Schattenbanken als "Weiße Ritter"

Wissenschaftler Rudolph spricht sich gegen einheitliche Regulierung aus - Furcht vor Ausweichbewegungen

Schattenbanken als "Weiße Ritter"

ssc Frankfurt – Gegen Vorstöße, Schattenbanken ähnlich zu regulieren wie klassische Kreditinstitute, spricht sich der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Rudolph aus. Wenn Investoren außerhalb des Bankensektors die gleichen Vorgaben erfüllen müssten wie dieser, fielen potenzielle “Weiße Ritter” in Krisensituationen weg, warnte Rudolph, bis 2011 Vorstand des Instituts für Kapitalmarktforschung und Finanzierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, auf einem Symposium des Deutschen Aktieninstituts (DAI) in Frankfurt. Rudolph ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des DAI.Wenn Schocks etwa am Immobilienmarkt aufträten, müssten alle analog zu den Banken regulierten Marktteilnehmer ähnlich reagieren und beispielsweise die gleichen Vermögenswerte abbauen, argumentiert er. Risikobereite Investoren, etwa Hedgefonds, würden aber in einem solchen Szenario als Käufer dringend benötigt, da ansonsten nur noch Zentralbanken oder andere öffentliche Institutionen einspringen könnten.Gefährlich wäre nach Rudolphs Worten auch eine zu formale Definition des Schattenbankensektors, wie sie die Europäische Union (EU) in ihrem jüngst veröffentlichten Grünbuch vorsieht. In dem Papier von März 2012 werden explizit Geldmarkt- und Investmentfonds, Verbriefungs-Zweckgesellschaften, Finanzierungsgesellschaften, Versicherer und Zweckgesellschaften als potenzielle Schattenbanken aufgeführt. Ferner werden das Verbriefungs- und das Repogeschäft als möglicherweise problematische Aktivitäten genannt. Einfallsreiche AkteureNach Rudolphs Worten greift ein solcher Regulierungsansatz zu kurz, weil einfallsreiche Marktteilnehmer neue Schattenbankensektoren schaffen könnten, um die Bestimmungen zu umgehen. Auch in der Vergangenheit hätten regulatorische Faktoren die Verbreitung von Schattenbanken begünstigt, etwa der Verbriefungs-Zweckgesellschaften der Banken, die eine zentrale Rolle in der Subprime-Hypothekenkrise spielten, lautet eines seiner Argumente. Über Jahrzehnte bis zum Crash ab 2007 habe das Verbriefungsgeschäft ja glänzend funktioniert, unkt der Wissenschaftler.Bereits wiederholt hat Rudolph die Regulierer davor gewarnt, neue Gefahrenherde zu übersehen. In der Subprime-Krise seien viele Adressen systemrelevant geworden, die früher nicht zu dieser Kategorie gezählt worden seien, etwa der US-Versicherer AIG, meinte er auf einem Symposium der Deutschen Bundesbank (vgl. BZ vom 13. Juni). Wo sich solche Risiken ergäben, sei im Voraus nur schwer erkennbar.Bei Schattenbanken seien Ausweichbewegungen darüber hinaus auch räumlich möglich – nämlich dann, wenn sie an weniger streng oder gar nicht regulierte Standorte außerhalb der EU abwanderten, so Rudolph beim DAI. Schon heute sei der Schattenbankensektor in den USA erheblich bedeutender als in Europa. Innerhalb Europas entfalle laut Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Großteil der Schattenbanken-Assets auf die Niederlande, Luxemburg und Irland, während in Deutschland nur ein kleiner Teil dieses Segments beheimatet sei.Abhilfe könnte nach Rudolphs Worten die von ihm favorisierte indirekte Regulierung der Schattenbanken schaffen, die vor allem bei den Kreditinstituten ansetzt, die mit ihnen Geschäfte machen. Als Beispiele nennt er einen verpflichtenden Selbstbehalt für die Emittenten von Verbriefungen sowie Meldepflichten für Bankkredite an Hedgefonds.Anstatt komplett neue Gesetze für Schattenbanken – und möglicherweise auch neue Aufsichtsinstanzen – einzuführen, könne man darüber hinaus bestehende Regelwerke für die jeweiligen Marktteilnehmer überarbeiten, so Rudolph weiter. Dies gelte etwa für die europäische Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD), in der Spielregeln für alternative Investmentfonds aufgestellt werden, oder für die Vorschriften für börsennotierte Indexfonds (ETF).