Rollinger fordert Wandel ohne Hektik

Chef der R+V Versicherung setzt auf offene Diskussionen über Nachhaltigkeit

Rollinger fordert Wandel ohne Hektik

tl Frankfurt – Das Kundenverhalten in der Assekuranz ändert sich nicht abrupt. Trotzdem muss sich die Branche nachhaltig wandeln, ohne in Hektik auszubrechen. Die Megatrends der Zukunft bieten der Versicherungswirtschaft riesige Chancen, betonte der Vorstandsvorsitzende der genossenschaftlichen R+V Versicherung, Norbert Rollinger beim Neujahrsempfang des Verbands der Assekuranzführungskräfte VGA.”Bei uns geht alles etwas langsamer”, sagte der R+V-Chef. “Disruptionen sehen wir in anderen Branchen, bei uns nicht.” Nach diesen beruhigenden Worten betonte er aber: “Wir müssen darauf achten, den Wandel schnell genug hinzubekommen.” Veränderungen in der Arbeitswelt – Stichwort New Work und flexibles Arbeiten – erforderten erhebliche Investitionen in die Bausubstanz. Unter dem Stichwort Urbanisierung sieht Rollinger ein Spannungsfeld zwischen den Städtern, die grünen Strom fordern und der Landbevölkerung, die keine Windräder im Taunus haben will. Für seine Branche stellte er die Frage, ob sie für die von der Bundesregierung erklärte Übergangszeit bis 2038 noch Kohlekraftwerke versichern sollte. Immerhin verdienten die Versicherer damit Geld. “Das müssen wir in der Belegschaft, aber auch in der Öffentlichkeit offen diskutieren. Alle Ziele haben ihre Berechtigung.”Rollinger warnte vor einem Ökopopulismus. “Es ist unrealistisch, Arbeitsplätze und Konsum kurzfristig CO2-frei zu machen.” Der Prozess des nachhaltigen Wandels müsse in demokratischen Bahnen vernünftig gelenkt werden. Ein abruptes Umsteuern könne zum Verlust von Millionen Arbeitsplätzen und im Extremfall zu Unruhen und Krieg führen. “Durch ein radikales Schrumpfen der Wirtschaft und auf Kosten von Menschenleben CO2 zu sparen, das kann doch nicht das Ziel sein.” Für die Versicherungswirtschaft macht Rollinger große Chancen aus, Stichwort Cyberversicherung oder Policen für Elektroautos und Biogasanlagen. Die traditionellen Geschäftsmodelle mit dem personalisierten Vertrieb sind für ihn nach wie vor Basis des Wachstums. “Diese Geschäftsmodelle müssen sich aber verändern.” Dazu könnten auch Start-ups beitragen, entweder indem Versicherer sie kopierten oder mit ihnen kooperierten. Die Kunden würden immer ungeduldiger und erwarteten, durch Amazon verwöhnt, immer kürzere Bearbeitungszeiten. Der R+V-Chef zeigte sich überzeugt: “Ohne uns wird Zukunft nicht stattfinden.” Sicherheit sei für die Neugestaltung der Zukunft hoch relevant. “Risiken abzusichern wird auch noch in 40 oder 50 Jahren wichtig sein.”