen sowie die Steuervorteile. Für Geringverdiener und Familien mit Kindern lohnt sich Riester allemal. Sie sollten die staatlichen Zuwendungen auf jeden Fall mitnehmen.Bei Gutverdienern ist Riester wesentlich komplexer. Hier sind gut informierte Bankberater und auch der Steuerberater gefragt. Mithin stellt eine Riester-Rente auch nur einen Baustein in einem Altersvorsorge-Konzept dar. Dazu sollte der Berater aber alle Details des Riesters genau kennen.—- Die erste Säule reicht nicht ausDie gesetzliche Rente, die erste Säule der Altersvorsorge hierzulande, dürfte kaum für einen sorgenfreien Lebensabend ausreichen. Laut Rentenversicherungsbericht 2017 beträgt die gesetzliche Rente im Durchschnitt 949 Euro im Monat, wobei Männer auf 1 076 Euro und Frauen auf 853 Euro kommen. Auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels tun betriebliche und private Altersvorsorge (zweite und dritte Säule) not. Wer aber frühzeitig beginnt, breit gestreut für das Alter zu sparen, sollte im Ruhestand genügend finanzielle Mittel haben.