Sparkassen warnen vor Kreditklemme
Sparkassen befürchten Kreditklemme
Institute in Bayern warnen vor Auswirkung steigender Kapitalanforderungen der Bankaufsicht – Zinsüberschuss stabilisiert
Die Sparkassen in Bayern sehen sich mit höheren Kapitalanforderungen konfrontiert. Ihr Verband fürchtet perspektivisch Folgen auch für die Kreditvergabe. Aktuell allerdings rufen Unternehmen vergleichsweise wenig Darlehen ab. Im vergangenen Jahr gelang den Instituten fast eine Stabilisierung ihres Zinsüberschusses.
Von Michael Flämig, München
Die erhöhten bankaufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen an die Sparkassen könnten perspektivisch zu einer Kreditklemme führen. „Das macht uns schon Sorgen“, sagte Matthias Dießl, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, in der Jahrespressekonferenz in München. Er sehe zwar im Moment keine Klemme, weil die 56 Sparkassen in Bayern gute Kernkapitalquoten hätten. Im Schnitt sei die Quote im vergangenen Jahr von 15,5 auf 16,7% gestiegen: „Aber wenn es so weitergeht, und wenn wir kein Kapital aufbauen könnten, dann könnte es dazu kommen.“
50 Mrd. Euro weniger Darlehen
Dießl sieht die Sparkassen infolge von zwei Faktoren zur erhöhten Kapitalbereitstellung gezwungen. Zum einen erfordere der Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) gemeinsam mit den aufsichtlichen Stresstests die Bildung individueller Kapitalpuffer. 90% der bayerischen Sparkassen erwarteten hier höhere Zuschläge, das bedeute einen Anstieg um 1,3 Mrd. Euro. Hinzu komme, dass die Kapitalanforderungen in den Regelwerken Basel III/CRR III seit Jahresbeginn erhöht worden seien. Insgesamt würden Eigenmittel in Höhe von 3 Mrd. Euro gebunden, betonte der Verband.
Der diagnostiziert einschneidende Folgen. „Das heißt, dass wir 50 Mrd. Euro weniger Kredite ausgeben können“, sagte Dießl. Dies sei auch vor dem Hintergrund relevant, dass die Sparkassen eine Transformationsfinanzierung für Kommunen und Stadtwerke zu leisten hätten.
Kreditneugeschäft stagniert
Im vergangenen Jahr allerdings riefen die Unternehmen weniger Darlehen ab, als die Sparkassen bereitgestellt hätten. „Das Neugeschäft stagnierte“, sagte Stefan Proßer, Vizepräsident des Sparkassenverbands. Die Darlehenszusagen an Firmen betrugen unverändert 14 Mrd. Euro, in den Jahren 2020 bis 2022 waren es jeweils rund 18 Mrd. Euro gewesen. „Wir spüren, dass die Verunsicherung Raum greift“, sagte Proßer. In der Folge stieg der Kredit-Bestand im vergangenen Jahr nur noch um 1,1% auf 93,3 Mrd. Euro. Insgesamt haben die Institute 32 Mrd. Euro mehr an Einlagen in ihren Büchern, als dass sie Darlehen an Unternehmen und Privatpersonen ausgegeben haben.
Dießl begründete seine Forderung, dass Sparkassen mehr Eigenkapital aufbauen müssten, zusätzlich mit dem unsicheren Marktumfeld. Voraussichtlich würden die Zinsergebnisse sinken und Kreditausfälle infolge der Rezession zunehmen, argumentierte der Verband. Dass die Kommunen als Sparkassen-Eigentümer auf die Idee kommen könnten, sich Ausschüttungen zu spendieren oder diese zu erhöhen, räumte Dießl ein: „Das wird natürlich auch zu Diskussionen führen.“
Mehr Risikovorsorge im Jahr 2025
Im laufenden Jahr rechnet Dießl mit einem moderaten Rückgang des Zinsüberschusses aufgrund sinkender Zinsen und einer schwachen Kreditnachfrage. Außerdem erwartet der Verband eine abermals wachsende Risikovorsorge. Die Insolvenzrate der Sparkassenkunden sei etwa 1,5-mal höher als noch im Jahr 2015, hieß es. Proßer sieht jedoch keine breite Welle an Problemen. Der Prozentsatz der notleidenden Kredite der bayerischen Sparkassen liege aktuell auf dem langjährigen Durchschnitt von weniger als 2%, alle Sparkassen befänden sich im grünen Bereich.
Mit dem vergangenen Jahr zeigte sich Dießl zufrieden. „2024 war ein Jahr der weiteren Normalisierung“, sagte er. Nachdem der Zinsüberschuss im Jahr 2023 sehr stark gestiegen war, ging er nun um nur 1,8% auf 4,5 Mrd. Euro zurück. Es seien 600 Mill. Euro aus derivativen Finanzinstrumenten enthalten, die die Sparkassen zur Zinsabsicherung abgeschlossen hätten. Dieser Effekt laufe in den nächsten Jahren aus.
Erstmals seit 2010 mehr Beschäftigte
Dießl wies darauf hin, dass der Zinsüberschuss das Niveau vor den Krisenjahren nicht mehr erreiche. Mit 1,76% der durchschnittlichen Bilanzsumme liegt er zwar über dem Tiefstand von 1,27% im Jahr 2021, jedoch unter den mehr als 2% in den Jahren vor 2015. Die Relation von Kosten zu Einnahmen sei mit 53,1% zwar um 1,9 Prozentpunkte schlechter als im Vorjahr, aber sehr gut, sagte Dießl.
Der Provisionsüberschuss stieg im vergangenen Jahr zwar um 6,5%, jedoch egalisierte der umfangreichere Verwaltungsaufwand diesen Erfolg mit einem Anstieg um 4,1%. Der Verband begründete die erhöhten Ausgaben mit Tariferhöhungen und der Inflation. Zudem stieg erstmals seit 2010 die Zahl der Beschäftigten. In der Folge sank das Betriebsergebnis vor Bewertung um 3,2% auf 3,0 Mrd. Euro. Das Bewertungsergebnis stehe noch nicht fest, sagte Dießl. Es sei jedoch ähnlich hoch wie im Vorjahr. Die Einzelwertberichtigungen befänden sich auf einem ähnlichen Niveau wie im Jahr 2023.