S&P erwartet mehr Kreditausfälle in Europa
Reuters Frankfurt – Die Ratingagentur S&P rechnet in Europa wegen der Coronakrise mit einer Vervierfachung der Kreditausfälle bei Anleihen mit niedriger Bonität. Bis Dezember 2020 werde die Ausfallquote bei Ramschanleihen auf 8 % hochschnellen, sagten die Bonitätswächter von Standard & Poor’s (S&P) am Dienstag voraus. Ende Dezember habe sie in Europa lediglich 2,2 % betragen. In einem noch pessimistischeren Szenario rechnet S&P mit einem Anstieg der Rate auf 11 %. Bei der Ratingagentur haben Schuldtitel mit einer Bonitätsnote von “BB+” oder niedriger Ramschstatus und gelten damit als spekulativ. Tief im Non-Investment-GradeS&P geht davon aus, dass aufgrund der Maßnahmen der Regierungen zur Eindämmung des Coronavirus die Wirtschaft erheblich schrumpfen wird. Durch die Rezession in Europa drohten den Unternehmen eine Liquiditätsklemme und fallende Gewinne, warnen die Ratingspezialisten. Mehr als ein Fünftel aller Unternehmen mit einer Bonitätsnote im Ramschbereich weise derzeit sehr schwache Ratings von “B-” oder noch niedriger auf. Das sei so schlecht wie noch nie. Pleitebranche Öl und GasAls besonders stark betroffene Branche machen die Bonitätswächter den Öl- und Gassektor aus. Denn der Stillstand der Wirtschaft aufgrund der Viruskrise drückt die Ölnachfrage, zudem belastet der Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Rohölsorte Brent ist zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit 2002 gefallen.Das bedroht vor allem die Schiefergasindustrie in den USA, die in den vergangenen Jahren den Markt mit dem Rohstoff geflutet hat. Präsident Donald Trump hat bislang Forderungen nach staatlichen Hilfen für die Gas- und Ölproduzenten abgewehrt. In Texas bemühen sich große Fördergesellschaften nun um eine Kürzung des Outputs um 10 bis 20 %, was die internationale Diskussion um Förderkürzungen stimulieren soll.