Schweizer Banken im Abbaumodus

Nach Ablauf der Corona-Schonzeit kursieren neue Restrukturierungsgerüchte - Credit Suisse angeblich vor größerem Personalrückbau

Schweizer Banken im Abbaumodus

dz Zürich – Bei der Credit Suisse regiert seit fünf Monaten ein neuer Chef. Der Schweizer Thomas Gottstein unternimmt fast alles, um die Bank beim breiten einheimischen Publikum wieder etwas beliebter zu machen. Doch auch er bleibt auf seiner Goodwill-Tour von Gewittern nicht verschont.Von einer neuen geplanten Sparrunde berichtet jetzt die Schweizer “Sonntagszeitung”. Von Geschäftsstellenschließungen im Inland ist die Rede wie auch von einem Rückbau der in den vergangenen Jahren stark ausgebauten Risiko- und Compliance-Abteilung. Auch der Investmentbank drohe ein weiterer Aderlass, wenn Gottstein das von seinem Vorgänger Tidjane Thiam separierte Handels- und Beratungsgeschäft wieder zusammenführen sollte.Hunderte von Jobs seien gefährdet, heißt es allenthalben. Konkretes ist allerdings nicht bekannt. Die Credit Suisse beantwortet eine entsprechende Anfrage in maximal vager Form: “Wir prüfen regelmäßig Möglichkeiten, wie wir unsere Kunden noch besser beraten und unsere strategischen Ziele regelkonform und profitabel erreichen können. Mit unseren Investoren stehen wir dazu in einem konstanten Dialog.”Auch der Schweizerische Bankenpersonalverband stochert im Nebel: “Uns ist einfach bekannt, dass Gottstein am 30. Juli die Halbjahreszahlen präsentieren und wahrscheinlich auch die bereits angekündigten Restrukturierungsmaßnahmen weiter spezifizieren wird. Inwiefern diese mit einem Stellenabbau im Zusammenhang stehen, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen.”Mit der neuen Gerüchtewelle wird klar: Die Schonzeit für die je nach Statistik 90 000 bis 100 000 Beschäftigten im Schweizer Bankensektor geht zu Ende: Im Zuge des Mitte März von der Regierung verhängten Lockdown für große Teile der Schweizer Wirtschaft hatte sich die Bankenbranche selbst eine besondere Zurückhaltung in der Umsetzung von Restrukturierungs- und Abbauvorhaben auferlegt. Mit dieser Selbstbeschränkung dürfte es vorbei sein, wenn die anstehenden Leistungsausweise den Erwartungen der Investoren nicht genügen sollten.Zwar dürften die Zwischenergebnisse vieler Banken mit Blick auf die ungewöhnlich hohe Handelsaktivität im März und April relativ gut oder sogar überraschend gut ausfallen. Doch die rezessive gesamtwirtschaftliche Entwicklung wird das Bild der Branche in der zweiten Jahreshälfte wieder eintrüben. Dabei hatten die Banken in der Zeit des Lockdown zu den privilegierten Unternehmen der Schweizer Wirtschaft gezählt. Im gesamtwirtschaftlichen Schutzdispositiv der Regierung und der Nationalbank hatte die Branche sogar eine Schlüsselrolle zu spielen. Es herrscht ZukunftsangstDoch hinter der polierten Fassade des Kreditgewerbes herrscht Zukunftsangst. Die Branche kämpft seit Jahren gegen Ertragsprobleme – auch in ihrer Vorzeigedomäne, der international ausgerichteten Vermögensverwaltung. “Der Finanzsektor befindet sich seit mehreren Jahren in einer Restrukturierungsphase. Viele Banken – große wie kleine -prüfen und implementieren seit längerer Zeit Kostensenkungsmaßnahmen, insbesondere durch den Abbau von Arbeitsplätzen, um der Abnahme ihrer Gewinnmargen entgegenzuwirken”, konstatiert der Bankenpersonalverband.Ungeachtet der coronabedingten Zurückhaltung bei Entlassungen ist die Arbeitslosenquote in der Bankenbranche zwischen Januar und Mai um ein Viertel hochgeschnellt. Mit 2 % liegt sie zwar immer noch deutlich unter dem nationalen Mittel (3,2 %). Doch wer seine Stelle einmal verloren hat, findet sich in einem Markt wieder, auf dem die Nachfrage nach Personal massiv eingebrochen ist und sich nur noch auf ausgesprochene Spezialisten beschränkt.Daneben macht sich auch der Strukturwandel bemerkbar. “Die Coronakrise hat zu einem weiteren Digitalisierungsschub geführt”, schreibt der Verband. “Das heißt, dass sich diese seit längerem laufende Entwicklung in den Banken beschleunigt hat und noch weiter beschleunigen wird, was sich wiederum auf die Organisation und Kultur der Banken auswirken wird”, kaum mit positiven Folgen für die Jobs. – Wertberichtigt Seite 6