Sparkassen sind auch in Krisenzeiten stark

Erste Erkenntnisse der baden-württembergischen Institute aus der Zeit der Corona-Pandemie

Sparkassen sind auch in Krisenzeiten stark

Die Folgen der Corona-Pandemie werden uns noch lange beschäftigen. Deutschland, und hier insbesondere Baden-Württemberg, sind in dieser Krise besonders exponiert, da sie mit ihrer exportorientierten Wirtschaft stärker als andere von internationalen Entwicklungen abhängig sind. Noch kann niemand verlässlich abschätzen, wie groß der Konjunktureinbruch am Ende sein wird und welche Folgen er nach sich ziehen wird. Dennoch kann man einige Erkenntnisse heute bereits festhalten: Der öffentlich-rechtliche Verbund funktioniert. Deutschland kann froh sein, dass es ihn gibt.Seit dem ersten Tag der Krise stehen die 51 Sparkassen in Baden-Württemberg ebenso wie unsere Verbundunternehmen, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die SV SparkassenVersicherung und die LBS Südwest, an der Seite ihrer Kunden. Wir sind bereit, die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, so gut es geht, abzufedern. Dafür konnten wir zum Glück in den vergangenen, wirtschaftlich guten Jahren Reserven aufbauen, die uns jetzt eine hohe Risikotragfähigkeit ermöglichen.So konnten wir die Kreditvergabe deutlich ausweiten. Gleichzeitig erfahren die Kunden in diesen Tagen, wie wertvoll eine Hausbank mit persönlichem Kontakt und einem flächendeckenden Filialangebot ist – gerade im Vergleich zu den sogenannten Direktbanken. Ihr vermeintlicher Kostenvorteil wird in der Krise zum Nachteil, wenn statt eines direkten Kontakts nur ein Callcenter irgendwo auf der Welt für anspruchsvolle Fragen und drängende Probleme zur Verfügung steht.Seit Anfang des Jahres 2020 stiegen die Kreditzusagen bei den baden-württembergischen Sparkassen für Unternehmenskunden gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,8 Mrd. Euro. Gemeinsam mit den Krediten an Privatkunden und weitere Darlehensnehmer wuchs der Kreditbestand der Sparkassen in Baden-Württemberg Ende August 2020 auf über 140 Mrd. Euro – ein Plus von rund sechs Mrd. Euro gegenüber dem Stand Ende August 2019. Seit Beginn der Krise liegen die monatlichen Kreditzusagen kontinuierlich rund 30 % über dem Jahresanfang.Gleichzeitig ermöglichten die Sparkassen bis Anfang Oktober rund 57 000 Privat- und Firmenkunden, ihre Kreditraten für mindestens drei Monate auszusetzen. Insgesamt stunden sie ihren Kundinnen und Kunden damit eine Summe von über 1,3 Mrd. Euro. Viele nutzen die Möglichkeit, bei den Ratenzahlungen bis zu neun Monate zu pausieren. In vielen Tausend Beratungsgesprächen haben die Sparkassen mit ihren Kunden Lösungen für finanzielle Engpässe gesucht und gefunden.Neben der Aussetzung von Ratenzahlungen handelt es sich dabei in erster Linie um neue Kredite, Überbrückungsgelder und natürlich die Zuschuss- und Förderkreditangebote aus den Programmen der staatlichen Förderbank KfW sowie der landeseigenen L-Bank und der Bürgschaftsbank. Bis Anfang Oktober haben die Sparkassen über die LBBW rund 4 700 Kreditanträge ihrer Kunden mit einem Volumen von 1,78 Mrd. Euro an die KfW weitergereicht. Darüber hinaus gingen rund 220 Kreditanträge mit einem Volumen von gut 65 Mill. Euro an die landeseigene L-Bank.Bei der Kreditvergabe agieren die Sparkassen mit Umsicht. Grundsätzlich gilt, dass neue Kredite, selbst wenn sie mit einer Haftungsfreistellung des Staates verbunden sind, zu Zins- und Tilgungsleistungen führen, die der Kreditnehmer tragen muss. Unseren Kunden ist nur dann mit einem Kredit geholfen, wenn er ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht überfordert. Wir prüfen die Kreditanträge so zügig wie möglich, aber auch mit der notwendigen Sorgfalt und tragen damit auch den Anforderungen der Aufsicht und der Förderbanken Rechnung. Leistungsfähig im VerbundBei den Förderkrediten zeigt sich besonders die Leistungsfähigkeit im Verbund. Das Know-how bündelt die LBBW für die Sparkassen in einer eigenen Abteilung. Allein zwischen März und Anfang Oktober wurden