Sparkassen erwarten Gewinnschub durch Zinsanstieg
Sparkassen erwarten durch Zinsanstieg Gewinnschub
Institute in Hessen und Thüringen prognostizieren für das laufende Jahr ein Ergebnisplus von 28 Prozent auf knapp 1,5 Mrd. Euro
Die 48 thüringischen und hessischen Sparkassen dürfen für dieses Jahr auf ein kräftiges Gewinnwachstum hoffen. Der Zinsanstieg wird ihnen Prognosen zufolge ein Wachstum des Zinsüberschusses inklusive Derivaten um gut ein Fünftel und ein Betriebsergebnis vor Bewertung von knapp 1,5 Mrd. Euro bescheren, 28% mehr als 2022.
fir Frankfurt
Die Sparkassen in Hessen und Thüringen rechnen zinsbedingt für dieses Jahr mit einem Ergebnisschub. Die 48 Mitgliedsinstitute des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT) werden Prognosen zufolge trotz höherer Kosten insgesamt 1,46 Mrd. Euro vor Bewertung verdienen und damit 28% mehr als im Jahr zuvor, sagte der Geschäftsführende Präsident des SGVHT, Stefan G. Reuß, am Freitag in einem Pressegespräch. Das Geschäftsmodell der Sparkassen bezeichnete er als "allwettertauglich".
Auch nach Bewertung wird das Jahresergebnis demnach wieder ins Plus drehen, nachdem es im vergangenen Jahr wegen temporärer stark negativer Bewertungseffekte bei selbst gehaltenen Wertpapieren in Höhe von 1,3 Mrd. Euro im Zuge der Zinswende auf rund −140 Mill. Euro absackte. Die Zinserhöhungen der EZB hatten den Sparkassen Kursverluste bei ihren Eigenanlagen eingebrockt und zu entsprechenden Verlusten des Bewertungsergebnisses im Wertpapiergeschäft geführt.
Zuschreibungen bei Wertpapieren
Die Zeichen stehen dem Verband zufolge gut, 2023 nach Bewertung und vor Dotierung der Vorsorgereserven 1,4 Mrd. Euro zu verdienen. „Im laufenden Jahr ist die Kursentwicklung bei den Anleihen trotz der weiteren Zinsschritte der EZB wie erwartet bislang ruhiger abgelaufen", sagte Reuß. Er gehe deshalb für dieses Jahr von Zuschreibungen von etwa 160 Mill. Euro aus. Schon im März hatte der Verbandschef in der Bilanzpressekonferenz eine ruhigere Entwicklung und Normalisierung des Wertberichtigungsbedarfs in Aussicht gestellt. Seinerzeit war von zu erwartenden Zuschreibungen von etwa 120 Mill. Euro die Rede gewesen.
Spürbare Inflation
Der Ergebniszuwachs geht in allererster Linie auf das Konto des Zinsüberschusses inklusive Derivaten, der um 22% auf 2,64 Mrd. Euro steigen soll. Drei Viertel davon seien auf das Zinsergebnis aus Derivaten zurückzuführen, sagte Reuß. Der Provisionsüberschuss dürfte um 1% auf 940 Mill. Euro zulegen. Bei den Kosten macht sich die Inflation bemerkbar. Sie steigen voraussichtlich um 9% auf 2,15 Mrd. Euro.
Kredit-Neugeschäft bricht ein
Seit dem Schlussquartal 2022 schwächt sich das Neugeschäft bei Immobilienfinanzierungen dem SGVHT zufolge ab. Die Sparkassen haben demnach im ersten Halbjahr 57% weniger Zusagen für Immobiliendarlehen gemacht, bei Firmenkrediten betrug der Rückgang 30%. Über alle Kundensegmente hinweg betrachtet seien die Zusagen in der ersten Jahreshälfte um 40% auf 5,5 Mrd. Euro gesunken. Dass die Nachfrage nach Wohneigentum "praktisch zum Erliegen gekommen" sei, führte Reuß auf exorbitante Immobilienpreise und hohe Baukosten, den Anstieg der Zinsen und ein geringes Angebot an bezahlbarem Bauland zurück. Viele Menschen warteten entweder noch ab, in der Hoffnung auf sinkende Preise, oder seien schlicht nicht mehr in der Lage, sich Wohneigentum zu leisten.
Anzeichen für Besserung
Zumindest ein wenig Besserung sei jedoch absehbar. So hätten sich die Darlehenszusagen für Baufinanzierungen im Juni auf bescheidenem Niveau erhöht. Auch im Firmenkundengeschäft sei es von April bis Juni kontinuierlich bergauf gegangen. Es mehrten sich die Anzeichen, sagte Reuß, dass die Talsohle inzwischen erreicht sei. Die Kreditbestände seien ungeachtet des Einbruchs im Neugeschäft stabil geblieben, da nicht nur die Darlehenszusagen zurückgingen, sondern auch Tilgungen und Sondertilgungen. So legte der Kreditbestand innerhalb des ersten Halbjahres um 0,6% auf insgesamt 93 Mrd. Euro zu. An Privatpersonen waren zur Jahresmitte Kredite im Umfang von knapp 39 Mrd. Euro vergeben (−0,3%), an Firmen von 48 Mrd. Euro ( 1,2%).
Kreditrisikovorsorge aufgestockt
Die Kreditrisikovorsorge hätten die Institute von 13 Mill. auf 180 Mill. Euro aufgestockt. „Wir nehmen das Thema ernst, auch wenn es bei den Kreditausfällen bei unseren Sparkassen weiterhin keine besonderen Auffälligkeiten gibt“, sagte Reuß.