Rosenhochzeit
Vermählungen von Großbanken sind selten von Erfolg gekrönt. Das veranschaulichten Fusionen in der Vergangenheit unter deutscher Beteiligung. Man erinnere sich an die geplatzte Übernahme der Dresdner Bank durch die Deutsche Bank und den späteren Erwerb des “grünen” Frankfurter Geldhauses durch die Commerzbank, die mit den Folgen dieser Expansion immer noch zu kämpfen hat. Der Kauf der Hypo Alpe Adria war für die BayernLB ein Desaster.Im Gegensatz zu dieser gescheiterten bayerisch-österreichischen Bankenfusion entwickelte sich das Zusammenrücken der Unicredit mit der HypoVereinsbank (HVB) zu einer stabilen Beziehung. Zehn Jahre nach Beginn der italienisch-bayerischen Liaison – im Eheleben wird dieses Jubiläum Rosenhochzeit genannt – fällt die Zwischenbilanz für die Geschäftsbank aus Mailand recht passabel aus. Ohne das heute finanziell grundsolide Kreditinstitut aus München wäre Italiens größtes Geldhaus bislang nicht so gut durch die Finanzmarkt- und Schuldenkrise gesteuert. In den schwierigsten Phasen ihres Gesundungsprozesses erwies sich die einst als hässliche Braut übernommene HVB als wichtigste Stütze der Unicredit-Gruppe. Konzernchef Federico Ghizzoni kann daher von Glück reden, dass die zuletzt von einer tiefen Rezession der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone gebeutelte lombardische Großbank über eine stabile ausländische Tochtergesellschaft verfügt. Seit ihrer Übernahme durch die Unicredit im Jahr 2005 schüttete die HVB bisher insgesamt 8,5 Mrd. Euro an den Mutterkonzern aus. Das ist mehr als die Hälfte des damaligen Kaufpreises von 16 Mrd. Euro.Die Schecks aus der bayerischen Landeshauptstadt sind in Mailand sehr willkommen, steckt doch die Unicredit nach den Milliardenverlusten 2011 (9,2 Mrd. Euro) und 2013 (14 Mrd. Euro) in einem Umbau, der aber zunehmend Früchte trägt. Die Aufräumarbeiten in Verbindung mit einem Schrumpfungsprozess kamen nach einer Kapitalerhöhung vor dreieinhalb Jahren, die fast 8 Mrd. Euro in die Konzernkasse spülte, in Gang. Dennoch dürfte nach Einschätzung von Analysten der Konzernüberschuss im laufenden Jahr bei 2,2 Mrd. Euro in etwa stagnieren. Wie bei anderen Banken auch hinterlässt das Zinstief infolge der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank tiefe Spuren in der Erfolgsrechnung. Hinzu kommt, dass das bei der HVB angesiedelte Investment Banking der Gruppe nicht mehr so hohe Erträge abwirft wie in den Jahren zuvor.Die Königsdisziplin des Bankgeschäfts steckt wegen einer gedämpften Nachfrage in einer Ertragskrise. Erweist sich das als eine nicht nur vorübergehende Phase, sondern als Trend, stände HVB-Chef Theodor Weimer zunehmend unter Handlungsdruck, auch in diesem Bereich gegenzusteuern. Im Retail- und Privatkundengeschäft musste Ghizzonis deutscher Statthalter bereits Einschnitte vornehmen, stellt doch die zunehmende Digitalisierung der Geschäftsabläufe auch im Vertriebsbereich die Kreditinstitute vor tiefgreifende Herausforderungen. Um die Profit abwerfenden Bestandskunden bei der Stange zu halten und zugleich das Neugeschäft anzukurbeln, dünnt die HVB ihr Filialnetz radikal aus, wodurch rund 1 300 Arbeitsplätze wegfallen, und modernisiert zugleich die übrig bleibenden Standorte.Ob sich dieses Wagnis für die HVB auf der Dauerbaustelle Massenkundengeschäft auszahlt, wird erst die Zukunft erweisen. Klar ist aber, dass Weimer die Zeichen der Zeit erkannt hat und handelt, um die Marktposition der HVB zu verteidigen. Gegenüber Wettbewerbern arbeiten sich die Münchner immerhin einen Vorsprung heraus, stehen doch solche Einschnitte anderen Geldhäusern wie etwa der Commerzbank womöglich erst noch bevor.Infolge erodierender Margen im Kerngeschäft fallen jedoch die Gewinne bei der HVB künftig nicht mehr so üppig aus wie in der Vergangenheit. Mit dem tendenziell schrumpfenden Anteil des Geldhauses am Konzernergebnis – 2014 steuerte die HVB noch zwei Fünftel bei – verschieben sich auch die Kräfteverhältnisse innerhalb des Gruppe. Die HVB hat künftig nicht mehr das Standing wie in den Jahren zuvor. Auf dieser Basis aber zu spekulieren, dass die Unicredit sich von ihrer deutschen Einheit trennen könnte, wie es wiederholt an der Mailänder Börse geschieht, führt in die Irre. Andernfalls hätte die Unicredit kein Bein mehr im größten Land der Währungsunion, dessen Konjunktur gut läuft. Ein strategischer Fehler dieser Tragweite würde den Konzern gegenüber seiner europäischen Konkurrenz dauerhaft zurückwerfen. Das kann sich Ghizzoni nicht leisten.——–Von Stefan KroneckDie Übernahme der HVB vor 10 Jahren erwies sich für die Unicredit als richtig. Im Konzern verschieben sich aber die Kräfteverhältnisse.——-