SNB-Gewinn weckt Begehrlichkeiten

Schweizer Nationalbank muss sich des Griffs der Politiker nach 49 Mrd. sfr erwehren

SNB-Gewinn weckt Begehrlichkeiten

Mit einem Luxusproblem muss sich – wieder einmal – die schweizerische Notenbank SNB herumschlagen. Ihr im vergangenen Jahr erzielter Gewinn weckt Begehrlichkeiten der Politiker. Bund und Kantonen sind von den 49 Mrd. sfr gerade 2 Mrd. sfr sicher. Von der SNB geplant ist noch eine Sonderausschüttung.dz Zürich – In der Schweizerischen Nationalbank (SNB) dürfte niemand unglücklich sein, dass 2019 nicht wieder ein Rekordjahr geworden ist. Hätten der Dollar und der japanische Yen im Vergleich zum Franken in den vergangenen drei Monaten des Jahres nicht so deutlich abgewertet, stünde in dem von der Nationalbank selber provisorisch berechneten Gewinnsaldo ein bislang unerreichter Betrag von gegen 60 Mrd. sfr. So sind es gemäß einer gestern verbreiteten Mitteilung halt doch nur 49 Mrd. sfr geworden.Das kann Thomas Jordan nur recht sein. Seit der Vorlage des letzten Gewinnrekords von 54 Mrd. sfr im Jahr 2017 sieht sich der oberste Frankenhüter mehr denn je gezwungen, die knauserig anmutende Ausschüttungspolitik seiner Institution zu erklären. Unter der seit 2016 geltenden Ausschüttungsvereinbarung zwischen der SNB und dem eidgenössischen Finanzdepartement haben Bund und Kantone (Bundesländer) 1 Mrd. sfr pro Jahr sicher, sofern in der Ausschüttungsreserve ein entsprechender Betrag vorhanden ist.Eine weitere Milliarde kommt hinzu, wenn die Reserve mehr als 20 Mrd. sfr enthält. Nach Verrechnung des vorliegenden Jahresergebnisses beträgt der Saldo der ausschüttbaren Gewinne aber 88 Mrd. sfr. Die Diskrepanz zum regulären Ausschüttungsmodell ist derart groß geworden, dass die SNB nun eine Sonderausschüttung in einer mit dem Finanzministerium noch festzulegenden Höhe vornehmen will. Staatsfonds war schon ThemaDamit will das Noteninstitut ganz offensichtlich den politischen Akteuren zuvorkommen, die schon länger eine großzügigere Verteilung der Gewinne verlangen. Von der Errichtung eines Staatsfonds war im Parlament schon mehrfach die Rede. Inzwischen steht die vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund erhobene und von einflussreichen Vertretern der beiden größten Parteien, SP und SVP, unterstützte Forderung im Raum, einen substanziellen Gewinnbetrag in die staatliche Vorsorgekasse (AHV) umzulenken. Von alledem will die SNB mit Blick auf ihre politische Unabhängigkeit partout nichts wissen.Die Idee der AHV-Finanzierung ist ihr nur allzu bekannt. Schon im Jahr 2006 musste sich die Notenbank auf die Hinterbeine stellen, um einer entsprechenden Volksinitiative den Erfolg an der Urne zu vereiteln.Das war gar nicht so einfach, denn zu verteilen gab es schon damals viel. Abhilfe schuf eine offensivere Gewinnausschüttungspolitik, mit der die SNB ihre Überschussreserven abtragen konnte, die während langer Jahre hinter der konservativen Bilanzierungspraxis verborgen geblieben waren.Auch ein großer Teil der Goldreserven, die zur Deckung des Franken unter dem einstigen Weltwährungssystem Bretton Woods angelegt worden waren und nach dessen Auflösung in den frühen siebziger Jahren ihren ursprünglichen Zweck verloren hatten, wurden nach der Jahrtausendwende veräußert, der Gewinn von 21 Mrd. sfr wurde an den Bund und an die Kantone abgeführt.Die SNB verfügte per Ende September über ein Eigenkapital von 170 Mrd. sfr, was etwa 20 % der Bilanzsumme entsprach. Über die Verwendung der Gewinne im laufenden Jahr und den folgenden Jahren werden SNB und das Finanzministerium im Herbst eine neue Vereinbarung treffen, was zu heftigen politischen Diskussionen führen dürfte.