Schlicht Rechthaberei
Andreas Hornig scheint ein Jurist mit subtilem Humor zu sein. Wenn wir den Depeschen der Nachrichtenagentur trauen – und warum sollten wir daran zweifeln -, hat der Bundesanwalt am Dienstag in der Revisionsverhandlung gegen Josef Ackermann, Rolf Breuer und Jürgen Fitschen beim Bundesgerichtshof (BGH) geäußert, es dränge sich die Frage auf, ob die Richter des Landgerichts München I sich mit allen Aspekten ausreichend auseinandergesetzt hätten, ehe sie im April 2016 die ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs vom Vorwurf des Prozessbetrugs in einem Zivilverfahren des Komplexes Kirch vs. Deutsche Bank freisprachen.Einige Zahlen und Fakten zur Erinnerung: Der erstinstanzliche Strafprozess erstreckte sich über 35 Verhandlungstage, verteilt auf ein Jahr. Das Landgericht setzte sich, so der damalige Vorsitzende Richter Peter Noll, mit einem “Güterzug voll Akten” auseinander. Die Strafverfolger stellten mehr als 40 Beweisanträge, die Beweiswürdigung des Gerichts umfasste 130 Seiten. Irgendetwas übersehen? Vielleicht, dass Breuer in internen Gesprächen eigene Interessen verfolgt haben könnte, um einer drohenden Strafverfolgung zu entgehen, wie es am Dienstag hieß? Ist das etwa nicht das gute Recht eines jeden Angeklagten? Dieser Münchener Prozess war wirklich die Mutter aller Verfahren, wenn es um die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit der Rechtspflege geht. Doch die Staatsanwaltschaft, der Noll vorgeworfen hatte, ihre Argumentation lasse “jede Auseinandersetzung mit der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung vermissen”, war sich trotzdem nicht zu schade, in Revision zu gehen. Ihre Begründung soll der juristischen Fachpresse zufolge rund 3 500 Seiten umfasst haben.Auf diese Weise werden, nebenbei bemerkt, auch Steuergelder verfrühstückt. Verständnis für die Justiz ist ja gerade in Wirtschaftssachen grundsätzlich durchaus angezeigt. Die Komplexität vieler Themen und die wirtschaftliche Macht hinter den Angeklagten, die in den großen und spektakulären Strafverfahren die geballte A-Prominenz der Anwaltschaft aufmarschieren lassen können, drohen Staatsanwälte und Richter häufig zu überfordern. Doch in diesem Fall outen sich die Ankläger als schlechte Verlierer. Ihre geradezu krampfhaft wirkende Revision hat nichts mehr mit Rechtspflege zu tun. Das ist schlicht Rechthaberei.Der BGH will sein Urteil schon in acht Tagen verkünden. Die kurze Frist lässt hoffen, dass die Roten Roben den überfälligen Schlussstrich unter diese schier unendliche Geschichte ziehen.