PERSONEN

Scheidender Chef einer Selbsthilfegruppe

Von Bernd Wittkowski, Frankfurt Börsen-Zeitung, 4.4.2019 Stefan Winter hat richtig gezählt: Es war - wie die Zeit vergeht! - tatsächlich schon seine zehnte und diesmal wohl wirklich zugleich seine letzte Jahrespressekonferenz als...

Scheidender Chef einer Selbsthilfegruppe

Von Bernd Wittkowski, Frankfurt Stefan Winter hat richtig gezählt: Es war – wie die Zeit vergeht! – tatsächlich schon seine zehnte und diesmal wohl wirklich zugleich seine letzte Jahrespressekonferenz als Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland. Dabei brachten es die lange Amtszeit und die parteiübergreifende Hartnäckigkeit – oder soll man sagen: Einfallslosigkeit? – der Politik mit sich, dass sich das Vorstandsmitglied der Frankfurter UBS Europe mindestens bei einem Thema wie der US-Schauspieler Bill Murray in “Und täglich grüßt das Murmeltier” fühlte.Nämlich immer dann, wenn es um die Finanztransaktionssteuer oder eine artverwandte Idee ging. Auch nach einer Dekade an der Spitze der Interessenvertretung von mehr als 200 ausländischen Banken, Kapitalverwaltungsgesellschaften und anderen Finanzdienstleistern aus über 30 Ländern mit rund 30 000 Beschäftigten ist der 64-Jährige aber nicht müde geworden, eindringlich vor den drohenden Folgen dieses anscheinend nicht totzukriegenden Vorhabens zu warnen. Etwa vor den negativen Auswirkungen auf Instrumente der Altersversorgung, auf die ohnehin schon Mifid-geschädigten Kleinanleger und die Realwirtschaft.Neben einem bunten Strauß an Themen der Banken und des Finanzplatzes im Zeichen des Brexit kam Winter am Mittwoch nicht um einige Worte in eigener Sache herum. Wie seit Ende Januar bekannt ist, scheidet der Chairman des Executive Board der Investmentbank, der in seinem jahrzehntelangen Berufsleben sämtliche Krisen ohne erkennbaren Schaden an der eigenen Karriere überstanden hat, Mitte dieses Jahres aus der UBS Europe aus. Das impliziert auch die Niederlegung des Vorstandsvorsitzes im Verband. Winter übernahm den Job, wie er zurückblickt, in der Hochzeit der Finanzkrise und vor der Regulierungswelle – fürwahr “eine spannende und herausfordernde Zeit”. Damals sei unter anderem von Wettbewerbern das Thema “Rückzug der Auslandsbanken aus Deutschland” gerne adressiert worden. Tatsächlich seien es nur Einzelfälle gewesen, und entstandene Lücken seien oft durch andere Banken geschlossen worden. Feste Größe in Deutschland”Stand heute können wir sagen, dass die Auslandsbanken im deutschen Markt stärker vertreten sind als vor der Krise”; sie hätten sich “zu einer festen Größe in Deutschland entwickelt”, so Winter. Den vor gut 35 Jahren gegründeten Verband mit heute ganzen elf Mitarbeitern – mit dem blitzgescheiten, in Politik und Aufsichtsinstanzen exzellent vernetzten langjährigen Geschäftsführer Oliver Wagner an der Spitze – und einem vermutlich sehr überschaubaren Budget sieht er weniger als Lobby, sondern immer noch eher als “Selbsthilfegruppe” der sehr heterogen zusammengesetzten Mitgliedschaft von A wie ABC International Bank bis Z wie Ziraat Bank mit ihren ganz unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Größen. Es ist sicher keine übertriebene Eigenwerbung für den Verband oder gar für sich persönlich, wenn Winter auf die hohe Zufriedenheit der Mitglieder verweist. Er hat auch in schwierigen Zeiten ein konstruktives Verhältnis zu Politik, Regulatoren und Aufsehern gepflegt. Der Lohn ist ein wieder erkennbarer “gewisser Zuspruch der Politik für die Belange der Finanz- und Kreditwirtschaft”.Winter hat als Verbandsvorsitzender einen guten Job gemacht. Am 22. Mai wählen die Mitglieder seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin.