SCHATTENBANKEN

Sack und Esel

Wenn eine Interessenvertretung von Finanzmarktakteuren wie der Bundesverband deutscher Banken (BdB) fünf Jahre nach Beginn der Krise vor regulatorischen Schnellschüssen warnt, wirkt das im ersten Moment unfreiwillig komisch. Dass noch eine halbe...

Sack und Esel

Wenn eine Interessenvertretung von Finanzmarktakteuren wie der Bundesverband deutscher Banken (BdB) fünf Jahre nach Beginn der Krise vor regulatorischen Schnellschüssen warnt, wirkt das im ersten Moment unfreiwillig komisch. Dass noch eine halbe Dekade nach dem Desaster der IKB, mit dem die Finanzkrise in Deutschland ankam, Bedarf an effektiver Regulierung etwa in Sachen Schattenbanken besteht – was auch der BdB nicht bestreitet -, scheint eher dafür zu sprechen, dass Politik und Aufseher die Langsamkeit entdeckt haben.Dennoch sind die Petita der privaten Banken nachvollziehbar, zumal die Diskussion mit Blick auf die zu erwartenden Regulierungsvorschläge des Financial Stability Board (FSB) rasch an Dynamik gewinnen dürfte. Das Positionspapier ist schon deshalb zu begrüßen, weil Krethi und Plethi über Schattenbanken reden, ohne zu wissen, was das ist. Natürlich haben die Banken aber vor allem ein starkes Eigeninteresse, sich hier beizeiten zu positionieren, liegt doch der Verdacht nahe, dass die Politik den Sack “Schattenbanken” schlägt, aber den Esel “Banken” meint. Nun werden viele sagen, da träfe es ja nicht die Falschen, aber bleiben wir sachlich.Wer auf eine Liste von Akteuren oder Finanzprodukten gewartet hat, die von A bis Z aufführt, was unter “Schattenbanksystem” zu subsumieren ist, der wird auch vom Bankenverband enttäuscht – eine solche Liste gibt es nicht. Umso weniger, als internationale Kompatibilität vonnöten ist. Aber was ist z. B. Immobilienfinanzierung? In Europa in aller Regel Bankgeschäft. Derweil werden die großen US-Hypothekenfinanzierer Fannie und Freddie dem Schattenbankensektor zugerechnet.Überzeugende Antworten auf dieses regulatorische Dilemma hat auch der BdB nicht parat. Sein Papier ist dennoch ein wichtiger Beitrag zur Versachlichung der Debatte. Etwa indem es bewusst macht, dass vieles von dem, was der Stammtisch als unbeaufsichtigtes und anrüchiges Geschäft deutet, längst weitgehend reguliert ist, so etwa die am Übergang von Licht zu Schatten anzusiedelnden Verbriefungen. Vernünftig erscheint angesichts der Abgrenzungsproblematik der Vorschlag des BdB, mit der Regulierung, soweit sie noch aussteht, eher bei den Aktivitäten (bzw. Produkten) als bei den Akteuren anzusetzen. Unstrittig sollte zwischen Regulierern und Regulierten der Grundsatz “Gleiches Risiko, gleiche Regeln” sein. Ein frommer Wunsch muss dagegen der Ruf nach globaler Angleichung der Regeln bleiben. Unter dieser Prämisse würde erfahrungsgemäß nicht per Schnellschuss, sondern am Sankt-Nimmerleins-Tag reguliert.