Savedroid ist ein Fintech mit E-Commerce-Touch
Von Björn Godenrath, FrankfurtYassin Hankir ist in Frankfurts entstehender Fintech-Szene bekannt wie ein bunter Hund. An der Goethe-Universität fand er sich 2003 mit zwei Kommilitonen zusammen und gründete mit den beiden zusammen zehn Jahre später den Robo-Advisor Vaamo, bei dem er sich vergangenes Jahr verabschiedete, um mit der Spar-App Savedroid sein nächstes Start-up anzuschieben. Vor seiner Gründerzeit war er als Berater für McKinsey unterwegs, unter anderem in Singapur. In der Mainmetropole ist er seit seiner Rückkehr beim Aufbau des Ökosystems für Gründer aktiv, hat unter anderem mitgeholfen, das Veranstaltungsformat “Fintech MeetUp” aufzuziehen und ist als umtriebiger Zeitgenosse eines der Aushängeschilder der Branche. Unterschlupf in BornheimSeit dem Frühjahr ist Hankir mit seinem Unternehmen im Fintech-Zentrum der Deutschen Börse zu Hause, die vier Jungunternehmen im Frankfurter Stadtteil Bornheim unweit der Einkaufsmeile Berger Straße Unterschlupf gewährt und die grundlegende Infrastruktur bereitstellt – bis zum Jahresende sogar kostenlos. Das Savedroid-Team – 14 Mitarbeiter und zwei Bürohunde mit den offiziellen Funktionen “Nap Time Coordinator” und “Chief Pet Officer” gehören dazu – fühlt sich wohl dort. Sechs weitere Stellen sind derzeit ausgeschrieben. Auf Büroschlaf dürfen aber bestenfalls die Vierbeiner hoffen, hat Savedroid mit Aufnahme der ersten Million an Wagniskapital – Seed-Finanzierung heißt das im Branchenjargon – doch Fahrt aufgenommen. Die App ist vor zwei Wochen freigeschaltet worden und kann kostenfrei im GooglePlay-Store bezogen werden. Die iOS-Version kommt im November, der für die Entwicklung zuständige Software-Ingenieur wurde gerade eingestellt.Die App selbst will den Nutzer zum Sparen verführen, indem alltägliches Verhalten über Wenn-Dann-Regeln in automatisiertes Geldbeiseitelegen mündet. Wer also seinen Drang zum Online-Shopping nur schwer kontrollieren kann, der legt fest, dass bei jedem rechtskräftigen Einkauf ein bestimmter Teil des Warenwertes auf das mit der App verbundene Sparkonto überwiesen wird. Oder wer einen Anreiz zum Sport braucht, der kann sich für eine solche auf der App definierte Tätigkeit mit einem gewissen Betrag belohnen, um auf ein bestimmtes Ziel hinzusparen. Yassin Hankir will Tauchen in Malaysia, die Sparregeln hat er “Smooves” getauft, also Smart Moves.Das ist eine Sprache, die vor allem bei einer jüngeren Klientel verfangen kann und der ein gewisses Marketingpotenzial inhärent ist. Das braucht es auch, kann die Sache doch nur fliegen, wenn Savedroid richtig viele Kunden gewinnt. Das Unternehmen brauche “eine große Datenmenge zum Geldverdienen”, gibt der 35-Jährige freimütig zu. Big Data lautet das Stichwort, das im Zusammenhang mit Savedroid bereits kontrovers diskutiert wird. Denn die App greift mächtig Daten ab, werden doch Schnittstellen und damit Zugriffsrechte auf das Girokonto und andere Apps benötigt, um zum einen das Ansparen zu ermöglichen. Die Lastschrift auf dem Konto ist der Trigger für die Analyse über eine standardisierte Schnittstelle – das dürfte mit den Vorschriften der Zahlungsverkehrsrichtlinie PSD2 so richtig zur Blüte reifen. Zum anderen soll die App Daten des Smartphones (Verhaltensdaten) nutzen und mit den Kontodaten kombinieren. Marge für Shop-VermittlungDarüber hinaus soll das Lancieren von Shopping-Angeboten durch Savedroid ermöglicht werden, wenn die Sparziele in Reichweite kommen. Dafür baut Savedroid eine Verbindung zu Partnershops über sogenannte Affiliate-Plattformen wie Xanox und Affilinet auf, die gestaffelt nach Warengruppen Vermittlungsprovisionen zahlen: Bei Technik sind Margen von 2 bis 3 % des Verkaufspreises üblich, bei Möbeln sind auch bis