Schwere Vorwürfe gegen Royal Bank of Scotland

Regierungsberater: Firmenkunden in die Zahlungsunfähigkeit getrieben und ausgeweidet

Schwere Vorwürfe gegen Royal Bank of Scotland

Die Royal Bank of Scotland (RBS) wird von einem neuen Skandal erschüttert. Wirtschaftsminister Vince Cable hat einen Untersuchungsbericht an den Regulierer weitergeleitet, in dem der Bank vorgeworfen wird, gesunde Firmen in die Zahlungsunfähigkeit getrieben zu haben, um sie dann auszuweiden.hip London – Ein Berater des britischen Wirtschaftsministers Vince Cable hat schwere Vorwürfe gegen die zu mehr als vier Fünfteln staatseigene Royal Bank of Scotland (RBS) erhoben. Schatzkanzler George Osborne zeigte sich schockiert. Er kündigte zugleich an, nichts unter den Teppich zu kehren. Auch eine von der RBS selbst in Auftrag gegebene Untersuchung ihres Mittelstandsgeschäfts durch Andrew Large lässt das Institut in keinem gutem Licht erscheinen. Die einstige Vorzeigebank hat im Geschäft mit kleineren und mittelgroßen Firmen eine führende Stellung.Der Unternehmer Lawrence Tomlinson (Gründer der LNT Group) kommt in seiner im Internet veröffentlichten Untersuchung des Umgangs von Banken mit Problemschuldnern zu dem Schluss, dass die Bank bei gesunden Unternehmen Kreditereignisse herbeiführe, um sie dann aus der Kundenbetreuung vor Ort in ihre mit Problemkrediten befasste RBS-Sparte Global Restructuring Group (GRG) zu überführen (http://www.tomlinsonreport.com/docs/tomlinsonReport.pdf). Das bringe nicht nur zusätzliche Gebühreneinnahmen und höhere Zinsen. Der RBS-Immobiliensparte West Register werde zudem die Möglichkeit eröffnet, am Ende der Abwärtsspirale die Vermögenswerte der Firmen zu Schlagerpreisen zu erwerben.Cable leitete das Dossier umgehend an die Aufsichtsbehörden Financial Conduct Authority (FCA) und die Prudential Regulation Authority (PRA) weiter. RBS beauftragte die Kanzlei Clifford Chance mit der Prüfung der Vorwürfe.Tomlinson listet eine ganze Reihe von Vorgehensweisen auf, mit denen die Firmenkunden zu Problemkunden gemacht worden seien. Dazu gehören sogenannte technische Defaults, die durch einen zeitweisen Rückgang des operativen Ergebnisses (Ebitda) oder die verspätete Lieferung von Daten ausgelöst werden. Mit der Leistungsfähigkeit oder der Rentabilität des Unternehmens hätten solche Verstöße gegen Kreditklauseln meist nichts zu tun. Auch eine Neubewertung des Beleihungswerts, bei der die Assets einer Firma deutlich unterbewertet werden, könne Verstöße gegen Covenants auslösen.In einem Fall, bei dem die Vermögenswerte binnen zwei Monaten um zwei Drittel niedriger angesetzt wurden, soll der zuständige RBS-Manager dem Unternehmen mitgeteilt haben, dass noch niemand verklagt worden sei, weil er den Wert einer Immobilie zu niedrig veranschlagt habe. Die Kündigung von Kreditlinien oder Änderungen an deren Konditionen – etwa bei Kontokorrentkrediten – biete eine weitere Möglichkeit, den Kunden als “distressed” zu kategorisieren, heißt es in dem Dossier. AbwärtsspiraleTomlinson zitiert einen ehemaligen Banker der Royal Bank of Scotland, der sich an keinen einzigen Fall erinnern kann, bei dem ein Unternehmen von der GRG an die lokale Kundenbetreuung zurücküberwiesen worden wäre. Offenbar seien Firmen mit verwertbaren Assets eher an die GRG überführt worden, weil sich so mehr an ihnen verdienen ließ, als wenn man ihnen einfach weiter Kredit gegeben hätte, wird in dem Bericht unterstellt.Sei die Firma erst einmal bei der GRG gelandet, belasteten höhere Gebühren und Zinsen den Cash-flow. Oft kämen noch missbräuchlich verkaufte Zinsswaps dazu, was das Unternehmen in den Augen anderer Banken als wenig attraktiven Kunden erscheinen lasse. Es habe oft gar keine andere Möglichkeit gegeben, als die Konditionen der RBS zu akzeptieren.Tomlinson spricht von einem “beunruhigenden Bild der Bankenlandschaft und des Zusammenspiels von Unternehmen und Kreditinstituten”. Er fordert eine deutliche Verkleinerung von RBS und Lloyds Banking Group, um Wettbewerbern im Geschäft mit Unternehmenskrediten eine Chance zu geben. Es gebe kein ebenes Spielfeld mehr. “Das Kräfteverhältnis hat sich zu sehr zugunsten der Banken verschoben”, heißt es in dem Bericht. Misstrauen und Angst prägten das Klima. “Es ist nicht zu leugnen, dass einige Banken, insbesondere die RBS, ihren Kunden durch ihre Entscheidungen schaden und deren finanziellen Niedergang herbeiführen.”Andrew Large bemängelt in seinem Bericht, dass nicht klar geregelt sei, wer bei der RBS wofür verantwortlich sei. Das Mittelstandsgeschäft verteile sich über mehrere Sparten. RBS-CEO Ross McEwan kündigte Konsequenzen an. Tausende Unternehmen würden angeschrieben, wie viel die Bank ihnen noch leihen könne. War bislang von 4 Mrd. Pfund die Rede, so ist in McEwans Dankschreiben an Andrew Large von 10 Mrd. Pfund die Rede.—– Wertberichtigt Seite 8