Von Thilo Schäfer, MadridSpaniens Banken haben die Folgen der geplatzten Immobilienblase immer noch nicht vollständig verdaut, doch der Konjunkturaufschwung im Lande hat zuletzt auch wieder Bewegung in den Immobilienmarkt gebracht. Die Geldinstitute buhlen nach Jahren der Zurückhaltung wieder um Hypothekenkunden, und einige Medien nehmen sogar schon das Wort “Preiskampf” in den Mund. Die Experten sind sich einig, dass die Talsohle durchschritten ist.Erstmals seit Beginn der Krise vor sieben Jahren stiegen die Immobilienpreise 2014 leicht um 1,8 %, wie das Nationale Statistikamt INE vor Tagen bekannt gab. Während der Krise haben die Aktiva einen Wertverlust von rund 40 % erlitten. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Spanien liegt nun bei 1 463 Euro, und im Durchschnitt stiegen die neuen Hypotheken im letzten Jahr leicht auf 102 000 Euro. Maßgeblicher Faktor für die Trendwende ist der Einstieg ausländischer Finanzinvestoren, die seit 2013 im großen Stil Gewerbegebäude und Wohnungen aufgekauft haben. Im letzten Jahr wurden mit 364 000 Immobilien 19 % mehr verkauft als 2013.”Der Anstieg der Verkaufszahlen im Dezember spiegelt sich auch in einem neuen Schub bei der Kreditvergabe für den Wohnungskauf wider, die im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 47 % wuchs”, unterstreichen die Analysten von BBVA in einer Marktstudie. Spaniens zweitgrößte Bank greift im Hypothekengeschäft wieder an. Nachdem zahlreiche Konkurrenten in den vergangenen Monaten die Preise deutlich gesenkt hatten, bietet auch BBVA nun eine Hypothek mit einem Aufschlag von 1,6 % auf den Leitzinssatz Euribor an. Andere gehen noch weiter. “Seit Anfang des Jahres haben sich die Banken in einen Kampf um die billigste Hypothek verzettelt. Manche bieten gar einen Aufschlag von 1 % auf den Euribor an”, kommentiert Juan Villén, Leiter für den Kreditmarkt von Idealista.com, Spaniens führendem Immobilienanbieter: “Diese Strategien zeigen, dass die Banken ihre Einnahmen aus den Hypothekenzinsen wieder erhöhen müssen.” Die Zahl der neu vergebenen Kredite kann derzeit immer noch nicht den Rückgang der alten Hypotheken ausgleichen, die entweder abgezahlt oder abgeschrieben werden und teilweise seinerzeit zu noch niedrigeren Zinsen abgeschlossen wurden.Im Ringen um die Kundschaft kommen immer neue Produkte auf den Markt. Ibercaja bietet eine Laufzeit von 40 Jahren an. Kutxabank, die bei den europäischen Bilanztests letztes Jahr in Spanien am besten abschnitt, hat eine Hypothek zum Festzins von 2,5 % auf den Markt gebracht. Fast alle Kredite sind an Bedingungen gebunden, und die Kunden müssen andere Produkte wie Lebensversicherungen, Kreditkarten oder Investmentfonds kontrahieren. Die Finanzierung beträgt mehrheitlich 80 % des Kaufpreises, doch nach Angaben des Immobilienvermittlers Agencia Negociadora sind die Banken zunehmend bereit, auch 100 % vorzustrecken. Dies gilt in der Regel aber nur für den Fall, dass der Kunde eine Wohnung aus dem Bestand des Kreditinstituts erwirbt. Das Anleihekaufprogramm der EZB dürfte das Hypothekengeschäft in Spanien zusätzlich beleben. Bis vor kurzem haben die hiesigen Geldinstitute nämlich lieber Staatsanleihen gekauft, statt Kredite zu vergeben.Auch die Aufräumarbeiten nach der Blase schaffen nun eine bessere Ausgangslage. Viele Aktiva konnten bei der Bad Bank Sareb geparkt werden, für einen weiteren Teil wurden Milliarden in die Risikovorsorge investiert. Der Anteil notleidender Kredite sinkt, liegt im Branchendurchschnitt jedoch noch immer über 10 %. Daher agieren die Banken weiterhin mit angezogenen Zügeln. “Die Banken wenden bei der Kreditvergabe weiterhin sehr strenge Kriterien an”, versichert Villén. “So wird nur an Personen mit einem bestimmten Einkommen oder einem bestimmten Arbeitsplatz geliehen. Das scheint aus Sicht der Banken vielleicht strategisch sinnvoll, aber dieses Segment ist meist gar nicht an einem Wohnungskauf interessiert, und wenn, dann zahlen viele auf einen Schlag in bar. Aber wenn die Banken bald merken, dass sie ihre Ziele bei der Kreditvergabe nicht erreichen, werden einige die Kriterien lockern”, meint der Experte.