Risikomanagement geht vor Ertrag

Disziplin ist essenziell - Portfoliomanager muss sich auch von Positionen trennen können, denen er noch stark vertraut

Risikomanagement geht vor Ertrag

Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase und der weiter bestehenden Risiken an den Kapitalmärkten zahlt sich konservatives Asset Management aus. Auf der einen Seite hält der Druck an, mehr zu erwirtschaften als die sichere Rendite deutscher Bundesanleihen oder US-Staatsanleihen. Auf der anderen Seite dürfen zusätzlich eingegangene Risiken auf keinen Fall die Ziele der Kapitalanlage gefährden. Nicht nur private, sondern auch institutionelle Anleger haben auf der Suche nach höheren Renditen in den vergangenen Jahren schmerzhafte Erfahrungen machen müssen. Diese gilt es zu vermeiden. Was ist dabei zu beachten? Schmerzen vermeidenDafür muss der Anleger seine Schmerzgrenzen definieren. Entsprechend ist das Risikomanagement auszurichten. Viele Anleger haben erkannt, dass es weniger wichtig ist, das Vermögensmanagement an möglichst anspruchsvollen Zielrenditen zu orientieren, als vielmehr eine gerade noch akzeptable Untergrenze bei der Rendite zu definieren. Anleger dürfen daher bei der Auswahl ihres Asset Managers nicht den nehmen, der ihnen die höchste Zielrendite verspricht, sondern den, der ihnen plausibel darlegen kann, wie er mit einer auskömmlichen Rendite ohne Schmerzen durch schwierige Kapitalmarktphasen kommen kann. Denn eines haben die vergangenen zehn Jahre gelehrt: Schwierig kann es immer werden.Die anhaltende Geldschwemme im Zuge der Euro-/Verschuldungskrise hat zu historisch niedrigen Zinsen bei den sogenannten sicheren Anlagen geführt, und auch dort kann man nicht mehr von einer absoluten Sicherheit sprechen. Die Krise hat obendrein zu einem Umfeld geführt, in dem plötzliche, starke Ausschläge wahrscheinlicher sind. Denn einerseits sind die der Euro-/Verschuldungskrise zugrundeliegenden Probleme nicht gelöst. Einige Euro-Staaten schieben nach wie vor hohe Schuldenberge vor sich her und leiden unter mangelnder internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Des Weiteren führt die Geldschwemme zu kräftigen Zu- und Abflüssen bei einzelnen Anlagesegmenten mit der Tendenz zu Übertreibungen.Die Situation an den Kapitalmärkten ist somit gekennzeichnet durch niedrige Zinsen und schwer einschätzbare Risiken. Phasenweise scheinen die Risiken in einzelnen Märkten niedrig zu sein und laden zum Engagement ein. Doch die ruhige Wasseroberfläche trügt, unter ihr lauern schwierig einzuschätzende Risikofaktoren. Wer in diesem Umfeld auf der Suche nach Mehrrenditen ist – und das betrifft alle professionellen Anleger -, der muss das Geschäft mit dem Risiko sehr gut verstehen: Wie wirken einzelne Risiken? Was passiert beim Zusammentreffen verschiedener Risiken? Wie wirken sich einzelne und kumulierte Risiken auf das gesamte Portfolio und die Anlageziele aus? Kommt der Anleger zurecht?Es ist keine Kunst, auf dem Papier vordergründig höhere Renditen zu finden. Diese gibt es außerhalb von deutschen Bundesanleihen und US-Staatsanleihen. Die Schwierigkeit sind die mit den höheren Renditen einhergehenden Risiken. Ob der Anleger mit diesen Risiken zurechtkommt?Bei den Staatsanleihen ist derzeit zu beobachten, dass die aus der Euro-Peripherie offenbar – angesichts der enormen Nachfrage und der entsprechend niedrigen Renditen – als wenig riskant wahrgenommen werden. Dafür gibt es gute Gründe, einige Staaten haben in ihren Konsolidierungsbemühungen gute Fortschritte erkennen lassen. Auch haben andere Euro-Länder signalisiert, den Weg der Euro-Peripherie aus der Wirtschaftskrise positiv begleiten zu wollen. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die Sparanstrengungen der Bevölkerung noch so manches Opfer abverlangen werden, dass der Weg noch mehrere, wenn nicht viele Jahre dauern wird und die derzeitige relative politische Stabilität nicht anhalten muss. Mit Vorsicht zu genießenBei den Pfandbriefen geht der Blick auf der Suche nach höheren Renditen ins Ausland. Dort sind sie als Covered Bonds bekannt. Einige Länder haben für diese einen gesetzlichen Rahmen geschaffen, der dem deutschen Vorbild recht nahekommt. Die damit vermeintlich implizierte Sicherheit ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Investoren sind gut beraten, die Vertragsbedingungen genau zu lesen sowie auch alle Eventualitäten bei der Verwertung der Sicherheiten zu beachten.Bei den Unternehmensanleihen sind die Risikoaufschläge mittlerweile so stark zusammengelaufen, dass nur noch höchste Qualität in Frage kommen kann. Andere Assetklassen, wie Aktien, sind zwar aussichtsreich, aber in der Vermögensanlage von Versicherungen nicht von sehr großer Bedeutung, weil sie angesichts der schwankenden Kurse nur schwer mit einem konsequenten Asset-Liability-Management vereinbar sind. Entsprechend müssen sie mit viel Eigenkapital unterlegt werden. Schwer kalkulierbare DynamikSumma summarum ergibt sich: Höhere Renditen gibt es nur bei entsprechend höherem Risiko – das ist bekannt. