IM GESPRÄCH: WILLIAM PAUS

SEB wendet sich der Energie zu

Firmenkunden-Konzernvorstand rechnet durch Übergang zur CO2-armen Ökonomie mit guten Geschäften

SEB wendet sich der Energie zu

Die schwedische SEB hofft in Deutschland auf ertragreiche Geschäfte durch die Energiewende. Zugute komme ihr wie anderen Auslandsinstituten auch die Schwäche der hiesigen Großbanken, sagt Firmenkunden-Konzernvorstand William Paus. Von Tobias Fischer, FrankfurtSEB will in Deutschland an der Energiewende partizipieren und mindestens doppelt so stark wachsen wie das Bruttoinlandsprodukt. Die Schweden, die sich reichlich Erfahrung mit erneuerbaren Energien in den nordischen Märkten zuschreiben, empfehlen sich vor allem Unternehmen ab etwa 500 Mill. Euro Umsatz. “Wir wollen hier auch für die großen Akteure relevant sein, zum Beispiel, wenn die Energiekonzerne investieren und sich umpositionieren”, sagt William Paus, Executive Vice President und im Konzernvorstand zuständig für Corporate und Investment Banking.Die Großbank, die einst mit rund 5 000 Mitarbeitern in Deutschland aktiv war, 2011 die Privatkundensparte an Santander verkauft und später die Deutschland-Tochter in der Rechtsform einer AG in eine Niederlassung umgewandelt hat, konzentriert sich mit nurmehr insgesamt 230 Mitarbeitern auf das Geschäft mit Firmenkunden und Institutionellen. Zur SEB AB Frankfurt Branch zählt neben der Deutschlandzentrale in Frankfurt das neue Münchener Büro, von dem aus gut zehn Mitarbeiter Bayern, Österreich und die Schweiz abdecken. Wenn es gut läuft, kann sich Paus vorstellen, den Standort in der bayerischen Hauptstadt auszubauen.Doch gelte das auch generell: “Wir sind offen für Expansion in Deutschland, aber nur, wo wir auch relevant sein können – Energie ist eine Sache, Family Offices beziehungsweise deren Investment Holdings sind eine andere. Wenn wir da Erfolg haben, wird es automatisch dazu führen, dass wir uns in Deutschland breiter aufstellen.” Vom Übergang zur CO2-armen Ökonomie und der dadurch bedingten Umstellung der Geschäftsmodelle der Unternehmen werde SEB profitieren können. Seit die von 1976 an in Deutschland tätige SEB auf einen Bruchteil ihrer einstigen Größe zurückgestutzt und der Rückbau 2018 abgeschlossen wurde, sei nun unter dem Strich ein minimaler Aufwuchs an Mitarbeitern vorgesehen. So wird das Corporate-Finance-Team um eine Hand voll Mitarbeiter in Frankfurt erweitert, das börsennotierte Large- und Mid-Cap-Kunden sowie familiengeführte, international ausgerichtete Firmen berät. Der nach Einschätzung Paus` wachsenden Bedeutung von Family Offices will SEB dadurch gerecht werden, dass ein entsprechendes Team in Frankfurt aufgestellt wird, das Holdings, Multi- und Single-Family-Offices beraten soll.Angesichts der weitreichenden Verbindungen und Erfahrungen der SEB-Gründerfamilie Wallenberg rechne sich die Bank hier auskömmliche Geschäfte aus. Die Industriellendynastie Wallenberg hält über Stiftungen das Investmentvehikel Investor AB, das wiederum an schwedischen Unternehmen beteiligt ist, unter anderem an Ericsson, EQT und ABB sowie zu gut 20 % an SEB selbst. “Wir verfügen über einen guten Zugang zu Großunternehmen durch unser Netzwerk über Wallenberg”, sagt Paus. “Hier versuchen wir, unseren Vorteil ins Spiel zu bringen, die Vernetzung mit der Industrie.”Das Gewicht Deutschlands des darüber hinaus