Schufa kündigt Systemwechsel an
Schufa kündigt Systemwechsel bei Bonitätsnoten an
Statt 50 Einzelwerten künftig nur noch ein Score – Übergangsphase von zwei bis drei Jahren – Mehr Transparenz als Ziel
wbr Frankfurt
Die Diskussion um die Bonitätsbewertung von Verbrauchern hat durch eine Transparenzoffensive der Wirtschaftsauskunftei Schufa neue Nahrung bekommen. Der Datendienst aus Wiesbaden kündigte am Donnerstag in einem Online-Pressegespräch an, sein System zur Ermittlung der Kreditwürdigkeitsbewertung zum Ende des Jahres komplett umzustellen. Die Schufa gehört zu den größten und bekanntesten Dienstleistern, die Bonitätsnoten für Verbraucher vergeben, und arbeitet mit fast allen Branchen zusammen.
50 unterschiedliche Scores
Schon lange kritisieren Verbraucherschützer die mangelnde Transparenz und die Berechnungsmethode der Bonität-Scores der Schufa. Das Haus verweist allerdings darauf, dass es nie nur einen Schufa-Score gab, sondern die Kennzahlen immer breit gefächert waren und für Branchen oder nach individuellen Vorgaben ermittelt wurden.
Insgesamt bietet die Schufa derzeit rund 50 unterschiedliche Bonität-Scores an. Die wichtigste und bekannteste Kennzahl ist der sogenannte Banken-Score, den Finanzinstitute nutzen, um die Bonität ihrer Kunden zu beurteilen und zu bewerten.
„Next Generation Scoring“
Jetzt hat die Wiesbadener Auskunftei angekündigt, ein „Next Generation Scoring“ auf den Markt zu bringen, das die bisherigen vielfältigen Scores ersetzen könnte. Bis Ende des Jahres soll dieser neue Score der Schufa kommen, der dann eine generelle Bonitätsbewertung zulässt.
Noch sei dazu allerdings im Detail nicht viel zu sagen, da man über das neue Verfahren erst sprechen wolle, wenn auch die ersten Kunden, sprich Unternehmen, es nutzen. Die Schufa rechnet dann mit zwei bis drei Jahren Zeit für die Einführung des neuen Bonität-Scores.
Neuer Score braucht Zeit
Einer der Gründe für die lange Umsetzungsdauer ist, dass derartige Bewertungen in den Banken zertifiziert werden müssen. Dabei habe auch die Aufsicht ein Wörtchen mitzureden, heißt es bei der Schufa. In einem nächsten Schritt werde das neu entwickelte Verfahren intern validiert und dann extern einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen. Die Prognosefähigkeit und die Trennschärfe, also die Aussagekraft des Scores, soll mit dem neuen Bewertungssystem erhalten bleiben.
Keine zusätzlichen Datenquellen
Der Score der nächsten Generation soll auf jeden Fall sehr viel einfacher sein. Bislang basieren etwa die sechs Branchen-Scores auf mehr als 50 Faktoren. Die neue Bonitätskennziffer soll 10 bis 15 Einflussfaktoren berücksichtigen. Welche das sind, mag das Haus zurzeit aber nicht sagen. Zusätzliche Datenquellen will die Auskunftei dafür allerdings nicht anzapfen. Vielmehr will sie den neuen Score mit den bisher innerhalb der Schufa verfügbaren Daten ermitteln. Typische Faktoren für die Bewertung sind beispielsweise Ratenkredite, Hypotheken und Kreditkarten. Die Schufa rechnet damit, den neuen Score eine Weile parallel zu den alten Scores zu ermitteln. Nicht alle Kunden würden die alten Verfahren sofort abschalten.
Mehr Einblick gewähren
Die Schufa hatte schon in den vergangenen zwei Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Transparenz zu erhöhen und das Ansehen bei Verbrauchern zu steigern. Dafür startete die Auskunftei eine breite Kampagne in der Öffentlichkeitsarbeit und bemühte sich, mehr Einblicke in ihre Arbeit zu gewähren. Im Rahmen dieser neuen Strategie haben die Wiesbadener beispielsweise seit Anfang des Jahres den Einblick in Negativeinträge ermöglicht. Auch wurde ein Tool eingeführt, um Schutz vor Identitätsdiebstahl zu bieten. Schließlich gibt es neuerdings einen Score-Simulator, mit dem Verbraucher ermitteln können, wie einzelne Faktoren wie Kreditkarten oder Kredite auf ihre Bonitätsbewertung einwirken. „So können Verbraucher ein Gefühl für das Scoring bekommen“, sagt Schufa-CEO Tanja Birkholz.
Transparenz für Verbraucher zweitrangig
Aus Sicht der Schufa-Chefin Birkholz ist dabei die Debatte um die Transparenz des Berechnungsverfahrens eher ein Expertenthema. Der „Druckpunkt der Verbraucher“ liege eher auf der Frage, wie ein Score ermittelt wird und was er konkret bedeutet.
Der neue Ansatz der Schufa und die Weiterentwicklung der Bonitätskennzahlen finden vor dem Hintergrund des im Oktober 2023 gefällten Urteils des EuGH statt, wonach ein Schufa-Score nicht maßgeblich für Kreditwürdigkeit sein darf.
Konform mit reformiertem Bundesdatenschutzgesetz
Zeitgleich zur Weiterentwicklung des Scores läuft in Berlin die Reform des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Das Gesetz soll etwa für das Kredit-Scoring eine rechtliche Grundlage schaffen, die dem Schutz von Verbrauchern dient.
So plant der Gesetzgeber etwa, die Verwendung bestimmter Daten für die Bildung von Wahrscheinlichkeitswerten beim Scoring zu untersagen. Auch wenn das neue BDSG noch nicht finalisiert sei, werde man die Hausaufgaben erledigen, die das neue Gesetz erforderlich mache, so Birkholz. Das Thema Transparenz werde aber auch dann aus Sicht der Schufa nicht abgehakt sein.
Die Wiesbadener Auskunftei Schufa kündigt ein neues „Next Generation Scoring“ an. Das neue System soll die Bonitätsbewertungen vereinfachen. Auf lange Sicht könne es die mehr als 50 unterschiedlichen Scores ablösen. Ziel ist mehr Transparenz, an der Prognosekraft der Schufa-Noten soll sich aber nichts ändern.