Seitenwechsler
bg – Als John Cryan bei der Deutschen Bank im Oktober 2015 Tabula rasa machte, musste auch Michele Faissola die Koffer packen. Bei der Aufklärung des Libor-Skandals in Misskredit gebracht worden, wurde der Chef von Deutsche Asset & Wealth Management aus dem Konzern gespült. Als Zögling von Anshu Jain war er mit dem Ende der Ära Jain sowieso nicht mehr wohl gelitten bei dem auf Kulturwandel dringenden Umfeld. Zudem wurde das Wealth Management aus der Sparte rausgelöst und dem Privat- und Geschäftskundensegment zugeschlagen.Die jüngste Hausse in der Deutsche-Bank-Aktie dürfte der unfreiwillig ausgeschiedene Faissola trotzdem mit Freuden registriert haben, ist er dem Institut doch inzwischen auf andere Art und Weise verbunden. Dem Großaktionär Al-Thani, Herrscherfamilie von Katar, steht er beratend zur Seite und kann von außen seinen Einfluss geltend machen. Auf knapp 10 % der Anteile haben die Al-Thanis Zugriff. Mit gewachsenem Engagement haben sie auch direkte Repräsentanz im Aufsichtsrat gefunden. Statthalter der Kataris ist der Jurist Stefan Simon, früher Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg.Dass die Al-Thanis Simon auswählten, ist kein Zufall, hatte er doch zuvor Faissola als Mandanten gegenüber der BaFin in den Libor-Untersuchungen vertreten – so schließt sich der Kreis. Und da man niemals im Leben so ganz geht, bleibt Faissola der Deutschen Bank mit seiner Einbettung in die Entscheidungsstrukturen des Großaktionärs enger verbunden, als es Konzernchef John Cryan lieb sein kann. Wer will schon mit einem eigenhändig geschassten Ex-Mitglied des erweiterten Vorstands konfrontiert sein, wenn demnächst bei den Investoren Kapital eingeworben werden sollte? Die Konstellation ist pikant, aber Cryans britische Coolness hilft sicher. Aus Katar kamen jedenfalls Signale, dass man im Verbund mit weiteren arabischen Geldgebern auf bis zu 25 % aufstocken könnte – was dazu beitrug, den ersten Angriff der Spekulanten auf die Deutsche Bank abzuwehren. Jeder weitere Anteilschein im Depot der Al-Thanis macht es aber notwendig, dass sie sich der Aufsicht gegenüber zu den strategischen Zielen ihres Investments erklären. Da man auch an Credit Suisse und Barclays beteiligt ist, lässt sich eine gewisse Ambition zur Gestaltung der Konsolidierung im europäischen Bankensektor nicht leugnen – und Faissola ist mittendrin dabei.