Schweiz drückt beim Datenaustausch auf die Tube
dz Zürich – Fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem die Finanzminister der G20-Länder in Australien den Vorschlag der OECD für einen Automatischen Informationsaustausch (AIA) in Steuersachen als neuen internationalen Standard bestätigt haben, hat diese Woche auch der Schweizer Nationalrat, die große Parlamentskammer, den AIA als neuen Rechtsrahmen für bilaterale Steuerabkommen gutgeheißen.Ein derart hohes Reaktionstempo sieht man in der sonst eher gemächlichen helvetischen Politik höchst selten. Doch seitdem sich die Schweiz und ihre Banken damit abgefunden haben, dass das steuerliche Bankgeheimnis für Ausländer mit Schweizer Konten ein Auslaufmodell ist, drücken Regierung und Banken gemeinsam auf die Tube, um das Kapitel endlich abzuschließen. Die Vergangenheit habe die Aufmerksamkeit der Banken viel zu lange in Anspruch genommen und zu viel Energie und Aufwand gekostet, stellte Patrick Odier, Präsident der Bankiervereinigung gestern beim jährlichen Stelldichein der Branche in Zürich fest. “Es ist nunmehr Zeit, uns vollumfänglich auf die Zukunft zu konzentrieren”, erklärte der Verbandspräsident und Partner der alteingesessenen Genfer Privatbank Lombard Odier.Die Bankiers sind sich beileibe nicht immer einig, welches der beste Weg für die Zukunft ist, doch beim Thema Bankgeheimnis herrscht Eintracht. Zum einen wünschen sich die Banken, dass die Schweiz plangemäß ab 2018 die ersten zwischenstaatlichen Abkommen über den AIA abschließen und der internationalen Staatengemeinschaft damit den radikalen Gesinnungswandel des Schweizer Finanzplatzes belegen kann. Zum anderen wünschen sich die Schweizer Banken in einer selten gewordenen Einmütigkeit, dass der Informationsaustausch zwischen Banken und Steuerbehörden auch im Inland, und damit für Schweizer, automatisiert und das steuerliche Bankgeheimnis damit komplett beerdigt wird. Man wolle “ein kompliziertes Nebeneinander von mehreren Lösungen verhindern”, begründete Claude-Alain Margelisch, Geschäftsführer des Branchenverbandes, die Forderung nach einem “einheitlichen Standard”.Der Zürcher Bankier Thomas Matter steht mit seiner Volksinitiative für ein “Ja zum Schutz der Privatsphäre” bei seinen Berufskollegen allein auf weiter Flur. Unter Bezugnahme auf ein bestelltes Gutachten des Zürcher Rechtsprofessors René Matteotti argumentieren die Bankiers, dass die Matter-Initiative den Banken verschärfte Haftungspflichten und höhere Kosten bescheren würde. Mit Blick auf einen Abstimmungskampf über die Matter-Initiative erklärte Margelisch mit einem fast schon warnenden Unterton, die Branche werde ihren Teil zur Diskussion beitragen, “indem sie aufzeige, welche praktischen Folgen die Entscheidungen zur Ausgestaltung der Privatsphäre hätten”. Harte Nüsse zu knackenIm Vordergrund steht derweil aber die Umsetzung des AIA mit dem Ausland, und da gilt es, in den nächsten Jahren noch einige harte Nüsse zu knacken. So fordern die Schweizer Bankiers, dass für alle Finanzplätze die gleichen Regeln gelten sollen. Das für die Überwachung dieses Grundsatzes zuständige Kontrollgremium der OECD, das Global Forum, dürfe keine Ausnahmen zulassen, und die Regierung stehe in der alleinigen Verantwortung, die zwischenstaatlichen Verhandlungen über die Bedungen des AIA entsprechend zu führen. Konkret gemeint ist damit zunächst, dass ein AIA immer auf Gegenseitigkeit beruhen muss, dass die ausgetauschten Daten die Steuerämter auf keinen Fall verlassen und zum behördlichen Gemeingut werden dürfen und dass ein AIA nur mit Ländern durchgeführt werden kann, die ihren Steuerflüchtlingen eine Brücke zum straffreien Übergang in die Legalität bauen.