"Sechs Jahre lang haben wir den Mund gehalten"

Investmentmanager wollen sich in der öffentlichen Wahrnehmung von Investmentbanken absetzen

"Sechs Jahre lang haben wir den Mund gehalten"

hip London – Vermögensverwalter haben es zunehmend satt, mit Investmentbankern in einen Topf geworfen zu werden. Mit dem wachsenden Interesse der Regulierer an der Branche nimmt auch der Unmut über die Gleichsetzung in der öffentlichen Wahrnehmung zu. “Sechs Jahre lang haben wir den Kopf gesenkt und den Mund gehalten”, sagte Robert Jenkins, der ehemalige Chairman der britischen Investment Management Association (IMA). “Wir müssen aufstehen und unsere Stimme erheben.”Die Branche habe in dieser Hinsicht einen schlechten Start hingelegt, räumte das einstige Gründungsmitglied des Financial Policy Committee der Bank of England ein. Das erste Mal, dass sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, leistete sie Widerstand gegen die Ausweitung der europäischen Vorgaben für Bankerboni auf die Asset-Management-Branche. “Für den Mann auf der Straße sind wir alle Investmentbanker”, sagte Jenkins auf der CFA European Investment Conference in London. Als sogenannte Schattenbanken stellten Investmentmanager die “neuen Jagdgründe” der Finanzaufsicht dar. Aber weder die Branche noch die Aufseher könnten beeinflussen, wohin die Gelder der Anleger flössen.Das Hauptproblem sei doch der “exzessive Leverage” der Banken, der durch die aktuelle Regulierung erhalten bleibe. Asset Manager müssten klarmachen, dass sie anders seien. Man nehme weder übermäßig Fremdkapital auf, noch handele man auf eigene Rechnung. Die Branche werde nicht vom Steuerzahler subventioniert und sei auch nicht “too big to fail”. Verluste könnten durch Eigenkapital gedeckt werden. Selbst Hedgefonds nutzten lediglich 10 % des nach den Baseler Vorgaben für Banken zulässigen Leverage. “Niemand hat ein größeres Interesse an Finanzstabilität als die Investmentmanagement-Branche”, konstatierte Jenkins, der im Laufe seiner langen Karriere auch als Chief Operating Officer von Credit Suisse Asset Management fungierte. Sie müsse den Regulierern klarmachen, wo die echten Bedrohungen lägen.Alles in allem hielten die Teilnehmer der Konferenz die bisherigen Maßnahmen der Aufsichtsbehörden für unzureichend. 81 % waren der Ansicht, die bisherigen Reformen des Finanzsystems reichten nicht aus, um in Zukunft eine Krise wie 2007/08 zu verhindern. Auch Charles Goodhart, ein ehemaliges Mitglied des geldpolitischen Rats der britischen Notenbank, stellte den Aufsichtsbehörden kein gutes Zeugnis aus. Die Euro-Staatsschuldenkrise sei eine zum Teil vermeidbare Tragödie. Die Vorgehensweise der Regulierer habe die expansive Geldpolitik konterkariert. Man habe wenig darüber nachgedacht, auf welche Weise Banken den um ein Vielfaches nach oben geschraubten Kapitalanforderungen nachkommen würden, sagte der emeritierte Professor der London School of Economics. Balkanisierung der BankenStatt frisches Eigenkapital aufzunehmen, hätten die Institute vor allem Deleveraging betrieben. Kredite ins Ausland seien oft gar nicht mehr vergeben worden, was zu einer Balkanisierung der europäischen Bankenlandschaft geführt habe. “Es gibt keine europäische Bankenunion mehr”, sagte Goodhart. “Sie liegt in Scherben.” Die Rekapitalisierung der Banken wäre kein schlechtes Geschäft für die Steuerzahler gewesen, aber viele Staaten hätten nicht über die erforderlichen Mittel verfügt. Nun vergäben die Institute wegen der laufenden Stresstests und der Asset Quality Review (AQR) erst recht keine Kredite. Die Frage, woher das Geld für die Rekapitalisierung kommen soll, sei nach wie vor unbeantwortet.Knapp zwei Drittel der Konferenzteilnehmer gingen von einem negativen Einfluss der Regulierung auf das wirtschaftliche Wachstum in Europa aus. “Hätte es keine Reform des Finanzsystems gegeben, wäre das noch schlimmer für das Wachstum gewesen”, konterte Sharon Bowles, die dem Board der London Stock Exchange als Non-Executive Director angehört. Es sei “wirklich schwierig”, die Rehabilitation der Branche voranzubringen, sagte die ehemalige Europaparlamentarierin. Aber immerhin werde mittlerweile in ganz Europa anerkannt, dass Kapitalmärkte etwas Gutes seien und dass sie größer werden müssten. “Wir brauchen die Kapitalmarktunion”, sagte sie. Dabei dürfe es sich aber nicht lediglich um einen Transfer von den Banken an die Märkte handeln. “Der Kuchen muss größer werden.”