Risikoorientierte Auswahl bei Unternehmensanleihen sehr wichtig

Sicherheit und Ertrag durch Nachhaltigkeitsratings gewährleisten

Risikoorientierte Auswahl bei Unternehmensanleihen sehr wichtig

Vor dem Hintergrund anhaltend niedriger Zinsen insbesondere bei den (bisher) als sicher geltenden Staatsanleihen haben viele institutionelle Investoren in den vergangenen Jahren nach Anlagealternativen gesucht. Vor allem Anleger, die wie Stiftungen und Versicherungen auf ein bestimmtes Anlageergebnis angewiesen sind, das mit Staatsanleihen nicht mehr zu erreichen ist, gleichzeitig aber risikoreichere Anlageklassen wie Aktien nicht oder nur bedingt einsetzen dürfen, haben dabei ihr Augenmerk neben Immobilien, Infrastrukturprojekten oder Erneuerbare-Energie-Anlagen verstärkt auf Unternehmensanleihen gelenkt. Emissionsvolumen steigtSo wundert es nicht, dass Unternehmensanleihen zu einem wichtigen Bestandteil der Kapitalanlagen nicht nur nachhaltigkeitsorientierter Anleger geworden sind. Ende 2013 wurden nach Berechnungen des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) in Deutschland 23 % der nachhaltigen Kapitalanlagen in Corporate Bonds investiert, in Österreich lag der Anteil sogar bei 50 %. Europaweit wurden nach Aussagen des europäischen Branchenverbandes Eurosif zum gleichen Zeitpunkt 21,3 % in Unternehmensanleihen investiert.Unter anderem diese erhöhte Nachfrage hat dazu geführt, dass das Emissionsvolumen bei Unternehmensanleihen, den Corporate Bonds, in den vergangenen Jahren gestiegen ist. So wurde 2012 in Europa bei Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating (IG) ein Volumen von 350 Mrd. Euro erreicht. Dabei haben auch Unternehmen diese Art der Finanzierung entdeckt, die unter Risikogesichtspunkten anders zu bewerten sind als die traditionell den Markt dominierenden Großunternehmen. Dies zeigt unter anderem eine Studie der Ratingagentur Scope. Ihr zufolge befand sich Ende Oktober 2013 jedes achte Papier am deutschen Markt für Mittelstandsanleihen im “Distressed”-Bereich. Scope vergibt dieses Urteil, wenn der Kurs einer Anleihe unter 65 % ihres Nennwertes liegt. Gleichzeitig waren am Markt einige Ausfälle zu verzeichnen. So mussten Anleger etwa bei den Anleihen von Rena Lange, Schneekoppe, Strenesse und der MS Deutschland empfindliche Verluste verbuchen. Ausfall kaum kompensierbarSolche Teil- oder Totalverluste sind für Anleiheinvestoren besonders kritisch, reicht doch oft schon eine “faule” Anleihe aus, um die Performance eines entsprechenden Portfolios massiv zu beeinträchtigen. Ein solcher Ausfall ist durch den Ertrag der anderen Anleihen kaum zu kompensieren. Insofern ist die risikoorientierte Emittenten- und Titelselektion im Anleihebereich von besonderer Bedeutung. In ihrer Corporate-Bonds-Studie ist die unabhängige Nachhaltigkeits-Ratingagentur Oekom Research der Frage nachgegangen, welchen Beitrag Nachhaltigkeitsratings, also die Bewertung von Unternehmen auf der Basis sozialer und ökologischer Kriterien, bei der Einschätzung von Chancen und Risiken von Corporate Bonds leisten können.Auf der Basis von umfassenden Regressionsanalysen hat sich dabei vor allem zweierlei gezeigt:1.Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsratings reduziert das Risiko von Teil- und Totalausfällen.2.Nachhaltigkeitsratings ermöglichen eine bessere Beurteilung der Angemessenheit von Credit Spreads bei Unternehmensanleihen. Höhere EigenkapitalquoteUnsere Analysen auf Basis der Unternehmensanalysen zeigen, dass eine bessere Nachhaltigkeitsperformance und damit ein besseres Nachhaltigkeitsrating mit einer höheren Eigenkapitalquote einhergehen. Unternehmen, die die von Oekom Research definierten Mindestanforderungen an die Nachhaltigkeitsleistungen erfüllen und daher mit dem Oekom-Prime-Status ausgezeichnet werden, weisen eine um rund 5 Prozentpunkte höhere Eigenkapitalquote auf als Unternehmen, deren Nachhaltigkeitsperformance den Anforderungen des Prime-Status nicht genügt. Anleger, die sich bei der Anlageentscheidung am