Sparkassen wollen nicht länger Schlossherr sein

Rheinland-pfälzischer Verband zieht aus dem Wald in die Mainzer Innenstadt um

Sparkassen wollen nicht länger Schlossherr sein

ski Budenheim – Die Adresse lautet “Im Wald 1”. Wo sich Fuchs und Hase “Gute Nacht” sagen, mitten im Naturschutzgebiet Lennebergwald vor den Toren von Mainz, liegt Schloss Waldthausen. Ein unter Denkmalschutz stehendes Konferenzzentrum samt Hotel, Weinstube, Kegelbahn und Sauna. Und der wohl idyllischste Sitz eines Banken- oder Sparkassenverbandes in der ganzen Republik. Hier residieren der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz (SVRP) und seine Sparkassenakademie. Wikipedia beschreibt das 1910 fertiggestellte markante Gebäude als “auffallend prunkvoll” und erklärt die Ausführung mit dem Geltungsdrang des Bauherrn Martin Wilhelm von Waldthausen, des Rittmeisters eines in Mainz stationierten Husarenregiments, gegenüber Kaiser Wilhelm II.Nach einer bewegten Geschichte mit etlichen Eigentümer- und Nutzungswechseln – Nationalsozialistische Volkswohlfahrt, Residenz des Militärgouverneurs für die französische Besatzungszone in Deutschland, Bundesluftschutzschule, Übungen der ABC-Abwehrtruppen et cetera – kaufte 1978 die Stadt Mainz die Schlossvilla und das dazugehörige riesige Gelände. 1982 erwarb dann der SVRP ein Erbbaurecht an Schloss Waldthausen. Nach einer Kernsanierung nahm 1988 die regionale Sparkassenakademie ihren Betrieb auf, 2002 wurde der Neubau des Verwaltungsgebäudes des Verbandes bezogen, in dem die Geschäfts- und die Prüfungsstelle ihren Sitz haben.Nun will der SVRP nicht länger Schlossherr sein, wie Verbandspräsidentin Beate Läsch-Weber und der Geschäftsführende Direktor Roman Frank vor der Presse berichteten. Man wolle sich vielmehr voll auf das Kerngeschäft konzentrieren, das da-rin besteht, mit Geschäfts- und Prüfungsstelle sowie Akademie Dienstleister der 23 rheinland-pfälzischen Sparkassen zu sein. Das Bewirtschaften einer weitläufigen, aufwendig zu unterhaltenden Prachtimmobilie, die wegen des Wandels der Bildungsarbeit (Trend zu digitalen Formaten) immer weniger durch Präsenzveranstaltungen ausgelastet ist, also zunehmend extern vermarktet werden muss, gehört nicht dazu. Bisher habe man das kostendeckend leisten können, doch für die Zukunft bestehe ein beträchtliches Betreiberrisiko. “Ordentliche Ergebnisse”Da traf es sich gut, dass die Landesbausparkasse (LBS) Südwest in ihrem Gebäude in der Mainzer Innenstadt über freie Raumkapazitäten verfügt. Dort wird der Verband, der 170 Leute beschäftigt, im Januar 2020 einziehen und dadurch Kosten in nicht bezifferter Höhe sparen. Betriebsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen, nötig seien aber Umqualifizierungen. Hinsichtlich einer soliden und nachhaltigen Nachnutzung der Schlossanlage stimme man sich mit der Stadt Mainz als Erbbaurechtgeberin und der Gemeinde Budenheim, zu der der Standort gehört, ab. Mit Interessenten würden aktuell sehr zielführende Gespräche geführt, so Läsch-Weber.Die Tätigkeit der Akademie bleibe indes – an die Anforderungen moderner Bildungsarbeit angepasst – erhalten. Eine Verbändefusion ist für die Rheinland-Pfälzer kein Thema. Für die Leistungen des SVRP bestehe seitens der Sparkassen offenbar Bedarf, und die Nähe zu den Instituten sei eine Stärke des Verbandes.Was die Geschäfts- und Ertragssituation angeht, blickt die regionale Gruppe auf ein Jahr mit “ordentlichen Ergebnissen” zurück, wobei sich die Kennzahlen in etwa entsprechend dem Bundestrend entwickelten (vgl. Tabelle). Die EZB-Zinspolitik fresse sich immer tiefer in die Bilanzen der Sparkassen hinein. Es werde auf Dauer nicht mehr möglich sein, den Rückgang des Zinsüberschusses über andere Ertragsquellen und Kostensenkungen zu kompensieren. Die endgültigen Zahlen für 2017 weichen teils von den vor Jahresfrist veröffentlichten vorläufigen Angaben ab. So fiel der Steueraufwand damals letztlich rund 5 Mill. Euro höher und der Jahresüberschuss entsprechend niedriger aus.2019 dürften sich die Herausforderungen für die Sparkassen auch mit Blick auf die konjunkturelle Abkühlung noch verschärfen, meinte Läsch-Weber. Sie hält eine stärkere Zusammenarbeit und Arbeitsteilung in der öffentlich-rechtlichen Finanzgruppe für geboten. Das Zielbild einer Sparkassenzentralbank in Sparkassenhand begrüßt sie. Der Weg dorthin sei komplex und weit.