"Schaffung von Händler-Akzeptanz entscheidend"
Die European Mobile Payment Association (EMPSA) schafft Standards fürs Bezahlen mit Smartphones. Zahlungsverkehrs-Experte Oliver Hommel von Accenture zeigt auf, worauf es ankommt. Herr Hommel, die Bundesbank plädiert für ein europäisch grenzüberschreitendes Zahlungssystem. Kann die neue Initiative EMPSA das leisten?Zahlungsverkehr ist ein Netzwerkgeschäft. Am Ende braucht es viele Kunden, die das Zahlverfahren nutzen und viele Händler, die das Verfahren akzeptieren. In den letzten Jahren ist es kaum einem neuen Anbieter gelungen, hier europaweit Relevanz zu erzielen. Es dominieren nach wie vor die Kartenzahlverfahren, wie Girocard in Deutschland und die weltweiten Systeme von Mastercard und Visa. Nicht zuletzt greifen auch Mobile-Payment-Plattformen wie Apple Pay und Google Pay auf diese Infrastrukturen und die dafür vorhandene Akzeptanzinfrastruktur zurück. Einzelne Partner in der neuen Allianz, wie Swish und Mobile Pay, haben sich in ihren nationalen Märkten sehr erfolgreich entwickelt, weil sie den Kunden eine gute mobile Zahlungsanwendung auf der Basis von Instant Payments anbieten und sich auf einen Konsens der Banken in ihrem Markt stützen konnten. Allerdings ist eine Durchdringung in diesen Märkten deutlich einfacher als in einem gesamteuropäischen Umfeld. Die Herausforderung, europaweit Banken, Konsumenten und Händler zu überzeugen, stellt die größte Hürde für die neue Allianz da. Es fällt auf, dass weder deutsche noch französische Banken daran beteiligt sind. Haben die selbst eine bessere Lösung auf Basis von Instant Payment in Arbeit oder wäre es sinnvoll für sie, bei EMPSA anzudocken?Wir sehen in diesen Ländern, dass die Banken zunächst mit Lösungen in den Markt gehen, die die Akzeptanznetzwerke der kartengestützten Systeme nutzen. Entweder innerhalb einer Kooperation mit Apple und Google oder aber (für Android-Geräte) mit eigenen Mobile Wallets. Dabei setzt man mehr auf die kontaktlose Akzeptanz am Point-of-Sale über NFC, weil die Erfahrung zeigt, dass Tap&Go die höchste Akzeptanz bei Kunden findet und auf ein bereits gelerntes Verhalten beim Einsatz von Kartenzahlungen aufbauen kann. In den meisten Ländern konnten Verfahren auf Basis von QR-Codes den Durchbruch noch nicht erzielen. Die Nutzung von Instant Payments anstelle der Kartensysteme spielt für die Zukunft sicherlich eine größere Rolle für mobile Zahlverfahren. Ist das, was EMPSA da als Konkurrenz für Apple Pay entwickelt, geeignet, um bei Händlern auf Akzeptanz zu stoßen?Die Schaffung einer breiten Händler-Akzeptanz ist die größte Herausforderung für ein neues Verfahren. Ein neues Verfahren muss viele Kriterien erfüllen, damit es sich am Point-of-Sale durchsetzt. Damit Händler ein solches Verfahren in großem Stil einsetzen, muss die Performance im Check-out-Prozess stimmen, der Preis sich auf dem Niveau heutiger Zahlverfahren bewegen und erkennbar sein, dass das Verfahren geeignet ist, von vielen Kunden oder zumindest besonders interessanten Kundengruppen genutzt zu werden. Die Erfahrung zeigt, dass dies nur wenigen Verfahren nachhaltig gelingt. Wenn wir das richtig verstehen, dann würde auch nicht die virtuelle Kreditkarte hinterlegt und direkt übers Konto gebucht …Die Partner in der Allianz sind hier noch sehr unterschiedlich aufgestellt. In der Regel wird aber kein Kartenverfahren genutzt, sondern die Zahlung setzt direkt am Konto an – mal in Form einer Lastschrift, mal über Instant Payments. Da das Smartphone eine Penetrationsrate von 76 % in Deutschland erreicht hat, dürfen die deutschen Banken keine Zeit mehr verlieren, ihre Rolle im Zahlungsverkehr zu verteidigen. Oder ist der Zug schon abgefahren?Derzeit scheint es so, dass die Banken und Sparkassen in Deutschland sich zunächst an Konzepte halten, die sich bereits in anderen Ländern als erfolgreich erwiesen haben. Daher sehen wir hier viele Kooperationen mit Apple oder Google, aber auch eigene NFC-Programme, wie zum Beispiel bei den Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und der Deutschen Bank. Wie bekannt geworden ist, arbeitet man zusätzlich daran, die verschiedenen Zahlverfahren der deutschen Kreditwirtschaft im Rahmen von X-Pay neu zu ordnen und zu modernisieren. Die Notwendigkeit hier gemeinsam zu handeln, ist offensichtlich erkannt worden. Allerdings muss dies schnell erfolgen, wenn man bei der Weiterentwicklung einen echten Fokus auf den Nutzen für Kunden und Händler legen möchte – auch durch entsprechende Zusatzdienste rund um das Payment herum. Dieser Aspekt wurde leider in der Vergangenheit zu oft vernachlässigt. Die Fragen stellte Björn Godenrath.