Oekom-Prime-Status orientieren, halten damit Wertpapiere von Unternehmen mit einer überdurchschnittlich hohen Eigenkapitalquote in ihrem Portfolio. Die Eigenkapitalquote kann dabei als Indiz für die Fähigkeit der Unternehmen interpretiert werden, ihren Verpflichtungen aus der Emission von Corporate Bonds, also der Zahlung der vereinbarten Zinsen und der Rückzahlung des aufgenommenen Kapitals, nachkommen zu können.Der umgekehrte Zusammenhang konnte nicht gefunden werden. Ein solcher wird immer wieder konstruiert, wenn Skeptiker darauf verweisen, dass man sich als Unternehmen “Nachhaltigkeit leisten können muss”, dass also nur wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen über ausreichende Mittel verfügen, um ein umfassendes und systematisches Nachhaltigkeitsmanagement zu betreiben. Dieser Einschätzung stehen die empirischen Ergebnisse der Studie entgegen, die klare Hinweise darauf geben, dass die Chronologie “erst nachhaltig, dann erfolgreich” lautet und nicht umgekehrt. Auch Plausibilitätsüberlegungen unterstreichen diese Ergebnisse. Nur wer effizient mit Energie und Rohstoffen umgeht, die Mitarbeiter im eigenen Unternehmen und bei den Zulieferern fair behandelt sowie marktgerechte Produkte und Leistungen für die sich wandelnden Verbraucherbedürfnisse anbietet, kann auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Das Engagement für Umwelt und Gesellschaft ist damit nicht die Folge wirtschaftlichen Erfolges, sondern dessen Wurzel. Diese Erkenntnis ist sicherlich nicht nur für Anleger, sondern auch für die Nachhaltigkeitsmanager in den Unternehmen relevant. Zusammenfassend zeigt die Analyse deutlich, dass wirtschaftlicher Erfolg keine Voraussetzung für ein gutes Nachhaltigkeitsrating ist, ein solches Rating aber umgekehrt ein belastbarer Indikator für ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen ist.Zweites zentrales Ergebnis der Studie ist, dass Nachhaltigkeitsratings auch wichtige Hinweise für die Erklärung und Bewertung der Credit Spreads liefern. Hier zeigen die Analysen, dass Unternehmen mit einem überdurchschnittlich guten Nachhaltigkeitsrating einen niedrigeren Credit Spread aufweisen, von den Investoren also als weniger riskant angesehen werden. Die Beurteilung, welcher Preis bzw. welcher Risikoaufschlag (Credit Spread) für einen Corporate Bond angemessen ist, gewinnt deutlich an Präzision, wenn Nachhaltigkeitsaspekte in das Preismodell integriert werden. So lassen sich beispielsweise vermeintlich attraktive Bondpreise besser von tatsächlich günstigen Preisen unterscheiden. Der entsprechende Erklärungsbeitrag der Nachhaltigkeitsratings entfaltet sich dabei zusätzlich zu allen anderen Einflussfaktoren, insbesondere auch zum konventionellen Finanzrating.Investoren können also konkret auf zwei Mechanismen setzen, über die der Informationsvorsprung aus den Nachhaltigkeitsratings das Rendite-Risiko-Profil von Anlagen in Unternehmensanleihen verbessert. Der eine Mechanismus ergibt sich daraus, dass Unternehmen mit besserer Nachhaltigkeitsperformance ein geringeres Insolvenzrisiko aufweisen. Von einem auf Nachhaltigkeitskriterien aufgebauten Portfolio darf man daher erwarten, dass es langfristig weniger von Insolvenzen betroffen sein wird als ein konventionelles und daher über das Vermeiden von Verlustereignissen eine bessere Wertentwicklung erreichen wird.Der andere Mechanismus nutzt die Abhängigkeit des Credit Spreads vom Nachhaltigkeitsrating. Ein Beispiel: Eine Anleihe eines Unternehmens mit sehr guter Nachhaltigkeitsperformance mag für einen konventionellen Anleger einen angemessenen Credit Spread aufweisen, während der nachhaltige Investor erkennt, dass dieser Credit Spread die Nachhaltigkeitsperformance nicht berücksichtigt und daher zu hoch ist. Über kurz oder lang sollte der Markt dies korrigieren und der Credit Spread wird sinken, was gleichbedeutend ist mit einem steigenden Kurs. Solche Kursgewinne können nachhaltige Investoren erzielen bzw. entsprechende Kursverluste vermeiden.—Robert Häßler, CEO von Oekom Research