Ruf nach europäischer Lösung im Zahlungsverkehr

Bundesbank warnt vor Abhängigkeit von Internetkonzernen - 2020 soll Jahr für Weichenstellungen sein

Ruf nach europäischer Lösung im Zahlungsverkehr

ste Hamburg – Die Bundesbank dringt auf die Weiterentwicklung der Zahlungsverkehrssysteme in Deutschland und Europa, um der wachsenden Marktmacht von Internetkonzernen zu begegnen. 2020 sei ein wichtiges Jahr, um die Weichen für eine europäische Lösung im Zahlungsverkehr zu stellen”, erklärte Vorstandsmitglied Burkhard Balz beim Jahresempfang der Bundesbank-Hauptverwaltung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.Seine Rede vor Vertretern aus Finanzwirtschaft und Politik nutzte der ehemalige EU-Parlamentarier, der seit September 2018 im Vorstand der Bundesbank für die Ressorts Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme zuständig ist, dazu, für die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Alternative im Zahlungsverkehr zu werben. Eine europäische Lösung sei ein wesentlicher Bestandteil des europäischen Binnenmarktes, unterstrich Balz drei Tage nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU. Sie verspreche zudem, im globalen Wettbewerb der Zahlungsverkehrsdienste erfolgreicher zu sein, als es die nationalen Zahlungslösungen jemals sein könnten.Für europäische Bezahllösungen tritt die Bundesbank schon seit längerem ein. Im Juni vergangenen Jahres etwa hatte sie sich in ihrem Monatsbericht für mehr gemeinsame Anstrengungen der Finanzwirtschaft ausgesprochen, um nicht von internationalen Anbietern abgehängt zu werden (vgl. BZ vom 18.6.2019).Digitales Bezahlen am heimischen Computer oder mit dem Smartphone nehme stetig zu, konstatierte Balz nun. Big Techs wie Alibaba, Google oder Amazon sei es gelungen, auf die Wünsche ihrer Kunden nach mehr Bequemlichkeit bei der Zahlung ihrer Online-Einkäufe zu reagieren. Stück für Stück hätten sie digitale Zahlungsdienste in ihre Plattformen integriert. Die Marktmacht dieser Internetplattformen, die von Netzwerk-, Skalen- und Verbundeffekten profitierten, nehme zu. “Für Kunden weltweit könnte das bedeuten, bei der Abwicklung ihrer Zahlungen von wenigen oder gar einem einzigen Internetkonzern abhängig zu werden”, so Balz.Zugleich zeigte sich das Bundesbank-Vorstandsmitglied aber zuversichtlich, dass es in diesem Jahr bei der Weiterentwicklung der Zahlungsverkehrssysteme Fortschritte geben werde. “Ich sehe gute Ansätze sowohl in der deutschen Finanzindustrie als auch auf europäischer Ebene.” Nähere Angaben machte er gestern, kurz nach Bekanntwerden der Milliardenfusion der beiden französischen Zahlungsdiensteanbieter Worldline und Ingenico, nicht (vgl. Bericht auf dieser Seite).Balz unterstrich, auch in Anbetracht der Herausforderung durch Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit stehe fest, dass die Sicherung der Preisstabilität vorrangiges Ziel der europäischen Geldpolitik bleibe. Dies sei in den Europäischen Verträgen verankert. Mit Blick auf die Folgen des Klimawandels sagte Balz, die Bundesbank könne, ohne ihr Kernmandat aus dem Blick zu verlieren, eine begleitende Rolle spielen. So könne sie die öffentliche Hand dabei unterstützen, Vermögen nachhaltig anzulegen. Auf europäischer oder internationaler Ebene könne sie zudem mit darüber beraten, wie der Beitrag des Finanzsystems gestärkt werden könne, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.Bei dem Empfang der Bundesbank rief Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank, die Finanzwirtschaft auf, sich “kraftvoller und vehementer für einen nachhaltigen Weg des Green Deals” zu entscheiden. Nur wenn Kapitalströme entschlossen und in wachsender Geschwindigkeit umgesteuert würden, könnten die epochalen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen bewältigt werden. Mit Blick auf Herausforderungen wie durch die Digitalisierung sowie auf Folgen der Finanzmarktkrise wie den Ansehensverlust von Bankern, Managern und Unternehmern in der Öffentlichkeit forderte der Volksbankchef die Finanzwirtschaft zu mehr Unternehmertum und gesellschaftlicher Verantwortung auf.