zu 20 % drin. Und wer nicht Apple oder Ikea heißt, der beteiligt sich als Händler im E-Commerce an Affiliate-Programmen – Amazon und Ebay haben ihre eigenen Plattformen.Für Savedroid bedeutet dies, dass je größer die Einkaufsmacht ist, desto besser die Konditionen sind, an denen man die Nutzer “fair” beteiligen will – auf dieses Versprechen werden die App-Sparer das Unternehmen sicher festnageln. Überhaupt ist die Macht der Nutzer das kontrollierende Element in diesem Big-Data-Play. Es bestehe “kein Raum für Quatschangebote”, sagt Hankir. Denn die Erfahrung lehrt, dass Nutzer in den sozialen Netzwerken als schnelles Korrektiv wirken, wenn ein Unternehmen Schindluder mit dem Markenversprechen betreibt – deshalb scheut ja auch der eine oder andere den Schritt in die unmittelbare Interaktion mit dem Verbraucher. Beratung in der AppHankir jedenfalls ist einer, der Spaß hat am Dialog mit Kunden, er will “Lösungen für das echte Leben finden”. Und da in ihm das Herz eines promovierten Volkswirtes schlägt, der mit Schaudern an die absehbare Altersvorsorgelücke der breiten Bevölkerung denkt, hat er eine anhaltende Zuneigung für das Thema Sparen entwickelt. Und dafür soll sich Savedroid in einem zweiten Schritt zu einer Art persönlicher Finanzberater entwickeln. “Wir wollen perspektivisch eine Gelddienstleistung schaffen, die es heute so noch nicht gibt: Den alltagstauglichen KI-Finanzberater.” KI, das steht für künstliche Intelligenz, dafür werden Daten gesammelt und mit Algorithmen schlau gemacht. “Schlüssel für das Banking ist es, aus der Datenanalyse einen Zusatznutzen für Kunden zu kreieren: sprich Kontodaten und Verhaltensdaten zu kombinieren.”Das wären dann Dinge, die sich zum Beispiel aus der Ortung des Smartphones ergeben, wie man es von Google Maps kennt. Hankir versichert, Savedroid werde nur situativ relevante Angebote unterbreiten, frei nach dem Motto “werthaltige Infos und kein Spam”.Nach dem Modell von Diensten wie Idealo und Check24 könne man dann Geld verdienen als Vergleichsplattform, weil man sagen könne, ob für den Handyvertrag zu viel bezahlt werde. “Wir sind kein Fintech, das Marge mit Finanzprodukten verdienen will. Denn in Banking und Finanzdienstleistungen sind die Margen allgemein zu niedrig”, erklärt Hankir den strategischen Hintergrund für die Savedroid-Gründung. Über Konsum zum Sparen”Im Massenmarkt ist das Sparvolumen gering, aber der Konsum groß. Deshalb lässt sich dort besser eine Marge erzielen.” Hankir glaubt, dass viele Fintechs noch Probleme bekommen werden, weil viele Finanzprodukte für Nutzer unattraktiv seien und obendrein schlecht vergütet würden – sein eigener Schwenk untermauert diese Überzeugung. Mit seinem Geschäftsmodell orientiert er sich jedenfalls am typischen US-Ansatz, erst einmal viele Nutzer zu gewinnen und dann daraus Umsatz zu ziehen.Für viele deutsche Venture-Capital-Gesellschaften (VC) ist er damit nach eigener Einschätzung uninteressant – mit der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) hatte sich neben Business Angels eine deutsche Förderbank an der Seed-Finanzierung beteiligt. Serie-A im HerbstDie Mittel daraus reichen vielleicht ein Jahr, schätzt Hankir. Im Oktober werde er eine neue Runde einläuten, die als Serie-A “deutlich mehr Kapital” einbringen soll für einen größeren Schritt, kündigt er an. Dabei lässt er eine Präferenz für ausländische VC-Investoren erkennen. Dort würde das Geschäftsmodell besser ankommen, asiatische Investoren kann er sich gut vorstellen.Die Spargelder lagern voll einlagengesichert bei der Wirecard Bank, die Zahlungsvorgänge werden für Savedroid über ein E-Geld-Konto abwickelt. Zinsen gibt es keine für die Spargelder. In dem Punkt ist Savedroid leider so langweilig wie alle anderen im Depositengeschäft.