Schwellenländeranleihen in Hartwährung wieder attraktiv für Anleger

Bewertungen jetzt auf interessanten Niveaus - Stets politische Risiken beachten

Schwellenländeranleihen in Hartwährung wieder attraktiv für Anleger

Von Susanne HellmannGeschäftsführerin NN Investment Partners, Deutschland2015 war für die Emerging Markets und die Assetklasse “Emerging Market Debt” (EMD) ein relativ schwieriges Jahr. Vor allem die dramatische Abwertung der EM-Währungen belastete die Renditen. Wir gehen davon aus, dass das schwierige Umfeld auch in den nächsten Monaten anhalten wird. Ab dem zweiten Quartal könnten sich Verbesserungen abzeichnen, wenn sich der Ölpreis erwartungsgemäß etwas erholt. Zusammen mit der höheren Prognosesicherheit im Hinblick auf die Geldpolitik der Fed könnte dies den Grundstein für eine allmähliche Erholung bei EMD legen. Das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern wird allerdings wohl erst 2017 anziehen.Trotz der negativen Schlagzeilen haben Hartwährungsanleihen immer noch relativ gut abgeschnitten, vor allem im Vergleich zu anderen Spread-Produkten. Die Rendite war 2015 leicht positiv, hätte allerdings besser ausfallen können, wäre es nicht im Dezember infolge einer weiteren Schwächung der Rohstoffpreise zu einem Kursrutsch gekommen.Die Themen, die die Märkte im Vorjahr bestimmten, werden wahrscheinlich wieder dominieren. Doch die Bewertungen haben jetzt sehr interessante Niveaus erreicht, bei Hartwährungsanleihen sind die schlechten Nachrichten bereits überwiegend eingepreist. Die Spreads von Hartwährungsanleihen haben nun den höchsten Stand seit fünf Jahren erreicht. Auf mittlere bis längere Sicht sind die Bewertungen unserer Meinung nach attraktiv. Die geschätzte Gesamtrendite für 2016 liegt bei rund 6 %. Wir gehen davon aus, dass sich die Spreads – bei gleichzeitiger Ausweitung der Treasury-Renditen – in gewissem Maße verengen werden, so dass sich die Effekte gegenseitig aufheben. Im Endeffekt bleibt es bei einer Rendite von 6 %.Die erste Jahreshälfte wird der schwierigste und volatilste Teil des Jahres 2016 sein. Zunächst müssen sich erst einmal die Ölpreise erholen, um den schwächeren, vom Ölpreis abhängigen Teil des Marktes zu stützen. Insbesondere im Hinblick auf die schwächeren Öl produzierenden Länder muss man die Haushaltsdefizite für 2015 im Auge behalten. Diese werden im ersten Quartal veröffentlicht. Die Prognosen liegen bereits vor, und einige Länder haben Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise die Abwertung ihrer jeweiligen Währungen sowie die Kürzung ihrer Ausgaben. Ferner basieren einige Länder ihre Planung auf einem Ölpreis von 35 US-Dollar pro Barrel, während andere für 2016 einen Preis von 55 US-Dollar vorsehen. Es wird daher interessant sein zu sehen, wie sich öffentliche Schuldenquoten und Haushaltsdefizitindikatoren entwickeln. Sofern die Zahlen besser als erwartet sind, würde das sicher für Erleichterung sorgen.Die jährlichen Renditen des EMBI Global Diversified Index, der Benchmark des EMD-Hard-Currency-Fonds, waren während der letzten 17 Jahre phänomenal. Seit dem Jahr 2000 betrug die kumulative Rendite über 250 %. Es gibt nicht viele Assetklassen, die das von sich behaupten können. Die einzigen negativen Jahre seit 2000 waren 2008 und 2013. 2015 Jahr war das drittschlechteste Jahr in 15 Jahren, wenn auch die Rendite mit 1 % immer noch positiv war. Angesichts all jener negativen Schlagzeilen über Korruptionsfälle, Bonitätsherabstufungen, sinkende Rohstoffpreise, Kapitalabflüsse usw. ist das eine reife Leistung.EMD Hard Currency ist unter anderem deshalb eine vergleichsweise widerstandsfähige Assetklasse, weil staatliche Kreditnehmer nach einem eher schlechten Jahr eine Neuemission mit höheren Zinssätzen auflegen können. Wenn sich die Situation dann normalisiert, profitieren Anleger von der höheren Verzinsung in Form einer positiven Zinskongruenz (Carry) und der gehobenen Marktstimmung. Für Investoren stellen die niedrigeren Bewertungen einen attraktiven Einstiegspunkt dar. Ich behaupte zwar nicht, dass wir diesen Punkt bereits erreicht haben, aber es könnte durchaus sein, dass das 2016 irgendwann der Fall sein wird.Die Neuemissionstätigkeit lässt sich nur schwerlich voraussagen. 2015 lag sie bei rund 80 bis 90 Mrd. US-Dollar. Es wäre sicherlich interessant, falls einige der großen, mehr oder weniger geschlossenen Volkswirtschaften wie Russland, Brasilien, Venezuela oder Argentinien an den Markt gingen. Argentinien zum Beispiel könnte ohne Weiteres 10 Mrd. US-Dollar aufnehmen. 2016 wird die Neuemissionstätigkeit weitgehend von diesen vier Ländern abhängen.Was man an den Emerging Markets niemals aus den Augen verlieren darf, ist das politische Risiko. In Venezuela wird der Kongress jetzt von der Opposition beherrscht, die damit sogar die Verfassung ändern könnte. Aber fürs Erste werden die beiden Parteien nicht kooperieren wollen. Sollte die Opposition jedoch an die Macht kommen, bleibt abzuwarten, wie sie mit der bestehenden Auslandsverschuldung umgeht. Falls der Staat realisiert, dass er Dollar-Investitionen braucht, könnte es durchaus zu einem Deal mit seinen Anleihegläubigern kommen. Selbst bei einem Zahlungsausfall und anschließender rascher Restrukturierung besteht durchaus ein erhebliches Aufwärtspotenzial.Auch Länder wie die Türkei und Südafrika sind von Unwägbarkeiten gekennzeichnet. Dass die Präsidenten Erdogan und Zuma sich in die Wirtschaftspolitik einmischen könnten, gibt weiterhin Anlass zur Sorge. In der Türkei besteht daneben natürlich das mit dem IS und dem Krieg in Syrien und Irak verbundene geopolitische Risiko. In Ägypten gibt es unter anderem nach dem Abschuss einer russischen Passagiermaschine durch den IS die Gefahr weiterer Terroranschläge. Für eine Volkswirtschaft, die zu einem Gutteil vom Tourismus abhängt, ist das fatal.