Schweiz spürt Enge der Märkte

Nationalbank hortet ausländische Aktien im Wert von rund 100 Mrd. sfr - Strenge Kriterien für die Anlage

Schweiz spürt Enge der Märkte

Die Schweizer Notenbank gehört zu den größten Investoren der Welt. Der Spielraum von Anlagechefin Andréa Maechler wird zunehmend enger.Von Daniel Zulauf, ZürichManche Investoren werden ungewollt reicher. Das gilt nicht zuletzt für die Schweizerische Nationalbank (SNB), die im Zuge der internationalen Finanz- und Schuldenkrise eine beispiellose Ausweitung ihrer Bilanz vorgenommen hat. Die Aktiva der Zentralbank haben sich seit 2008 auf 640 Mrd. sfr versechsfacht und mehr als 90 % davon sind Devisenbestände. Es sind Euro und Dollar, welche die SNB seit Beginn der Krise gekauft beziehungsweise gegen frisch gepresste Franken eingetauscht hat, um die ständige Aufwertung der heimischen Valuta aufzuhalten oder wenigstens abzubremsen.Reich ist die SNB aber nicht. Schließlich stehen dem Vermögensbestand die Guthaben der Geschäftsbanken gegenüber. Andréa Maechler ist seit Anfang Juli als jüngstes Mitglied im dreiköpfigen SNB-Direktorium für die Verwaltung der Devisenanlagen zuständig. Die 46-jährige Genferin hat eine komplizierte Aufgabe übernommen, wie sie jetzt in einem Vortrag darlegte. Größe macht unbeweglichOffensichtlich wird das Größenproblem schon anhand des Bestandes an ausländischen Aktien, der aktuell einen Wert von rund 100 Mrd. sfr aufweist. Zwar lässt sich einwenden, dass diese imposante Summe gemessen am globalen Börsenwert aller Dividendenpapiere von 67 Bill. Dollar ein vergleichsweise kleiner Betrag ist. Doch dieser Eindruck täuscht: Zwar wagt sich die SNB im Unterschied zu den meisten anderen Zentralbanken mit ihren Investitionen teilweise weit bis in die Märkte der Schwellenländer vor. Doch rund die Hälfte der Anlagen muss aus währungspolitischen Gründen in Europa bleiben. Großbanktitel sind für die Wächterin über die Finanzstabilität naturgemäß tabu. Restriktionen gibt es aber auch gegen Aktien von Waffenherstellern, notorischen Umweltsündern oder Demokratieverachtern. Noch ist die Liste der Ausschlusskriterien kurz, aber sie ist auch erst zwei Jahre alt und wird wachsen. Die SNB wird als Aktionärin nicht mehr lange diskret im Hintergrund bleiben können.Selbst im Feld des im Vergleich zum Aktienmarkt ungleich größeren Marktes für Unternehmens- und Staatsanleihen spürt die SNB ihre eingeschränkte Bewegungsfreiheit, wie Maechler darlegte. Der Rückzug der Banken von den internationalen Kapitalmärkten, an denen sie bis zur Finanzkrise noch mit eigenen Handelspositionen als Marktmacher aufgetreten waren, habe zu einem spürbaren Abfall der Liquidität geführt, erklärte die SNB-Direktorin. Es habe sich wiederholt gezeigt, dass sich die rückläufige Zahl von Marktakteuren besonders in Stresssituationen negativ auf die Liquidität und die Preisbildung auswirken könne, stellte Maechler fest. Solche Beobachtungen habe es selbst in den an sich hyperliquiden Märkten für Staatsanleihen schon gegeben.Die Feststellung entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich haben die Notenbanken im Streben darin, die Finanzstabiltiät zu verbessern, aktiv darauf hingewirkt, dass die Banken ihre Risikopositionen auf den Kapital- und Finanzmärkten zurückfahren mussten. Inzwischen sieht sich die Nationalbank selbst als stabilisierender Faktor auf den Märkten, wie Maechler erklärte. Um der Enge der Börsen auszuweichen, werde die SNB künftig Wertpapiere vermehrt direkt aus Emissionen kaufen.