Schweizer Banken in der Schwebe
Von Daniel Zulauf, ZürichDas Coronavirus hat in der Schweizer Kreditwirtschaft bislang kaum Unheil angerichtet. Dieses Fazit lässt sich nach der Vorlage der meisten Halbjahresberichte der über 200 Banken im Land ziehen.Hinter den beiden Großbanken UBS und Credit Suisse stellen die 24 ganz oder teilweise staatlich kontrollierten Kantonalbanken mit einer aggregierten Bilanzsumme von mehr als 600 Mrd. sfr die bedeutendste Gruppe von Instituten dar. Rund ein Fünftel der Bilanzsumme aller in der Schweiz tätigen Banken entfällt auf die Staatsinstitute. Zwei Drittel von ihnen haben ihren Bericht über den Geschäftsverlauf im ersten Halbjahr bereits vorgelegt und das Bild gibt im Vergleich zu manchen Bereichen im Industriesektor oder auch zum Einzelhandel kaum Grund zur Sorge.Zwar zeigen die meisten der genannten Institute für die ersten sechs Monate des Jahres einen Gewinnrückgang zwischen 1 % und 10 %. Aber fast alle haben trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation ihre Reservetöpfe nachgefüllt, um das solide Kapitalisierungsniveau zu halten. Die Wertberichtigungen für gefährdete Kredite, die im ersten Halbjahr 2019 noch stabil bis rückläufig waren, haben im Berichtsabschnitt zwar allein bei den Kantonalbanken kräftig um nahezu 70 Mill. sfr zugenommen. Doch im Vergleich zum gesamten ausstehenden Kreditbestand – davon allein rund 130 Mrd. sfr bei kleinen und mittleren Unternehmen – ist der Betrag nicht mehr als ein Pappenstiel.Auch bei größeren Banken wie der genossenschaftlichen Raiffeisen-Gruppe, der bedeutendsten Hypothekargläubigerin im Land, hat das Virus bisher kaum sichtbare Spuren hinterlassen. Raiffeisen hat diese Woche einen im Vorjahresvergleich lediglich 2,5 % tieferen Halbjahresgewinn von 346 Mill. sfr ausgewiesen. Nachdem die Raiffeisengruppe im Vorjahr noch Kreditrückstellungen im Umfang von über 7 Mill. sfr aufgelöst hatte, wurden in den ersten sechs Monaten solche im Betrag von knapp einer halben Million sfr neu gebildet. Mit einem Anteil von 0,113 % ist der Anteil der Rückstellungen am Kreditvolumen bei Raiffeisen immer noch außerordentlich tief. Damit signalisiert die Bank ihre Zuversicht, dass der aktuelle Konjunktureinbruch nicht zu einer massiven Zunahme fauler Ausleihungen führen wird. Die geringe Kreditvorsorge ist für manche Beobachter mit Blick auf die schwer voraussehbare Entwicklung der Pandemie aber auch Grund genug, vorsichtig in die Zukunft zu schauen. Nervosität am ParadeplatzVor diesem Hintergrund kann es auch nicht erstaunen, dass die Schweizer Kredithäuser ihrer noch immer erfreulich stabilen Lage zum Trotz betont zurückhaltend auf die zweite Jahreshälfte blicken. Dies scheint auch ganz der Gemütslage der Investoren zu entsprechen, wie die Aktienkursperformance der beiden Großbanken nahelegt.UBS und Credit Suisse hatten im Juli hervorragende Halbjahreszahlen vorgelegt. Doch die Reaktion der Anleger blieb verhalten. Zwar haben die Papiere im Verlauf der vergangenen drei Wochen einige Prozentpunkte an Wert gewonnen, doch im bisherigen Jahresvergleich notieren die Titel immer noch rund ein Zehntel (UBS) und gut ein Fünftel (Credit Suisse) im Minus. Besonders enttäuschend dürfte die Performance für die Credit Suisse sein, welche die Analystenschätzungen im zweiten Quartal massiv zu übertreffen verstanden hatte. Dahinter verbergen sich Befürchtungen darüber, dass weitere Nachbesserungen in der Risikovorsorge den guten Halbjahresgewinn deutlich abschmelzen lassen könnten.