Schweizer Banken buhlen um Asiens Millionäre
Reuters/Bloomberg Zürich/Hongkong/New York – Das Schweizer Bankgeheimnis ist Geschichte – jetzt schauen die Institute des Landes in der Vermögensverwaltung verstärkt nach Fernost. Dort geht der Wettkampf um die Reichen und Schönen in eine weitere Runde, nachdem der neue Chef der Credit Suisse, Tidjane Thiam, die Region Asien-Pazifik gleich bei seinem Amtsantritt zum wichtigen Wachstumsmarkt erklärt hat. Dort hängen die Trauben nicht hoch: Nach Schätzungen der Boston Consulting Group (BCG) dürfte der private Reichtum in Asien-Pazifik, ohne Japan, bis 2019 im Schnitt um 9,7 % pro Jahr wachsen – mehr als doppelt so schnell wie in Westeuropa. Das weckt Begehrlichkeiten, nicht nur bei den Schweizer Adressen, deren Geschäft auf dem Heimatmarkt unter Druck gekommen ist. Zur Strategie erklärtAuch Institute wie die Deutsche Bank sehen in Asien große Chancen. Schon im kommenden Jahr, so schätzen die BCG-Experten, dürfte Asien-Pazifik die reichste Region der Welt sein und damit Nordamerika vom Thron stoßen. Das Interesse der Großbanken an Asien sei im Grunde zwar nicht neu, sagt Analyst Andreas Brun von der Zürcher Kantonalbank. “Aber plötzlich erklären es alle zur wichtigsten Strategie.” Einfach sei der Markt nicht, weiß er zu berichten. Es gebe zwar immer mehr Selfmade-Millionäre und -Milliardäre. Aber sie seien auch sehr viel anspruchsvoller und spielten die Banken gerne gegeneinander aus, um das beste Angebot zu bekommen. “Es ist schließlich ihr eigenes, selbst verdientes Geld, nicht das ihres Vaters oder Großvaters”, sagt Brun. Darin liege der wichtigste Unterschied zu den Reichen etwa in Europa, wo große Familienvermögen oft an die nächste Generation vererbt würden und die Kunden passiver seien.Reiche Asiaten, die mehr als 1 Mill. Dollar an liquidem, sofort investierbarem Vermögen haben, seien häufig mit mehreren Instituten gleichzeitig im Geschäft. “Sie probieren gerne mal eine neue Bank aus, aber man muss gut erklären, was man zu bieten hat”, berichtet Claude Haberer, der bei der Schweizer Bank Pictet das Geschäft mit vermögenden Privatkunden in Asien verantwortet. Das hat Folgen: Der Wettbewerb um die Kundschaft ist genauso hart wie der Wettbewerb um gute Berater. Die Banken müssen viel zahlen, um in der Region Experten an Bord zu kriegen, vorzugsweise noch mit wechselwilligen Klienten. “Die, die es in Asien schaffen, sind diejenigen, die willens sind, erheblich zu investieren”, sagt Haberer. Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft EY brauchen Privatbanken in Asien-Pazifik ein verwaltetes Vermögen von mehr als 20 Mrd. Dollar, um rentabel zu arbeiten. Die Top 3 lagen 2014 locker über dieser Marke, wie das Magazin “Asian Private Banker” ermittelt hat: Branchenführer UBS kam demnach auf 272 Mrd. Dollar, Citi auf 255 Mrd. und Credit Suisse auf 154 Mrd. Dollar. Kleinere Anbieter versuchen, durch Übernahmen an Schlagkraft zu gewinnen. UBP setzt auf Coutts-KundenJulius Bär etwa kaufte Merrill Lynch die Vermögensverwaltung außerhalb der USA ab, Union Bancaire Privée (UBP) übernahm Coutts International, um das Wachstum in Asien zu steigern. Dort fährt ihre eigene Sparte mit der Betreuung von reichen Kunden Verluste ein. Nach dem Aufbau eines profitablen Geschäfts mit institutionellen Kunden erwartet die Genfer Privatbank von den neuen Kunden aus dem Bestand von Coutts, dass sich das Blatt für ihre Sparte in Singapur wendet, die besonders vermögende Personen in Asien betreut. Das erklärte Nicolas Faller, Co-Chef für Assetmanagement. “Die Übernahme von Coutts wird uns dabei helfen, eine kritische Masse in Asien zu erreichen”, sagte der 46-Jährige. “Wenn man erfolgreich sein will, muss man eine Menge Geld investieren. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass in Asien nicht viele Geld machen.”Bei der Credit Suisse halten es viele Experten für möglich, dass der neue Chef Thiam das Gewicht weg vom kapitalzehrenden Investment Banking hin zur Vermögensverwaltung verschiebt. Schon bei seinem vorherigen Arbeitgeber, dem größten britischen Versicherer Prudential, trieb Thiam die Expansion in Asien-Pazifik voran. Das könnte er jetzt wiederholen. Der Regionalchef von Credit Suisse, Helman Sitohang, hat bereits angekündigt, dort vor allem an die jungen Unternehmer herantreten zu wollen. Dafür könnte nach seinen Worten auch die Mannschaft aufgestockt werden.Die UBS kann die neue Offensive der Konkurrenz eigentlich gelassen sehen, denn mit fast 1 200 Beratern hat der Platzhirsch derzeit mehr als doppelt so viele Leute am Start wie jeder andere Vermögensverwalter in Asien, wie “Asian Private Banker” berechnet hat. Trotzdem steckte die größte Schweizer Bank in diesem Jahr ihr Revier auf ungewöhnliche Weise ab: An ihrem Hochhaus in Hongkong rollte sie ein riesiges Werbebanner aus, das seinesgleichen sucht. Es ist so groß, dass es schon erste Beschwerden darüber gab, dass Solarmodule abgedeckt werden. Vor allem aber ist es eines: ein Symbol dafür, dass der Wettbewerb wieder in eine neue Runde geht.