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Risikomanager und Fußballmuffel führt Helaba

Von Tobias Fischer, Frankfurt Börsen-Zeitung, 5.9.2020 Wenn es eines gibt, das den beruflichen Werdegang des neuen Helaba-Chefs Thomas Groß wie ein roter Faden durchzieht, dann ist es die Bewältigung von Risiken. In sämtlichen Stationen seines...

Risikomanager und Fußballmuffel führt Helaba

Von Tobias Fischer, FrankfurtWenn es eines gibt, das den beruflichen Werdegang des neuen Helaba-Chefs Thomas Groß wie ein roter Faden durchzieht, dann ist es die Bewältigung von Risiken. In sämtlichen Stationen seines Berufslebens, ob als Berater bei der Boston Consulting Group (BCG) oder als Vorstand in HVB und Bank Austria, in WestLB und schließlich Helaba betätigte sich der 55-Jährige als Risikomanager. Allein mit seinem Wechsel vom stellvertretenden Vorstandschef der Helaba und Chief Risk Officer (CRO) auf den Chefposten am 1. Juni ging die Verantwortung für Risikocontrolling und Credit Risk Management auf Detlef Hosemann über. “Auslandssemester in Baden”Dass Groß eine Bankkarriere hinlegt, war vor einem Vierteljahrhundert keineswegs absehbar. Zum Studium des Wirtschaftsingenieurwesens verschlug es den gebürtigen Schwaben aus Aalen am Rand der Schwäbischen Alb “ins Auslandssemester”, nach Baden an die TU Karlsruhe, wie er augenzwinkernd sagt. Ursprünglich habe er sogar mit Luft- und Raumfahrttechnik geliebäugelt.Den Berufseinstieg fand er 1992 als Berater bei BCG, anfangs auf der technologischen Seite, später dann mit Fokus auf Banken. Zwei Schwerpunkte habe er in der Zeit entwickelt, berichtet Groß: Firmenkundengeschäft und Risikomanagement. In den Jahren 2000 bis 2004 war er schließlich Partner und Geschäftsführer im BCG-Büro Frankfurt, von 2001 an auch Global Head of Risk Management. Unicredit-Station in MailandSeinem Wechsel von BCG zur HypoVereinsbank (HVB) folgte eine ihn sehr prägende Phase, wie er berichtet, bestimmt von der Übernahme der Bank durch die italienische Unicredit 2005. Anfangs war Groß als Bereichsleiter Kreditrisikocontrolling unter CRO Michael Kemmer tätig. In den beiden darauffolgenden Jahren fungierte er als Bereichsvorstand Risikocontrolling und übernahm 2006 zusätzlich die Funktion Head of Credit Risk Control der Unicredit Gruppe, die ihn nach Mailand führte.Von dort aus ging Groß nach Wien, um einen Vorstandsposten als Risikomanager bei der Bank Austria anzunehmen, die ebenfalls von Unicredit einverleibt wurde. 2008 habe er dann die Chance wahrgenommen, in den deutschen Bankenmarkt einzutreten, und unterschrieb, wie er sagt, kurz vor der Lehman-Pleite den Vertrag mit der WestLB. Als er zum Jahresende in Düsseldorf aufschlug, sei zwar klar gewesen, dass eine umfassende Neustrukturierung nötig werde, nicht aber eine Abwicklung. “Es war aus einer Vielzahl von Gründen, diplomatisch formuliert, eine spannende Zeit”, äußert sich Groß über die Jahre 2008 bis 2012, die den damaligen Risiko- und zuletzt zusätzlich Finanzvorstand viel zwischen Düsseldorf, Berlin und Brüssel pendeln ließ. Seinem Wechsel zur Landesbank nach Frankfurt im Herbst 2012 haftete der Vorwurf von Politikern und Medien an, er habe Insiderwissen weitergegeben, was Groß bestritt. Die Helaba hatte in jenem Jahr das Sparkassengeschäft der untergehenden WestLB übernommen, womit sie die Verbundbankfunktion nicht nur für die damals 50 Sparkassen in Hessen und Thüringen innehatte, sondern auch für 106 Sparkassen in Nordrhein-Westfalen und elf in Brandenburg. Seitdem fungiert die Helaba als Sparkassenzentralbank für Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg und somit für etwa 40 % der deutschen Sparkassen. Als Vorstand verantwortete Groß Cash- und erneut Risikomanagement, eine Konstellation, die es seiner Ansicht nach heute nicht mehr gibt. “Es war auch eine Chance, Zahlungsverkehr als hochattraktives Profit Center zu positionieren”, sagt er.Als zum 1. Oktober 2015 der 60-jährige Hans Herbert Grüntker den Vorstandsvorsitz der Landesbank von Hans-Dieter Brenner übernahm und gleichzeitig Groß zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden aufstieg, war spätestens absehbar, dass ihm als Kronprinzen in einigen Jahren höhere Weihen zuteil werden dürften. Seit Juni ist Groß nun als Vorstandschef verantwortlich für einen Konzern mit rund 6 000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von fast 230 Mrd. Euro. Hier hat er zuvorderst die Folgen von Corona zu managen, die Ausrichtung auf stärker provisionsgetriebenes Geschäft, den Abbau von knapp 400 Stellen im Zuge des Scope-Programms und die Digitalisierung samt Modernisierung des Kernbankensystems. All diese Herausforderungen würden angesichts der Aufgabe verblassen, die auf Groß zukäme, sollte tatsächlich die Verschmelzung mit der DekaBank zu einem Zentralinstitut der Sparkassen in seiner CEO-Zeit auf den Weg gebracht werden. Kochen, essen, abnehmenEine Auszeit vom Alltagsstress findet der verheiratete Vater von drei erwachsenen Kindern am ehesten beim gemeinsamen Kochen mit seiner Frau, beim Essen und bei einem guten Glas Wein, bekundete er einst – und präzisierte bei der Vorstellung seiner Agenda als Helaba-Chef am Donnerstag, dass er dem “Dreiklang aus gerne kochen, gerne essen und ab und an gerne abnehmen” fröne. Um Letzteres zu bewerkstelligen, ist Sport hilfreich, wobei Groß mit Fußball nichts zu schaffen hat, wie er bekennt. Am Ball bleibt er vielmehr beim Tischtennis.