Greensill-Pleite

Schweizer Banken und ihre Händel

Anders als im milliardenschweren Steuerfall der UBS trifft die Greensill-Thematik der Credit Suisse die Anleger weitgehend unvorbereitet. Das spiegeln die Aktienkurse wider, die mit einem schweren Abschlag für Credit Suisse die Aussicht auf langwierige Auseinandersetzungen vor Gericht vorwegnehmen.

Schweizer Banken und ihre Händel

dz Zürich

Credit Suisse geht ungemütlichen Zeiten entgegen. In dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Geschäftsbericht warnt die Bank, dass sie im Zuge der weiteren Entwicklung der Greensill-Pleite in Rechtsstreitigkeiten mit Investoren geraten könnte. Diese Prognose ist konkreter geworden. Wie der in London ansässige Kapitalmarktdienstleister Alcimos am Dienstag mitteilte, erwägt er die Möglichkeit, eine Gruppenklage gegen die Bank zu organisieren.

Alcimos-Gründer George Kintis sagte auf Anfrage, er habe zwei Anwaltskanzleien in Genf und Luxemburg beauftragt, die von ihm selbst zusammengestellten Tatbestände darauf zu prüfen, ob Anleger gegen die Credit Suisse Ansprüche geltend machen könnten. Das Assetmanagement der Großbank finanzierte die Lieferketten-Finanzierungsprogramme von Greensill ab 2017 im Rahmen einer Partnerschaft über vier hauseigene Fonds, deren Nettoinventarwert Ende Februar noch mit 10 Mrd. Dollar angegeben wurde. Die Fonds werden seit Anfang des Monats liquidiert. Über 3 Mrd. Dollar sind schon an die Investoren zurückgeflossen und weitere Aktiva im Wert von 1,25 Mrd. Dollar sind liquidiert und warten auf die Rückführung an die Investoren.

Liquidationserlöse unklar

Prognosen über weitere Liquidationserlöse sind derzeit kaum möglich. Zu den größten Kunden Greensills gehörte die GFG Alliance Gruppe des britischen Unternehmers Sanjeev Gupta. Es wird vermutet, dass fiktive und mutmaßlich betrügerische Gupta-Forderungen, wie sie die BaFin bei der Greensill-Bank in Bremen angetroffen hat, auch in die Fonds der Credit Suisse Eingang gefunden haben. Zwar waren die Forderungen in den Credit-Suisse-Fonds bis Anfang März teilweise versichert. Doch die Versicherung Tokio Marine stellt die Gültigkeit der Policen mit Blick auf mögliche Betrugsvorfälle in Zweifel. Nun wird kolportiert, dass Credit Suisse die Rolle des Greensill-Versicherungsbrokers Marsh  & McLennan untersuche.

Bis zu einer gerichtlichen Aufarbeitung der Greensill-Pleite dürfte noch Zeit vergehen. Schon näher daran ist Alcimos mit einer zweiten Gruppenklage gegen die UBS. Die Großbank hatte 2017 einen Bond über 150 Mill. sfr zugunsten des betrügerischen griechischen Einzelhandelsunternehmens Follie Follie aufgelegt, was nach Auffassung der Anwaltskanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan (Schweiz) gegen Bedingungen der Prospekthaftung verstieß.

Alcimos hat nach eigenen Angaben Kunden von Schweizer Privatbanken mit Follie-Follie-Bondbeständen im Nominalwert von 23 Mill. sfr für die Gruppenklage gegen UBS gewonnen. Um diese durchzusetzen, haben die Kläger eine Gesellschaft gegründet, an die die Geschädigten ihre Forderungen abtreten. Die Prozesskosten werden von der spezialisierten Finanzierungsgesellschaft Omni Bridgeway vorgeschossen. Kintis zu­folge plant Alcimos nach diesem Muster auch gegen Credit Suisse vorzugehen.

Derweil hat die französische Generalstaatsanwaltschaft im Steuerprozess gegen die UBS die Schadenersatzforderung im Vergleich zum erstinstanzlichen Urteil (3,7 Mrd. Euro) auf „mindestens 2 Mrd. Euro“ korrigiert (s. Seite 3). Anders als im Greensill-Fall der Credit Suisse war die Börse auf diesen Rechtsstreit vorbereitet. Das spiegeln auch die Kursverläufe: Während UBS seit Anfang März fast 3% zulegten, brachen Credit Suisse um rund 10% ein.