Schwellenländer bleiben auf der Überholspur

Solide Haushaltslagen und gute Rating-Bewertungen

Schwellenländer bleiben auf der Überholspur

Anders als die Industrienationen zeichnen sich Emerging Markets wie China durch positive Wachstums- und Zukunftsprognosen aus. Zwar bleiben Inflation und mancherorts auch die politische Unsicherheit ein Thema in den Schwellenländern. Dennoch werden sich die Gewichte der Weltwirtschaft weiter zugunsten der Emerging Markets verschieben. Dahinter stehen Wachstumstreiber wie steigender Wohlstand, anziehender Konsum und das Aufwertungspotenzial vieler Lokalwährungen in Kombination mit soliden Haushaltslagen.Louis Vuitton, Porsche oder Gucci – westliche Luxusmarken stehen in China längst auf den Einkaufszetteln der wachsenden gesellschaftlichen Mittelschicht. Noch in den siebziger Jahren litt jeder vierte Chinese unter Armut. Doch hat gerade China seit Ende der siebziger Jahre auf eine zunehmende internationale Verflechtung gesetzt und damit beeindruckende wirtschaftliche Wachstumsraten erzielt. Inzwischen hat sich das Land zur drittgrößten Wirtschaftsmacht der Welt entwickelt – und die Fahrt auf der Überholspur hält an. Positive ZukunftsprognosenStaaten wie China oder Indien, die zur Gruppe der aufstrebenden Regionen – den Emerging Markets – gezählt werden, zeichnen sich gegenüber den als etabliert geltenden Industrienationen durch ihre anhaltend positiven Wachstums- und Zukunftsprognosen aus: Knapp zwei Drittel (19 Länder) der Top-30-Volkswirtschaften im Jahr 2050 werden derzeit zur Gruppe der Emerging Markets gezählt. Unsere Studie “Die Welt im Jahr 2050” (Stand: Februar 2012) bestätigt das Vorjahresergebnis: Demnach wird die Weltwirtschaft durch das rasante Wachstum der Emerging Markets einen Wandel mit seismischen Ausmaßen erleben. Die HSBC-Studie prognostizierte bereits 2011: Gemeinsam werden sich die heute noch als “emerging” bzw. “aufstrebend” eingestuften Volkswirtschaften innerhalb der nächsten 40 Jahre in ihrer gesamten Wirtschaftsleistung verfünffachen.Das größte Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird China erwirtschaften, sodass die Volksrepublik die USA auf den zweiten Platz verweisen wird. Chinas Volkswirtschaft fällt dabei mit einem erwarteten durchschnittlichen Wachstum von mehr als 5 % in die Kategorie “schnelles Wachstum”. Dagegen deutet sich für die Staaten der “alten” Welt ein gänzlich anderes Szenario an – zum Beispiel in Europa. So meldete das EU-Statistikamt Eurostat im Februar einen Rückgang der europäischen Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2011. Das BIP aller 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union war im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 % gesunken. Emerging Markets holen aufBereits 2012 dürften die Schwellenländer gemeinsam rund die Hälfte zum weltweiten Bruttosozialprodukt beitragen. So nähert sich der Anteil der Emerging Markets wie Brasilien, China oder Indien am weltweiten BIP kontinuierlich dem der Industriestaaten an. Bisher lieferte unter anderem China einen großen Beitrag. Hier ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 1999 bis 2009 jährlich um etwa 14 % gestiegen. Woran liegt das? Ein Großteil der westlichen Industriestaaten präsentiert sich heute wie folgt: geringe Rohstoffressourcen, hohe Staatsschulden und eine überalterte Bevölkerung. Hinzu kommen die Griechenland-Sorgen der Eurozone.Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich in den Emerging Markets: Aufstrebende Staaten wie Brasilien oder China verfügen über attraktive Attri bute wie ein stark steigendes Bildungsniveau, große Rohstoffreserven, einen anziehenden privaten Konsum sowie eine vorteilhafte Demografie aufgrund einer vorwiegend jungen Bevölkerung. Die Bevölkerung vieler afrikanischer Staaten wird sich beispielsweise bis 2050 verdoppelt haben. Auch wenn das Einkommen pro Kopf in einigen dieser Länder weiterhin sehr niedrig sein wird, dürfte sich die Größe dieser Volkswirtschaften aufgrund des Be – Fortsetzung Seite B 12völkerungswachstums enorm steigern. Sicherlich bleibt die Inflation momentan ein Thema in den Schwellenländern. Zugleich ist nicht von der Hand zu weisen, dass die politische Stabilität mancherorts noch nicht so hoch wie in den Industrienationen ist. Allerdings befinden sich viele Regionen inmitten tiefgreifender Wandlungsprozesse – zum Beispiel China, wo ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt. Das rapide Wirtschaftswachstum und die fortschreitende Urbanisierung Chinas steigern die Haushaltseinkommen und erhöhen den Lebensstandard insgesamt.Die chinesische Mittelschicht hat sich in nur fünf Jahren auf 400 Millionen Menschen verdoppelt, bis 2020 sollen ihr sogar 700 Millionen Menschen angehören. Der steigende Wohlstand treibt zugleich den Konsum an. Bis zum Jahr 2020 dürfte Chinas Luxusgütermarkt mit einem geschätzten Wert von rund 106 Mrd. US-Dollar zum weltweit größten herangewachsen sein. Ausgehend von einem Marktwert von 13 Mrd. US-Dollar liegt das erwartete Wachstum für die nächste Dekade bei jährlich 23 %. Schon heute leben in der Volksrepublik mehr als eine Million Millionäre, und der Bedarf an Statussymbolen scheint in China vergleichsweise hoch zu sein – was beispielsweise Automobilherstellern wie Daimler oder BMW hohe Absätze einbringt. Wandel bei Währung enEin Wandel zeichnet sich auch bei den asiatischen Währungen ab. Blieben Asiens Währungen in den vergangenen zehn Jahren noch hinter anderen Währungen weltweit zurück, zeigte das Jahresende 2011 ein anderes Bild: Die indonesische Rupie hat seit Dezember 2008 im Vergleich zum Euro beispielsweise kräftig an Wert gewonnen, der thailändische Baht ebenfalls. Gemessen an der Kaufkraftparität im Vergleich zum US-Dollar sind asiatische Währungen – anders als der Euro oder der Schweizer Franken – zudem deutlich unterbewertet: Der chinesische Renminbi mit 56 %, die indische Rupie sogar mit 172 %. Mit Blick auf die gesunden volkswirtschaftlichen Fundamentaldaten der Region Asien ist daher in den nächsten Jahren mit einem hohen Potenzial für Aufwertungen zu rechnen. Hinzu kommt, dass der chinesische Renminbi als Reservewährung wichtiger wird – nach Einschätzung mancher Experten befindet er sich sogar auf dem Weg zur internationalen Leitwährung.Zudem spricht die in den vergangenen Jahren deutlich gewordene Widerstandskraft gegen Krisen für die Emerging Markets. Aktuell zeigen sich viele Staatshaushalte im Plus, und die Gesamtverschuldung beträgt in den Staaten China, Indonesien oder Korea weniger als die Hälfte der Bruttoinlandsprodukte – in der Region Asien soll diese Quote laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bis 2016 sogar deutlich sinken (Stand: September 2011). Brasilien macht es vorEin besonderes Beispiel für die wachsende Zuverlässigkeit der Staatsfinanzen ist Brasilien: Benötigte das Land noch bis 2005 die Hilfe des IWF, besitzt der größte Staat Südamerikas heute Devisenreserven von mehr als 355 Mrd. US-Dollar. Seit 2009 unterstützt Brasilien den IWF, damit dieser anderen Krisenstaaten helfen kann. Etliche Schwellenländer konnten ihre Bonität innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte stetig verbessern. In den frühen neunziger Jahren besaßen nur 5 % der Schwellenmärkte das Gütesiegel “Investment Grade” und galten demnach als grundsätzlich solide Schuldner mit einer Mindestbewertung von “BBB -” (S & P-Standard).Indes konnten 2010 bereits über 40 Länder diese Einstufung ihrer Kreditwürdigkeit nachweisen. Während sich bei etablierten Volkswirtschaften wie Frankreich oder den USA das Rating verschlechtert hat, sind die Rating-Trends bei den meisten asiatischen Staaten stabil oder positiv. Seit 2010 konnten Hongkong oder Singapur ihre Rating-Bewertungen sogar verbessern und in die “AAA”-Bestnotengruppe aufsteigen.