ROHSTOFFE

"Rohöl bietet größtes Potenzial"

Interview mit Jan Edelmann

"Rohöl bietet größtes Potenzial"

Herr Edelmann, der Rohstoffsektor hat sich im laufenden Jahr sehr uneinheitlich entwickelt. Wo bieten sich derzeit interessante Chancen für Anleger?Rohöl bietet in unseren Augen momentan das größte Potenzial innerhalb des Rohstoffsektors. Dies ist vor allem auf ein starkes Wachstum bei der Ölnachfrage, aber auch auf die Angebotskürzungen der Opec zurückzuführen, die wohl mindestens bis Ende März fortdauern werden. Es ist sogar wahrscheinlich, dass diese ein weiteres Mal verlängert werden. Mittlerweile sind die Fundamentaldaten sehr ordentlich und die Ölmärkte in einer deutlich besseren Verfassung als zu Jahresbeginn.Welche Bereiche innerhalb des Rohstoffsektors sollten Anleger aktuell eher meiden?Industriemetalle sind aus unserer Sicht gegenwärtig leicht überbewertet. Innerhalb des Rohstoffsektors haben diese in den vergangenen drei Monaten die beste Kursentwicklung hingelegt, insbesondere Kupfer und Nickel. Zwar hatten wir eine sehr positive Entwicklung erwartet, jedoch ging die Preisentwicklung über unsere Erwartungen und die der meisten anderen Marktteilnehmer hinaus. Zum Beispiel sehen wir einen Kupferpreis von 6200 Dollar je Tonne als fundamental gerechtfertigt an. Der Kupferpreis lag in der Spitze allerdings fast 700 Dollar über unseren Erwartungen. Nach einer Korrektur würden wir auch wieder Potenzial sehen, dann vor allem bei Kupfer, weil die Kupfernachfrage in den kommenden Jahren höher liegen dürfte als das Minenangebot.Was sind Ihre Erwartungen für den Ölpreis in der näheren Zukunft?Rohöl sehen wir in den kommenden Jahren durchschnittlich in einer Handelspanne zwischen 50 bis 55 US-Dollar/Barrel, wobei unterjährig der Preis auch unter 50 US-Dollar fallen dürfte, aber auch in Richtung 60 US-Dollar steigen könnte.Für die Nachfrage nach vielen Rohstoffen ist die konjunkturelle Lage in China ein Schlüsselfaktor. Sehen Sie dort Gefahren, etwa durch die hohe private Verschuldung?China ist sicherlich der Schlüsselmarkt für die Nachfrage nach Rohstoffen, insbesondere bei Industriemetallen. Die hohe chinesische Verschuldung ist natürlich ein Grund zur Sorge. Allerdings erwarte ich gegenwärtig nicht, dass dies in den nächsten zwei Jahren zu einem Problem bei der Rohstoffnachfrage werden dürfte, denn bereits Anfang 2016 hatte die chinesische Regierung einige Reformen eingeleitet, welche das Kreditrisiko in den chinesischen Bankbilanzen reduzierten. Diese Maßnahmen wirken mittelfristig entlastend, wovon die Rohstoffmärkte noch in den nächsten zwei Jahren profitieren werden. Langfristig dagegen erwarten wir, dass der Rückenwind für die Rohstoffnachfrage aus China abnehmen wird, bedingt aber vielmehr durch die Transformation der chinesischen Volkswirtschaft von einem investitionsgetriebenen in ein konsumgesteuertes Modell.Sind auch Agrarrohstoffe ein interessanter Sektor, oder sollten Privatanleger lieber die Finger davon lassen?Agrarrohstoffe haben sich in der Vergangenheit für Privatanleger nicht gerechnet – zumindest nicht für Investoren mit langfristigem Horizont. Für kurzfristige Spekulationen eignen sich Agrarrohstoffe dagegen eher. Fällt eine Ernte deutlich schlechter aus als erwartet, legt der Preis für das Produkt zu. Langfristig aber bieten Agrarrohstoffe Renditen, welche im Vergleich zu anderen Vermögensklassen unterdurchschnittlich sind. Möchte ein langfristig orientierter Anleger Agrarrohstoffe in seinem Depot halten, wäre es ratsam, einen breitgefassten Rohstoffindex, der Agrar-Futures berücksichtigt, zu kaufen.Jan Edelmann, Rohstoffanalyst HSH Nordbank