CLEARING

Spiel mit dem Feuer

Die Rhetorik wird schärfer. Während bei den festgefahrenen Brexit-Verhandlungen zuletzt wenigstens die Stimmung unter den Verhandlungsteilnehmern besser geworden sein soll, öffnet sich im Zusammenhang mit dem Euro-Clearing gerade die Büchse der...

Spiel mit dem Feuer

Die Rhetorik wird schärfer. Während bei den festgefahrenen Brexit-Verhandlungen zuletzt wenigstens die Stimmung unter den Verhandlungsteilnehmern besser geworden sein soll, öffnet sich im Zusammenhang mit dem Euro-Clearing gerade die Büchse der Pandora. Der Chairman der US-Derivateaufsicht CFTC, J. Christopher Giancarlo, hat Vergeltungsmaßnahmen angedroht, sollte die Europäische Union der europäischen Marktaufsicht ESMA weitreichende Kompetenzen in der Beaufsichtigung von ausländischen, als systemrelevant eingestuften Clearinghäusern geben. Und auch die Europäische Zentralbank (EZB) soll ja eine stärkere Mitsprache erhalten.Die CFTC lehnt dieses Ansinnen als “verantwortungslos” ab. Die ESMA könnte dann sozusagen ohne Bindung (Deference) an lokale Aufseher, also etwa die CFTC, entscheiden, ob ein Clearinghaus außerhalb der EU “anerkannt” wird oder nicht. Dieses Aufsichtsmodell passt der US-Terminbörse CME nicht. Anders als die Amerikaner hat die EU hier nämlich gleich den gesamten Markt im Blick und nicht nur Clearinghäuser und Marktteilnehmer. Die CFTC befürchtet jetzt, zum “Kollateralschaden” des Brexit zu werden. Denn die ESMA soll vor allem im Zusammenhang mit dem Clearing von Euro-Zinskontrakten – das derzeit überwiegend über London läuft – mehr Macht erhalten. Doch würde dies eben gleichzeitig für alle Drittländer und damit auch die USA gelten.Die Drohungen von Giancarlo sind ernst zu nehmen. EU-Banken könnten demzufolge dann im Geschäft mit US-Kunden nicht mehr US-Terminbörsen wie die CME nutzen, wo sich Dollar- und US-Treasuries-Positionen absichern lassen. Denkbar ist wohl auch, dass US-Marktakteure dann nicht mehr an EU-Terminbörsen wie der zur Deutschen Börse gehörenden Eurex handeln dürften. Der CFTC-Chef macht klar, dass er mit dem Feuer spielt: Ein US-Bann gegen EU-Marktteilnehmer wäre “zerstörerisch” und unerwünscht, sagt er. Nötig erscheint er nicht. Denn die US-Derivateaufsicht hat den Europäern – fast unbemerkt – die Hand ausgestreckt. Sie räumte kürzlich ein, gegenüber Drittländern selbst “zu weit” gegangen zu sein. Ein neuer risikobasierter Ansatz in der grenzüberschreitenden Regulierung und unter Respektierung lokaler Aufseher sei angezeigt. In Frankfurt wird das wohlwollend registriert. Und bei aller scheinbaren Kompromisslosigkeit der EU: Welche rechtliche Grundlage hätte die ESMA außerhalb der EU, wenn es dort hart auf hart ginge? Dies sollte neben Brüssel auch Berlin realisieren und im eigenen Interesse vermittelnd eingreifen.