dort 10 000 coronabedingte Förderanträge mit einem Volumen von 4,5 Mrd. Euro bearbeitet.Sparkassen sind aktuell wie jedes andere Unternehmen von Wertpapier- und Kreditabschreibungen betroffen. Zugleich sind sie als Kreditgeber durch ihren öffentlichen Auftrag extrem gefordert. Die Kunden der Sparkassen werden durch die Soforthilfen und die Kreditprogramme des Bundes und der Länder zwar entlastet, auf die Sparkassen kommen dennoch große Herausforderungen zu: Trotz der Hilfsprogramme werden nicht alle Unternehmen gut durch die Krise kommen.Aus diesem Grund werden unsere Sparkassen in diesem Jahr ihre Risikovorsorge deutlich erhöhen. Vor gut zehn Jahren hatten wir auf dem Höhepunkt der Finanzkrise rund 600 Mill. Euro Vorsorge gebildet. Blickt man jetzt auf die betroffenen Branchen, so könnten diese Beträge je nach Krisenverlauf sogar noch übertroffen werden. Da gleichzeitig die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Ergebnisse unverändert belastet, rechnen wir damit, dass das Betriebsergebnis schrumpfen wird.Die Coronakrise ist auch ein Stresstest für die IT-Systeme und die Flexibilität der Beschäftigten. Wer hätte noch im Februar gedacht, dass sich Tausende Arbeitsplätze innerhalb weniger Tage ins Homeoffice verlagern lassen, ohne dass Kundenberatung und Abstimmung untereinander Schaden nehmen? Engagement gezeigtSeit den ersten Tagen der Krise sorgen die rund 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg dafür, dass wichtige Kernelemente des Finanzwesens – zum Beispiel die Bargeld-Versorgung, der Zahlungsverkehr und das Wertpapiergeschäft – weiter vollumfänglich zur Verfügung stehen. Den Beraterinnen und Beratern bin ich sehr dankbar, dass sie trotz eigener Einschränkungen durch Kontaktverbot, Homeoffice und Schul- beziehungsweise Kitaschließungen so engagiert arbeiten.Die Krise hat auch gezeigt, dass die Sparkassen-Finanzgruppe mit einem Dachverband und den Regionalverbänden sehr gut aufgestellt ist. Während der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in der Bundespolitik und auf europäischer Ebene aktiv war, konnten die Regionalverbände vor Ort die 16 Landesregierungen kompetent und schnell beraten.Auch die Sparkassen haben in der Krise einmal mehr erfahren, wie wichtig vertraute und kompetente Ansprechpartnerinnen und -partner im Regionalverband sind. Passgenau hat zum Beispiel unsere Sparkassenakademie seit Beginn der Krise 500 Webinare mit über 5 000 Teilnehmern zu vielen Themen im Zusammenhang mit der Coronakrise angeboten. Regelungen anpassenEs ist erfreulich, dass die Aufsicht auf die Krise mit Erleichterungen bei Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen reagiert hat. Der Sparkassenverband Baden-Württemberg hat bereits Mitte März konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung staatlicher Förderprogramme und für Erleichterungen im Aufsichtsrecht vorgestellt. Wir haben unsere Sichtweise in die politische Diskussion eingebracht und sind dankbar, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg viele Punkte aufgegriffen hat.Allerdings brauchen wir eine Generaldebatte, welche Art von Regulierung und Aufsicht in Zukunft sinnvoll ist. Eine Aufsicht, die viele Vorschriften in den ersten Tagen einer schweren Krise gleich wieder über Bord wirft, muss sicher verändert werden. Es stimmt mich hoffnungsvoll, dass die EU-Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und dem Rat in vergleichsweise kurzer Zeit die EU-Bankenverordnung an einigen Punkten korrigiert hat. Die Regelungen müssen jedoch so angepasst werden, dass die Fähigkeit der Institute, Kredite zu vergeben, gerade jetzt keinesfalls eingeschränkt wird. Stabilität erhaltenEs stimmt, dass die Sparkassen und Banken deutlich stabiler in diese Krise gegangen sind, als es 2007 der Fall war. Insbesondere die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung ist viel besser. Jetzt gilt es, diese Stabilität zu erhalten. Wir setzen darauf, dass die Aufsicht ihren Teil dazu beitragen wird. Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg