Schweizer Nationalbank entlastet Kreditwirtschaft

Weniger Strafzinsen, weniger Kapitalpuffer - Notenbankchef appelliert an Verantwortung der Banken

Schweizer Nationalbank entlastet Kreditwirtschaft

dz Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will Geschäftsbanken mehr Spielraum geben, damit sie die Liquiditätsengpässe der durch die Coronakrise betroffenen Unternehmen mit Notkrediten abfedern können. Dies gab die SNB am Donnerstag im Anschluss an die erste ordentliche geldpolitische Lagebeurteilung dieses Jahres bekannt. Die Handlungsweise der Banken spiele für die wirtschaftliche Entwicklung in der nächsten Zeit eine “zentrale Rolle”, schreibt die SNB in einer Mitteilung. Um die Banken in deren Aufgabe zu bestärken, will sie die Nationalbank nun entlasten.Der Anteil strafzinsbefreiter Giroguthaben wird per Anfang April markant erhöht. Dadurch sinkt die direkte Belastung des Bankensystems durch das Negativzinsregime von derzeit rund 1 Mrd. sfr auf etwa 400 Mill. sfr pro Jahr. Bereits im Herbst 2019 hatte die SNB die Freigrenze deutlich erhöht. Bis dahin mussten die Banken auf ihren bei der SNB liegenden Giroguthaben von aktuell über 500 Mrd. sfr jährlich mehr als 2 Mrd. sfr Zinsen entrichten.Darüber hinaus “prüft” die SNB, ob die 2012 eingeführten antizyklischen Kapitalpuffer gelockert werden können. Eine vollständige Deaktivierung des Puffers würde bei den Banken 5 Mrd. bis 6 Mrd. sfr Eigenkapital freisetzen, das diese für neue Kredite benutzen könnten, sagte SNB-Chef Thomas Jordan auf einer Telefonkonferenz. Formell entscheidet aber der Schweizer Bundesrat. Dies dürfte erklären, weshalb Jordan die Entscheidung noch nicht offiziell verkünden konnte. Vermutlich wird der Bundesrat dies heute nachholen.Jordan betonte auf der Pressekonferenz, dass dem schweizerischen Bankensystem schon jetzt große Puffer zur Verfügung stünden, die jederzeit in Anspruch genommen werden könnten und den Banken eine deutliche Ausweitung der Kredittätigkeit erlauben würden. Jordan nannte “rund 50 Mrd. sfr”. Der Notenbankchef betonte die volkswirtschaftliche Verantwortung, mit der die Banken jetzt besonders sorgsam umzugehen hätten. “Die Erleichterungen sind nicht darauf ausgerichtet, dass die Banken jetzt Dividenden erhöhen”, sagte Jordan. Er sei aufgrund von Gesprächen mit Branchenvertretern aber “fest überzeugt”, dass sich die Banken ihrer Rolle bewusst sind.Die SNB habe seit Ausbruch der Pandemie ihre Devisenmarktinterventionen zur Verhinderung einer allzu starken und raschen Aufwertung des Franken “deutlich verstärkt”, sagte Jordan. Das Schweizer Finanzsystem sei derzeit mit ausreichend Liquidität ausgestattet. Bei Bedarf werde die SNB zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität ergreifen. Jordan räumte ein, dass Dollar außerhalb Amerikas in den vergangenen Tagen knapper geworden sind, weshalb die US-Notenbank mit der SNB und anderen Notenbanken am Sonntag ein sogenanntes Swap-Abkommen zur Versorgung mit Dollar-Liquidität abgeschlossen hat. Keine LeitzinssenkungFür eine Leitzinssenkung unter das seit Januar 2015 bestehende Niveau von – 0,75 % sieht die Nationalbank derzeit keinen Bedarf. Dies war erwartet worden, nachdem die EZB vergangene Woche die Zinsen ebenfalls unverändert gelassen hatte.Der Bundesrat will am heutigen Freitagnachmittag ein konsolidiertes und umfassendes Maßnahmenpaket zur Stützung der Wirtschaft präsentieren. In Medienberichten war von bis zu 100 Mrd. sfr die Rede.