Scholz wagt Vorstoß für europäische Einlagensicherung
ahe/bn/lee Brüssel/Frankfurt – Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat einen Fahrplan zur Vollendung der Bankenunion vorgelegt, in dem er auch die bisherige deutsche Blockadehaltung bei der Einführung einer Einlagensicherung lockert. Danach soll es nun auf europäischer Ebene ein Rückversicherungsmodell geben, bei dem die nationalen Sicherungsmodelle durch einen europäischen Sicherungsfonds ergänzt würden, der von der Bankenabwicklungsbehörde SRB verwaltet würde. Sollte eine Bank in Schieflage geraten, käme ein mehrstufiges Verfahren zur Anwendung: Zunächst würden nationale Systeme angezapft, bevor es europäische Liquiditätshilfen gäbe. In einer späteren Stufe sind dann auch begrenzte Verlustbeteiligungen möglich.Scholz will dieses Modell parallel mit weiteren Maßnahmen zur Stärkung der Bankenunion einführen. Das Paket besteht unter anderem aus einheitlichen Insolvenz- und Abwicklungsregeln für alle Banken unabhängig von ihrer Größe, einem weiteren Risikoabbau, zu dem auch ein Ende der Nullgewichtung von Staatsanleihen gehört, und eine Angleichung von Steuerregeln.Scholz bezeichnete sein Paket gestern bei einer Rede in Frankfurt als “umfassend, fair und ausgewogen”. Es sei unbestritten, dass die Bankenunion vertieft und vollendet werden müsse, betonte der SPD-Politiker. “Der Grund dafür ist einfach: Es ist in unserem Interesse.” Eine bessere Marktintegration würde auch die Ertragskraft der Banken wesentlich stärken. Der Vorstoß ist allerdings noch nicht koalitionsintern abgestimmt. Ein Regierungssprecher sprach von einem “Diskussionsbeitrag”, der erst noch beraten werden müsse.In Deutschlands Kreditwirtschaft stieß der Vorstoß auf gemischte Reaktionen. “Die Sicherheit der Sparguthaben ist keine Verhandlungsmasse. Schon deswegen muss der Eindruck vermieden werden, dass gemeinsame Lösungen schnell erreichbar seien”, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Sparkassen- sowie des Genossenschaftsverbands. Von einem “wichtigen Schritt in die richtige Richtung” sprach hingegen Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Banken. Es sei erfreulich, dass in die Diskussion um eine Vertiefung des europäischen Finanzbinnenmarktes Bewegung komme. “Wir können der Regierung nur applaudieren”, sagte Deutsche-Bank-Vize Karl von Rohr. Er betrachtet die Scholz-Initiative als potenziellen Katalysator für eine europaweite Konsolidierung der Branche. Positive erste Reaktionen kamen auch von der Bundesbank. Der Frankfurter Finanzprofessor Jan Pieter Krahnen hält den Gedanken einer dauerhaften Rückversicherung für einen ausgewogenen Weg, mit dessen Hilfe sich eine Risikoteilung auf europäischer Ebene mit einer Erstverantwortung auf der nationalen Ebene verbinden lässt. Auf diese Weise könne man das Entstehen von “Moral Hazard” zielgerichtet verhindern, sagte er im Interview der Börsen-Zeitung. “De facto befinden wir uns ja bereits in einer Haftungsgemeinschaft, wie die Rettungsaktionen infolge der Schuldenkrise in Griechenland gezeigt haben. Es würde Europa guttun, diese implizite Vereinbarung endlich zu formalisieren.” – Nebenstehender Kommentar Schwerpunkt Seiten 2 und 3