in Skandinavien, im Baltikum und in Großbritannien tätigen Konzerns ist freilich überschaubar: 230 der insgesamt 15 000 Mitarbeiter arbeiten hier; im vergangenen Jahr hat SEB AB Frankfurt Branch 57 Mill. Euro verdient und damit gerade mal 2,2 % des Gesamtgewinns erwirtschaftet (s. Grafik).Man sei in Deutschland langfristig orientiert, beteuert der 1967 geborene Norweger, der seit 26 Jahren bei SEB arbeitet und den sein Studium in Mannheim und berufliche Stationen in Frankfurt mit Deutschland verbinden. Zuletzt war er hierzulande von 2001 bis 2007 als Head of Merchant Banking tätig. Anschließend arbeitete er für SEB in seinem Heimatland, von 2010 an als Landeschef. Im April 2018 stieg er zum Vorstandsmitglied für Corporate und Investment Banking auf. Dem hiesigen Markt gewinnt er trotz des sich immer weiter verschärfenden Konkurrenzkampfs im Firmenkundengeschäft enorme Chancen ab. “Deutschland ist ein riesiger Markt, es gibt genügend Geschäftsmöglichkeiten für viele Mitspieler.”Andererseits befindet Paus, dass die Wettbewerbssituation sehr komplex sei: “Es ist schwierig, in Deutschland eine zufriedenstellende Eigenkapitalrendite zu erzielen.” Er sei jedoch zuversichtlich, den unter dem Durchschnitt liegenden Wert zu steigern. Sei bei einer der beiden Komponenten der Eigenkapitalrendite, der vom Markt vorgegebenen Marge, nicht viel auszurichten, so könne SEB die andere Komponente, die Kosteneffizienz, selbst beeinflussen. Und hier, bei der Cost-Income-Ratio, liege Deutschland unter dem Wert anderer Länder, in denen SEB aktiv ist. Ende September verzeichnete der Konzern eine Aufwand-Ertrag-Quote von 47 % und eine Eigenkapitalrendite von bereinigt 13,2 %. Schwache deutsche BankenZugute komme der SEB und anderen Auslandsbanken die Schwäche der großen deutschen Banken, sagt Paus. “Es besteht jetzt immer eine Möglichkeit für ausländische Banken, im Markt aktiver zu sein. Denn die großen Banken hier sind auf sich fokussiert. Das merken wir.” Die Frage sei, wie es mit Deutscher Bank und Commerzbank weitergehe. “Es ist nicht auszuschließen, dass eine der beiden großen deutschen Banken eine internationale Konstellation eingeht.” Ein grenzüberschreitender Zusammenschluss unter Beteiligung der SEB komme allerdings nicht infrage, sagt Paus, wäre es doch eine Nummer zu groß für das Institut, das eine Bilanzsumme von umgerechnet gut 240 Mrd. Euro und eine Marktkapitalisierung von knapp 17 Mrd. Euro vorweist. Auch der Erwerb kleinerer Banken in Deutschland kommt für ihn eher nicht infrage. “Kleine Ergänzungen soll man nie ausschließen, aber SEB hat keine Akquisitionskultur. Wir wachsen eher organisch. Und dafür gibt viele Möglichkeiten in Deutschland.” Der absehbare Wirtschaftsabschwung schreckt ihn nicht: “Es ist nicht automatisch so, dass es uns schlechter geht, wenn das Wachstum nachlässt, denn auch im Abschwung müssen Kunden aktiv sein, Sparten verkaufen, Risikoabsicherung betreiben und in Technologien investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir versuchen, ziemlich stabil über die Zyklen zu kommen.”Zu den Geldwäschevorwürfen, die das schwedische Fernsehen gegen SEB vorgebracht hat, möchte sich Paus nicht weiter äußern. Er verweist auf Stellungnahmen des Konzerns, denen zufolge in Verdachtsfällen die Kundenbeziehung gekappt und die Polizei verständigt würden (vgl. BZ vom 28. November).