Sparkassen im Ländle für Sparprämie

Präsident Schneider sieht dramatische Folgen der Niedrigzinsen und rechtfertigt Kündigung von Verträgen

Sparkassen im Ländle für Sparprämie

Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsen sieht Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg, dramatische Folgen nicht nur für Finanzinstitute, sondern auch für Sparer. Er fordert deshalb eine staatliche Sparprämie.bl Stuttgart – Der Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg, Peter Schneider, sieht die deutschen Sparer, aber auch die hiesigen Institute als “Getriebene” der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).Die Sparkultur in Deutschland gehe “vor die Hunde”, klagte Schneider. Die Bürger konsumierten immer mehr, zulasten der Altersvorsorge. Der Staat profitiere davon, dass er beim Verkauf mancher Anleihen sogar Zinsen erhalte, statt welche zu bezahlen. Nach Berechnungen der Bundesbank habe die öffentliche Hand in den letzten Jahren weit über 100 Mrd. Euro an Zinsen gespart, so Schneider. “Die Sparer sind die Dummen, und einer der Gewinner ist der Fiskus”, sagte Schneider. Es liege deshalb auf der Hand, dass der Finanzminister einen Teil seiner Ersparnis an die Sparer in Form einer staatlichen Sparprämie zurückgeben müsse.Sein Vorstoß sei mit der deutschen Sparkassen-Dachorganisation DSGV nicht abgestimmt, betonte Schneider. Nach seiner Rechnung würde eine Prämie von 5 % auf einen Sparbetrag von maximal 1 200 Euro im Jahr den Steuerzahler 1 Mrd. Euro jährlich kosten, wenn dieses Angebot von 20 Millionen Kunden in Anspruch genommen würde. Die Nebenwirkungen der EZB-Geldpolitik, die den Leitzins nahe null hält und die langfristigen Zinsen über Staatsanleihekäufe noch weiter drückt, werden laut Schneider “heillos unterschätzt”. Neben den Geldhäusern litten darunter vor allem Bausparkassen und Lebensversicherungen.Der Präsident, dessen Landesverband 53 Sparkassen vertritt, verteidigte die Kündigung zuteilungsreifer Verträge durch die Bausparkassen. Die Institute haben nach seiner Schätzung rechtlich keine schlechten Karten, obwohl Verbraucherverbände von Kündigungen betroffenen Kunden raten, den Klageweg zu beschreiten.Nach Ansicht Schneiders steht durch die Politik der EZB das ganze Geschäftsmodell der Bausparkassen massiv unter Druck. “Sie können nicht zuschauen, wie ihr Ergebnis erodiert.” In diesem Zusammenhang hat er auch Verständnis dafür, dass die Sparkasse Ulm die hoch verzinsten Scala-Sparverträge, die die Ertragslage des Instituts sehr stark belasteten, gekündigt habe. Der Verband wolle der Sparkasse, die darüber nachdenkt, gegen eine erstinstanzliche Entscheidung in Berufung zu gehen, aber “keine Empfehlung” geben. Man müsse mit den Kunden anständig umgehen, mahnt er an und verwies auf einen möglichen Imageschaden.Dass private Sparer und Unternehmen ihre Einlagen bei den Sparkassen in Baden-Württemberg 2014 trotz mickriger Zinsen insgesamt um 3,5 % auf 123,6 Mrd. Euro erhöhten, wertet der Sparkassenpräsident als Zeichen des Vertrauens in die Sicherheit seiner Institute. Das Kreditvolumen stieg um 2,5 % auf 108,6 Mrd. Euro.Unter Druck geraten die Sparkassen auf der Ertragsseite. Zwar gelang es den 53 Instituten, ihren Zinsüberschuss zu steigern. Es sei aber eine Frage der Zeit, bis einzelne Institute “unter Wasser” gerieten. Das Betriebsergebnis vor Bewertungseffekten sank um 3,2 % auf 1,7 Mrd. Euro, weil die Kosten wegen Tariferhöhungen für die Beschäftigten stärker stiegen als die Einnahmen. GewinnsteigerungDer stetige Anstieg der Cost-Income-Ratio (siehe Grafik) zeige, dass es “immer schwieriger” werde, die Kostensteigerungen auf der Ertragsseite auszugleichen. Unter dem Strich kletterte der Gewinn der Sparkassen unter anderem wegen der Auflösung von Risikovorsorge für Kredite um ein Drittel auf 1,1 Mrd. Euro. Der Gewinn solle dem Eigenkapital zugeführt werden, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und für künftige Belastungen des Zinsergebnisses vorzusorgen.