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Russland-Sanktionen sind „keine flächendeckende Gefahr“

Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma sieht durch die westlichen Sanktionen gegen Russland „keine flächendeckende Gefahr für den Schweizer Finanzmarkt“.

Russland-Sanktionen sind „keine flächendeckende Gefahr“

dz Zürich

Das strenge Sanktionsregime westlicher Staaten gegen Russland stelle „keine flächendeckende Gefahr für den Schweizer Finanzmarkt“ dar, sagte Urban Angehrn, Direktor der Finanzmarktaufsicht (Finma) anlässlich der Jahresmedienkonferenz seiner Behörde in Bern. Doch der Finma-Chef machte ebenso klar, dass die Russland-Risiken unter den in der Schweiz tätigen Banken sehr ungleich verteilt sind.

„Punktuell stärker exponiert“

„Tatsächlich sind einige Finanzinstitute punktuell im Zusammenhang mit dem Konflikt stärker exponiert“, sagte der frühere Investmentchef der Zurich Versicherung, der im November bei der Finma die Nachfolge des BaFin-Präsidenten Mark Branson angetreten hat. Er konstatierte „vielfältige“ und für einzelne Banken sogar „akzentuierte“ Risiken. Namen nannte Angehrn keine. Die Finma hat vor einem Monat die Sberbank Schweiz, einen Ableger der größten russischen Bank unter Gläubigerschutz gestellt.

Mit einer Bilanzsumme von 2,13 Mrd. sfr (per Ende 2020) scheint die Sberbank Schweiz in der Tat ein gut beherrschbares Risiko zu sein. Die kleinste der 24 staatlich be­herrsch­ten Schweizer Kantonalbanken ist nach der Bilanzsumme doppelt so groß wie das russische Institut.

Nebst den direkten finanziellen Risiken, die sich aus offenen Geschäften mit russischen Gegenparteien ergeben, lauern andere, nicht unbedingt geringere, Gefahren auf die Schweizer Finanzinstitute. So stellen Fehler in der Umsetzung der internationalen Sanktionspolitik gegen Russland ein hohes Risiko dar. Grund dafür sind nicht nur die hohen Strafen, die fehlbare Institute von Aufsichts- und Justizbehörden aufgebrummt bekämen. Viel größer ist die Gefahr, im Markt als schwarzes Schaf abgestempelt und von den Mitbewerbern zum Selbstschutz gemieden zu werden. Eine derartige Ausgrenzung kann eine Bank schnell in den Untergang führen. Laut Angehrn nehmen die Banken das Thema Sanktionen „sehr ernst“. Deren Umfang und Komplexität haben aber „stark zugenommen“. Nicht unerwähnt ließ der Finma-Direktor auch die erhöhte Gefahr von Cyberangriffen auf die lebenswichtigen IT-Systeme von Finanzinstituten.

Zum Umfang blockierter oder auch bloß meldepflichtiger russischer Vermögenswerte, die bei Schweizer Banken liegen, machte der Aufseher keine Angaben. Als beste Schätzung bleiben somit die 150 Mrd. bis 200 Mrd. sfr im Raum, die vor drei Wochen Bankierpräsident Marcel Rohner abgegeben hatte.

Das Russland-Geschäft mag für die Schweizer Banken absolut gesehen überschaubar sein. Doch haben sie über Nacht einen Wachstumsmarkt verloren. Und dies zu einer Zeit, in der auch der heiß gelaufene Schweizer Immobilienmarkt und andere Ge­schäftsfelder wenig Raum zum Ausgleich bieten. Zudem werden die Banken im Rahmen des verschärften Kapital- und Liquiditätsstandards Basel III auch in der Schweiz zusätzliche Sicherheitspuffer anlegen müssen. Die entsprechenden Anpassungen sollen noch im laufenden Jahr in die Anhörung gehen, betonte Finma-Verwaltungsratspräsidentin Mar­lene Amstad.

„Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, wie gut wir daran tun, uns nicht nur auf schönes Wetter, sondern auch auf unvorhergesehene Krisensituationen vorzubereiten“, sagte die Wirtschaftsprofessorin, die ihre vermutete Kandidatur für den im Juli frei werdenden Sitz im dreiköpfigen Direktorium der Nationalbank nicht kommentieren wollte.

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