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der hohen Liquidität und der intensiven Suche nach Rendite die Risikolandschaft einer höheren und schwer kalkulierbaren Dynamik unterworfen ist. Ein Beispiel: Als im vergangenen Jahr die US-Notenbank Fed eine Rückführung ihrer expansiven Geldpolitik ankündigte (“Tapering”), löste dies merkliche Kursturbulenzen aus. Seitdem kamen Anlagen von Emerging Markets unter Druck, Anlagen der Euro-Peripherie konnten profitieren. Diversifizierung und Flexibilität – das zeigt auch diese Situation – sind essenziell für eine gut ausbalancierte Kapitalanlage.Um mittelfristig hinreichend hohe positive Renditen zu erreichen, bildet neben der Auswahl und Mischung der richtigen Anlageklassen und Einzeltitel vor allem ein funktionierendes Risikomanagement die Grundlage. Dabei ist in erster Linie die Aussteuerung der Risiken auf der Ebene des Portfoliomanagements gemeint, aber natürlich auch das vom Portfoliomanagement funktionsgetrennte Risikomanagement. Beide Einheiten beschäftigen sich auf unterschiedliche Weise mit dem Risiko, beide Einheiten wirken zusammen, wenn es darum geht, den Anleger vor Verlusten zu bewahren.Im Kapitalanlagemanagement wird es losgelöst von einer Fokussierung auf das Risiko immer um die Erzielung von auskömmlichen Renditen gehen. Wir sind derzeit aber in einer Situation, dass wir mit erheblichen Risikospitzen rechnen müssen. Wir wissen genau, dass unsere Anleger im Zweifel lieber Abstriche an ihren Renditevorstellungen hinzunehmen bereit sind, als in die Verlustzone geraten möchten. Die Erfahrungen mit den vergangenen Krisen haben bei vielen Anlegern deutliche Spuren hinterlassen. Die Devise lautet jetzt: Besser “nur” 3 % Rendite und sicher die schwarze Null halten, als deutlich über 5 % anzustreben und unter Umständen Verluste hinnehmen zu müssen. Beispiel aus der PraxisDer gemeinsam mit der Münchener-Rück-Stiftung entwickelte Absolute-Return-Ansatz in einem Meag-Publikumsfonds für private und institutionelle Anleger soll zur Illustration dieser immer öfter vorzufindenden Haltung unter Anlegern dienen. Stiftungen verlangen den Kapitalerhalt und setzen den möglichst berechenbaren und stabilen Ertrag eines Jahres für den Stiftungszweck ein. Stiftungen sind gewissermaßen der Idealtypus des wertkonservativen Investors und es spricht viel dafür, dass sich andere institutionelle, aber auch viele private Anleger dieser Chance-/Risiko-Einstellung immer stärker nähern. Die Meag arbeitet im Absolute-Return-Bereich mit einem Value-at-Risk-basierten Risikomodell. Jeder Anlageklasse wird hierbei ein spezifischer Risikobeitrag zum Gesamtportfolio zugeordnet. Das Risikobudget reagiert dabei dynamisch auf Marktentwicklungen. Es kann sich aufgrund der Positionierung des Portfoliomanagers vor dem Hintergrund von Marktentwicklungen im Laufe der Jahresfrist erhöhen, was mehr Spielräume schafft, bzw. verringern, was je nach Auslastungsgrad des Budgets Positionsrückführungen bedeutet. Die Summe der Einzelrisiken darf kumuliert den Gesamtrisikobetrag für die Jahresperiode zu keiner Zeit überschreiten. Das Risikomanagement ist rigoros und verlangt vom Portfoliomanager Disziplin. Eine Änderung der Risikolandschaft im Kapitalmarktumfeld kann den Fondsmanager vor schwierige Entscheidungen stellen. Er muss sich auch von Positionen trennen können, zu denen er noch ein starkes Vertrauen hat.Das Risikomanagement impliziert keine Kapitalgarantie, dient jedoch erheblich der Transparenz des Portfolios, vor allem im Hinblick auf die enthaltenen Marktrisiken und Korrelationen der Assetklassen zueinander. Es ist wichtig, die Beschränkungen von Managementansätzen zu kennen, um mit ihnen kompetent umgehen und diesen proaktiv begegnen zu können. Mit einem sorgfältigen und umsichtigen Managementansatz spüren wir Risiken auf, lernen sie täglich anders kennen und erkunden Möglichkeiten, mit Risiken positiv und produktiv im Sinne unserer Anleger umzugehen. Denn eines ist sicher: Risiken sind unsere Renditequellen und an Risiken wird es uns auch in der Zukunft nicht fehlen.—Thomas Kabisch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Meag