Schiffsfinanzierer erhöhen Risikovorsorge
Die Containerschifffahrt steckt in schwerer See. Das Geschäft mit dem Frachttransport auf hoher See läuft derzeit so schwach wie seit Jahren nicht, die Perspektiven sind alles andere als rosig. Nicht nur für Reedereien und Häfen ist das ein Problem. Schiffsfinanzierer werden noch lange mit erhöhter Risikovorsorge zu tun haben.Von Carsten Steevens, HamburgEs sei schlimmer als 2008 nach Beginn der Finanzkrise, meinte Nils Andersen vor wenigen Tagen, als der Vorstandschef des Reederei- und Energiekonzerns A. P. Møller-Mærsk bei der Bilanzvorlage über die Frachtraten in der Containerschifffahrt sprach. Die Transportpreise fielen 2015 so tief, dass Frachter in vielen Fahrtgebieten trotz stark gefallener Treibstoffpreise nicht rentabel unterwegs waren. Das dänische Unternehmen, das mit Mærsk Line den Weltmarktführer der Linienreedereien stellt, rechnet 2016 mit einem weiter signifikant sinkenden Gewinn. Dafür spricht nicht zuletzt die Abkühlung des Handels vor allem mit Schwellenländern wie China.Erstmals seit dem ersten Quartal 2012 wies Mærsk Line für den Schlussabschnitt 2015 wieder rote Zahlen aus. Die Ergebnisse des Marktführers könnten ein Vorgeschmack sein: Marktbeobachter erwarten, dass das Ergebnis im vierten Quartal auch beim deutschen Branchenprimus Hapag-Lloyd gelitten hat. Das Unternehmen wird am kommenden Dienstag Zahlen für 2015 vorlegen. Der Wettbewerbsdruck in dem von Überkapazitäten geprägten Markt bleibe hoch, die Erwartungen im Containersektor für die kommenden Monate seien niedrig, sagt Thomas Wybierek, Shipping-Experte der Nord/LB. Der Branchendienst Drewry Maritime Research erwartet auch 2016 sinkende Frachtraten. Keine Entlastung in SichtWie schwierig die Lage ist, zeigt die Entwicklung des Baltic Dry Index, eines Gradmessers für die Kosten der Verschiffung von Rohstoffen. Als Folge der Verlangsamung des Wachstums in China fiel der Index seit Jahresbeginn auf ein Rekordtief. Reedereien wie Hapag-Lloyd verkleinern ihre Flotte und bauen Stellen ab (Mærsk). Auch die Branchenkonsolidierung gewinnt an Fahrt. Die Schiffsfinanzierer, zu denen in Deutschland Landesbanken wie die HSH Nordbank und die Nord/LB oder die DZ Bank-Tochter DVB Bank gehören, könnte der rapide Preisverfall bei den Schiffstransporten vor weitere Herausforderungen stellen: Mit nennenswerten Entlastungen bei der Kreditrisikovorsorge ist nicht zu rechnen, je länger sich die Krise in der Containerschifffahrt hinzieht.Gerade für die angeschlagene HSH Nordbank, die von ihren Mehrheitseignern Hamburg und Schleswig-Holstein auf EU-Geheiß bis 2018 verkauft werden oder andernfalls danach abgewickelt werden muss, könnte die Verschlechterung der Lage in der Containerschifffahrt gravierende Folgen haben. Finanzvorstand Stefan Ermisch zeigt sich jedoch gelassen. Der sich eintrübende Ausblick für die Schifffahrtsmärkte habe das Institut zwar veranlasst, “im vierten Quartal einen recht erheblichen Betrag an zusätzlicher Risikovorsorge” zu bilden. Die in den vergangenen Jahren nur von Kapitalhilfen und Garantien der Länder über Wasser gehaltene Landesbank geht aber nicht von einer Behinderung des geplanten Verkaufs notleidender Kredite aus. Man werde “keine Probleme” haben, die Kredite in “verdaubaren” Tranchen zu verkaufen, sagte Ermisch im Januar der Nachrichtenagentur Bloomberg.Um Interessenten zu finden, darf die HSH Nordbank laut einer informellen Verständigung mit der EU-Kommission nicht nur ein 6,2- Mrd.-Euro-Portfolio an notleidenden Schiffskrediten zu Marktwerten an ein Ländervehikel auslagern. Zusätzlich wird der Bank erlaubt, 2 Mrd. Euro aus dem faulen Kreditbestand (NPL) von gut 15 Mrd. Euro bis 2018 am Markt verkaufen mit dem Ziel, die NPL-Quote im Konzern von zuletzt 23 % auf ein von der EZB-Bankenaufsicht noch gerade akzeptiertes Niveau von 12 bis 13 % zu reduzieren.Auch die Nord/LB, die in ihrem Schiffskundensegment wegen einer erhöhten Risikovorsorge in der Verlustzone steckt und den “Verbrauch” von Wertberichtigungen im Verlauf der Schifffahrtskrise im Herbst mit 750 Mill. Euro bezifferte, ist offenbar nicht alarmiert. Die Nord/LB sei, so ein Sprecher auf Anfrage, auf eine weiterhin schwache Entwicklung an den Schiffsmärkten vorbereitet. “Wir haben für Risiken aus der Schiffsfinanzierung bereits in hohem Maße Risikovorsorge getroffen und planen auch in den nächsten Quartalen mit einer erhöhten Risikovorsorge.” Dank der starken Entwicklung in anderen Geschäftsfeldern sei die Belastung aber gut zu verkraften.Die DVB Bank, deren Containerschiffanteil im Shipping-Portfolio von zuletzt 11,3 Mrd. Euro bei 17,5 % lag, hat für das vierte Quartal ebenfalls eine zusätzliche Risikovorsorge angekündigt. Die DZ Bank-Tochter rechnet deshalb für 2015 mit einem Rückgang des Vorsteuergewinns im Vorjahresvergleich.