Sparkassen warnen vor Immobilienkehrtwende
Bloomberg München – Das Kreditgeschäft der 61 bayerischen Sparkassen driftet auseinander. Während die Neufinanzierung von Wohnimmobilien regelrecht abgestürzt ist, zeigen sich Darlehen an Unternehmen stabiler. Unterm Strich rechnet Verbandspräsident Ulrich Reuter für seine Institute mit einem leichten Anstieg des operativen Gewinns in diesem Jahr.
„Der Markt für private Immobilienfinanzierungen hat sich heftig verändert“, sagte Reuter im Interview mit Bloomberg. „Das Volumen der Neufinanzierungen ist aktuell fast um die Hälfte gegenüber dem Vorjahresmonat eingebrochen. Wo keine Käufer sind, werden auch keine Finanzierungen gebraucht.“
Hatten die bayerischen Sparkassen im Oktober 2021 noch 1,07 Mrd. Euro an privaten Wohnimmobilienkrediten zugesagt, so waren es im Oktober dieses Jahres nur noch 563 Mill. Euro. Der Hauptgrund für den Rückgang dürften laut Reuter die massiv verschlechterten Finanzierungsbedingungen sein. Die Kosten für Hypothekenkredite waren zuletzt infolge von Zinserhöhungen sprunghaft nach oben geschnellt. Reuter sprach von einer Vervierfachung gegenüber dem Jahresanfang. Bei Neubauten kämen auch noch höhere Baukosten hinzu.
Sorgen um fehlende Erlöse im für die meisten Sparkassen wichtigen privaten Immobiliengeschäft macht Reuter sich nicht. „Der Bestand wächst sogar noch, weil bereits zuvor zugesagte Finanzierungen erst jetzt abgerufen werden. Und das zwar geringere Neugeschäft ist jetzt eben auch mit höheren Margen verbunden“, sagte er. Noch keinen breiten Einbruch hat Reuter bei den Immobilienpreisen in seiner Region beobachtet. „Es gibt jetzt aber vielleicht nicht mehr zehn Interessenten für eine Immobilie, sondern nur noch vier. Ein Verkauf dauert mitunter länger als früher“, sagte der bayerische Verbandspräsident.
Von einem Absturz weit entfernt ist auch das Kreditneugeschäft mit Unternehmen. In diesem Segment sei die Nachfrage weiter vorhanden, erklärte Reuter. Das liege zum einen an Anpassungen bei den Lieferketten und der Energienutzung, zeige aber zugleich auch, dass die Unternehmen „ein Stück weit optimistisch in die Zukunft blicken“.
Auf der Hut
Das Neugeschäft mit Unternehmen werde seitens der Sparkassen nicht zurückgefahren, aber Kreditanträge würden aufgrund des aktuellen Umfelds und der zu erwartenden Rezession sorgfältig geprüft, sagte Reuter. Anzeichen für Kreditausfälle gebe es momentan noch nicht, wobei sich die Sparkassen sehr wohl auf künftige Ausfälle einstellen würden. Betroffenheit sieht Reuter vor allem bei energieintensiven Unternehmen.
„Die Risikovorsorge der bayerischen Sparkassen wird in diesem Jahr sicherlich höher ausfallen als im vergangenen Jahr. Denn staatliche Maßnahmen können nicht alle Probleme lösen“, so Reuter. Das Betriebsergebnis vor Bewertungen sieht er leicht über dem Vorjahreswert.
Ein ganz anderes Bild ergibt sich bei dem Ergebnis nach Bewertungen. Die Wertberichtigungen auf Eigenanlagen, etwa Anleihen, dürften sich laut Reuter auf einen „hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag“ in diesem Jahr belaufen.